Gisela Mahler aus Bonndorf strickt jährlich rund 700 Mützen für Musik- und Fasnet-Vereine im Schwarzwald. Doch bald wird sie ihren Laden nach vier Jahrzehnten dichtmachen.
Unter dem Schaufenster von Gisela Mahlers Strick-Boutique in Bonndorf (Kreis Waldshut) steht eine große Kiste. Sie ist voll bis obenhin mit bunten Mützen: gelb-rot gestreift, lila mit pinken Punkten, kurz und lang, mit und ohne Bommel. Alle hat die 78-Jährige handgemacht. Noch heute sind es um die 40 Narrenvereine im Schwarzwald, von denen sie laufend Bestellungen bekommt. Nebenher verkauft sie noch Strick- und Secondhand-Waren in ihrem Laden. Doch bald wird sie ihr Geschäft schließen. Müssen sich die Vereine also eine neue Strick-Gisela suchen?
Gisela Mahlers Laden hat jahrzehntelange Geschichte
Es war keine leichte Entscheidung für Gisela Mahler. Seit 42 Jahren betreibt sie den Laden in Bonndorf. Im September dieses Jahres soll nun endgültig Schluss sein. "Ich bin jetzt 78 Jahre alt. Ich hätte schon zweimal in Rente gehen können", erzählt Gisela Mahler in ihrer Mittagspause auf ihrem Balkon hinter dem Haus. Die begeisterte Strickerin arbeitet nicht nur hier, sie wohnt auch direkt hinter dem Laden. Anfangs war der Laden gar keine Strick-Boutique.
Als junge Frau ging Gisela Mahler zweimal in die Lehre: einmal in Konstanz als Bäckereifachverkäuferin, anschließend in ihrer Heimat Dillendorf (Kreis Waldshut) als Hotelfachangestellte. Dort kaufte ihr Vater eine Gastwirtschaft für sie. Ihr damaliger Mann hatte jedoch wenig Lust, als Wirt zu arbeiten. Aus dem Plan wurde also nichts. Schließlich eröffnete Gisela Mahler ihren Laden in Bonndorf. Zunächst arbeitete sie dort für Versandhändler, dann betrieb sie eine Videothek. Als das Kabelfernsehen kam, musste sie sich jedoch wieder etwas Neues überlegen.
Aus Videokassetten wurden Strickmützen für Narrenvereine
"Aufgeben" war für Gisela Mahler "keine Option", sagt sie. Außerdem wollte die vierfache Mutter selbstständig bleiben. Schon als Kind hatte sie von ihrer Mutter nähen, häkeln und stricken gelernt. Ihr Sohn brachte sie dann auf die Idee. Er war bei der Guggenmusik und in seinem Verein fehlten noch die passenden Kopfbedeckungen zum Kostüm. Da war Gisela direkt zur Stelle und strickte los.
Ihr Talent sprach sich schnell herum und sie konnte sich vor den Aufträgen kaum noch retten. Sogar Fußball-Fanclubs vom SC Freiburg und dem FC Bayern München fragten bei ihr nach handgemachten Fanartikeln. Ihre besten Kunden waren aber die Narrenvereine. "Nach jedem Narrentreffen kam eine Gruppe mehr dazu - und meistens auch zwei", sagt sie.
In ihren Hochzeiten strickte Gisela Mahler für 72 Vereine gleichzeitig. Inzwischen sind es ein paar weniger. Aktuell sind es etwa 40 Stück. Um bei den ganzen Aufträgen überhaupt noch hinterherzukommen, kaufte sie sich Strickmaschinen. Die sind seither ständig im Einsatz. Aber auch von Hand strickt und häkelt sie, was das Knäuel hält.
Ein lachendes und ein weinendes Auge
Auch wenn die langjährige Besitzerin der Strick-Boutique viele tolle Erinnerungen mit ihrem Geschäft verbindet - irgendwann geht es nicht mehr. Mit 78 Jahren würden einfach die Kräfte nachlassen, sagt sie. Klar sei aber, dass ihr der Laden fehlen werde: "Das war mein Baby", sagt Gisela Mahler und hält kurz inne. Es gibt für sie jedoch auch positive Seiten an der Schließung, "dass ich nicht immer aufstehen muss, dass ich nicht immer auf die Uhr gucken muss." Die Bonndorfer Strick-Boutique hat schließlich an sechs Tagen in der Woche geöffnet.
Und noch einen Vorteil bringt die Schließung mit sich: Gisela Mahler hat dann endlich auch wieder mehr Zeit für andere Dinge, zum Beispiel um einen gemütlichen Kaffee mit ihren Freundinnen zu trinken. "Die sagen immer, du hast ja nie Zeit. Komm doch mal mit! Sie gehen ja unter der Woche, da war ich halt immer im Laden", erklärt Gisela Mahler. Deshalb freue sie sich auf die Zeit nach September.
Müssen sich die Schwarzwälder Narrenvereine Sorgen machen?
Doch nun bleibt noch die Frage, was nach der Laden-Schließung aus den Narrenvereinen wird. Die Strick-Meisterin hatte zwar schon vor einem Jahr angekündigt, dass sie aufhören wolle. Eine Nachfolgerin suchte sie allerdings vergeblich. Keiner habe sich gemeldet, bis heute. Also wird aus der Strick-Boutique ein Arbeitszimmer und Gisela Mahler wird erst einmal weiter stricken: "Ich habe es den Vereinen ja versprochen", sagt sie mit einem leichten Seufzen. Die können also erst einmal aufatmen.
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