Wie ging der Deutsche Alpenverein in der NS-Zeit mit seinen jüdischen Mitgliedern um? Die Freiburger Sektion eröffnet eine Ausstellung über Schicksale von Vereinsmitgliedern.
Die Freiburger Sektion des Deutschen Alpenvereins hatte Fragen. Fragen in Bezug auf die Nazi-Vergangenheit des Vereins. Sie wollten mehr über die Schicksale von jüdischen Mitgliedern wissen. Wie Vereinsfunktionäre sich damals verhalten haben. Am Mittwochabend wird im Freiburger Sektionshaus nun eine Ausstellung eröffnet, die Antworten geben will.
Andrea Bräuning, Kulturbeauftragte der Freiburger Alpenvereins-Sektion, über die Aktualität der Aufarbeitung:
Zwei von fünf Schicksalen jüdischer Vereinsmitglieder
Die Ausstellung "Ausgegrenzt und verfolgt" soll den Verfolgten ein Gesicht und eine Geschichte geben. Zwei davon sind die Geschwister Else und Robert Liefmann. Er war ein angesehener Wissenschaftler und ein begeisterter Alpinist, weshalb er sich dem Alpenverein angeschlossen hatte. Sie war Ärztin. Im Juli 1929 noch ehrte der Freiburger Alpenverein die Geschwister mit dem Silbernen Edelweiß für 25 Jahre Mitgliedschaft. Vier Jahre später sollte sich alles ändern. Zuvor noch angesehene Vereinsmitglieder, wurden die Liefmanns plötzlich ausgegrenzt.
Am 22. Oktober 1940 Verhaftet und abtransportiert: Freiburg gedenkt deportierter Mitbürger nach Gurs
Mit einer Gedenkfeier ist am Dienstag an die Deportation Freiburger Jüdinnen und Juden in das Lager im südfranzösischen Gurs erinnert worden. Die groß angelegte Verhaftung fand vor 84 Jahren statt.
1933 übernahm die NSDAP die Macht. Der Verein schloss in der Folgezeit all seine jüdischen Mitglieder aus - darunter auch Robert Liefmann. Als Kriegsveteran wurde er noch bis 1938 geduldet. Am 22.10.1940 deportierten ihn dann aber Nazis zusammen mit seiner Schwester Else und hunderten Jüdinnen und Juden aus Freiburg ins französische Internierungslager Gurs. Er starb etwa fünf Monate später im südfranzösischen Morlaás. Seine Schwester Else überlebte. Sie konnte nach etwa vier Monaten das Lager verlassen, wurde ebenfalls nach Morlaás verlegt. 1942 gelang ihr die Flucht in die Schweiz. Von Zürich aus kämpfte Else Liefmann teilweise gerichtlich für eine "Wiedergutmachung".
Die Ausstellung zeigt insgesamt fünf Schicksale von jüdischen Mitgliedern des Freiburger Alpenvereins. Insgesamt gehörten nach bisherigem Kenntnisstand sieben Jüdinnen und Juden der Freiburger Sektion an.
Juden wurden in Vereinen ausgeschlossen
Viele Sportvereine erhielten in dieser Zeit nationalsozialistische Vorsitzende - so auch in Freiburg. Oftmals stammten diese aus den eigenen Reihen. Verhielten sich Vorsitzende nicht nach den politischen Vorgaben der Nazis, wurden sie aus dem Amt verdrängt. Außerdem gab es für Vereine den "Arierparagraphen". Nach diesem waren "nicht-arische" Menschen jüdischer Herkunft von der Mitgliedschaft ausgeschlossen.
Im Alpenverein wurde am 29.04.1933 abgestimmt, ob der Paragraph eingeführt werden soll. Richard Schaudig, der Freiburger Sektionsvorsitzende, hatte angekündigt, er trete zurück, sollte die Mitgliederversammlung die Einführung des Paragraphen ablehnen. Von 42 Stimmberechtigten waren 34 dafür, die restlichen 8 Mitglieder enthielten sich.
Freiburger Alpenverein stimmte für "Arierparagraphen"
Freiburg war damit eine der ersten Sektionen des Alpenvereins. In anderen wurde der Paragraph erst ein bis drei Jahre später eingeführt. Es zog sich aber Jahre, bis alle jüdischen Vereinsmitglieder aus der Freiburger Sektion ausgeschlossen wurden. Die letzten beiden waren Else und Robert Liefmann im Mai 1938. Keiner der anderen Vereinsmitglieder half ihnen öffentlich.
In einigen Sektionen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins gab es schon vor 1933 starke antisemitische Tendenzen, wie aus der Ausstellung hervorgeht. In Freiburg gebe es keine Belege von offenem Antisemitismus vor dieser Zeit.
Infos zur Ausstellung des Alpenvereins
Die Ausstellung im Freiburger Sektionshaus kann bis Mai 2025 besichtigt werden. Sie hat täglich von 12 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.
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