Der Wolf löst zugleich Freude und Entsetzen aus. Wenn Empfindungen weit auseinander gehen, ist es gut zu sprechen. Das haben Experten und Betroffene im SWR Studio Freiburg getan.
Das SWR-Studio in Freiburg hat am Mittwochabend zu einer Podiumsdiskussion geladen. Das Thema: "Wolf: Schießen oder schützen". SWR-Reporter Henning Winter sprach darüber mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Landwirtschaft, Wissenschaft und Naturschutz. Auf dem Podium saßen Landwirt Markus Kaiser aus Bernau, BLHV-Präsident Bernhard Bolkart, Vera Schiltenhof vom Landesnaturschutzverband, Sarah Schweizer von der CDU-Landtagsfraktion, Markus Rösler von der Grünen-Landtagsfraktion sowie der Wildtierexperte Micha Herdtfelder von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Freiburg.
10 Millionen Euro für Herdenschutz
Nach zwei Stunden intensiver Diskussion meldet sich ein Landwirt aus dem Publikum zu Wort. Er möchte wissen, was diese ganze Herdenschutzzäune den Steuerzahler bislang gekostet haben. "Das muss man öffentlich machen," ist sein eindringlicher Appell und es suggeriert, dass "die da oben" das lieber geheim halten wollen. Auf dem Podium sitzt auch die CDU-Landtagsabgeordnete Sarah Schweizer und hat in Null komma nix die Zahlen parat. "In den letzten vier Jahren hat das Land Baden-Württemberg zehn Millionen Euro für Herdenschutz ausgeben." Das könne man jetzt viel oder wenig finden, in jedem Fall stehe die Zahl im Raum und jeder habe die Möglichkeit, sich dazu zu positionieren.
Viel Frust bei der Landwirtschaft
Bei fast allen Wortmeldungen von Landwirten wird deutlich, dass sie das Gefühl haben, sie müssen die Suppe auslöffeln, die ihnen von der Politik und der Wissenschaft "eingebrockt" wird. "Seit zwei Jahren machen wir alles, was uns die Scheißwolfberatung aufdrückt", schimpft eine Landwirtin, die Ziegen hält. Sie schildert eindrücklich, was alles schief geht, wenn sie den wolfsabweisenden Zaun aufstellt. Den muss sie aber haben, weil sie sonst nicht entschädigt wird, falls es in ihrer Herde Risse gibt. Auf dem Podium berichtet Landwirt Markus Kaiser, dem bereits Rinder gerissen wurden, davon, dass es 700.000 Euro kosten würde, seine Herden richtig einzuzäunen. Die maximale Förderung pro Betrieb sei aber bei 30.000 Euro gedeckelt.
Die Wissenschaft übt Neutralität
Wie genau der Wolf in Baden-Württemberg gemanagt wird, das plant die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Freiburg. Die ist immer bemüht in der kontroversen Debatte neutral zu bleiben. Wolfsexperte Micha Herdtfelder gelingt das, indem er mit beeindruckender Ruhe die wissenschaftlichen Fakten oder das aktuelle Regelwerk erläutert. Das wird die skeptischen Landwirte nicht wirklich überzeugen, führt aber dazu, dass alle Seiten bei diesem schwierigen Thema auf zivilisierte Weise im Austausch bleiben.
Alle bewegen sich - ein bisschen
Wie das geht, führt das Podium geradezu vorbildlich vor, auch wenn man von Einigkeit weit entfernt ist. Alle bewegen sich ein bisschen aufeinander zu. Der Präsident vom Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband Bernhard Bolkart, wünscht sich eigentlich im Schwarzwald wolfsfreie Zonen, weiß aber dass das rechtlich nicht möglich ist. Der Landwirt Markus Kaiser ist skeptisch, was die Koexistenz mit dem Wolf angeht, macht aber trotzdem beim Pilotprojekt mit. Die Forschungsanstalt senkt die Anforderungen beim Herdenschutz so, dass sie wirklich zumutbar werden, und der Grüne und die CDU-Politikerin diskutieren auf respektvolle Art darüber, wie groß die Wolfspopulation werden sollte, bis sie bejagt werden darf. Ob und wie die Koexistenz von Wolf und Mensch im Schwarzwald gelingt, bleibt eine offene Frage. Für die Diskussionskultur - und die hat es ja heutzutage auch nicht so leicht - kann der Wolf vielleicht sogar ein guter Katalysator sein.
Veranstaltung im SWR Studio Freiburg am 5. Juli Podiumsdiskussion zum Streitthema Wolf: Schützen oder schießen?
Die Rückkehr des Wolfs erregt die Gemüter. Die einen wollen ihn schützen, die anderen schießen. Mehr Infos gibt es am Mittwochabend bei einer Podiumsdiskussion im SWR-Studio Freiburg.