Tote Ratten auf dem Spielplatz, offene Mülltonnen und ein Rattenbau vor der Haustür: Anwohner in Freiburg sind verärgert. Warum sich die Tiere so rasant vermehren und die Probleme nicht kleiner werden.
Kot, Löcher, aufgerissene Müllsäcke - mitten im Wohngebiet in Freiburg-Weingarten. "Die Ratten sind wahnsinnig! Die sind hier überall. Beim Nachbarn, hinten rum, vorne rum, an der Haustüre - überall", beklagt sich Aydogan Ay, der in der Nähe eines großen Rattenbaus am Auggener Weg wohnt. Andere Anwohner und Anwohnerinnen bestätigen dies. "Das ist eine Katastrophe", ruft einer von seinem Balkon runter. Eine Mutter schiebt ihren Kinderwagen am Spielplatz vorbei, sieht eine tote Ratte und sagt: "gar nicht gut für die Kinder". Eine Sozialarbeiterin, die eine Familie im Hochhaus besucht, berichtet: "Auch hier liegen Ratten auf der Straße, totgefahren von Autos." Es stelle sich immer die Frage, wer für die Bekämpfung und Entsorgung zuständig ist.
Fraktion "Eine Stadt für alle" kennt das Problem
Einige Anwohnerinnen und Anwohner beschweren sich, dass seit Jahren nichts getan werde. Die Mülltonnen seien nicht verschließbar und der Müllraum völlig offen. Das Problem: Müll, der falsch entsorgt wird. Essensreste liegen auf dem Boden rum statt im Container. Gregor Mohlberg von der Gemeinderats-Fraktion "Eine Stadt für alle" beobachtet das Thema schon seit Längerem. In schönen Wohngegenden wäre das Problem schon längst behoben, sagt er. "Da, wo die ärmeren Menschen leben, macht man seit Jahren nichts", sagt er. Eine Anfrage an die Stadt sei raus, so der Lokalpolitiker.
Schädlingsbekämpfer: Mehr als 250.000 Ratten in Freiburg
Hunderttausende Ratten leben offenbar in Freiburg, schätzt der Geschäftsführer der Schädlingsbekämpfungsfirma Biotec, Dietmar Fritschmann. Sorgen um seinen Job müsse er sich keine machen, Arbeit gebe es in Freiburg genug. "Täglich kommen Aufträge rein. Es wird immer mehr in den letzten Jahren", sagt er. Es gebe Fälle, in denen die Ratten über die Toilette in Wohnungen gelangen. "Gelbe Säcke bleiben liegen und werden nicht abgeholt, weil zu viele Ratten darin hausen", so der Experte. Müll sei das größte Problem, man dürfe nichts auf dem Boden liegen lassen. "Ratten sind Krankheitsüberträger. Sie sind viel in der Kanalisation unterwegs. Wenn man mit dem Ratten-Urin in Berührung kommt, kann das zu gesundheitlichen Problemen führen", sagt Fritschmann.
Stadt Freiburg bekommt vermehrt Beschwerden
Der Stadt Freiburg ist das Problem bekannt: "In den vergangenen Monaten haben uns vermehrt Beschwerden von Rattenbefall erreicht," heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme. Besonders betroffen seien die Stadtteile Landwasser und Weingarten. "Die Gebäude Auggener Weg 2-6 gehören der Vonovia", heißt es weiter. Das Wohnungsunternehmen Vonovia mit Sitz in Bochum äußert sich ähnlich. Die Situation habe sich seit Ausbruch der Corona-Pandemie verschärft. "Geschlossene Restaurants und leere Picknickwiesen boten Ratten keine Futteroasen mehr. Essensreste gab es stattdessen vermehrt in Wohngebieten." Die Folge: Die Tiere nisten sich dann schnell in großer Anzahl ein.
Vonovia spricht von "Mülltourismus"
Der Immobilienkonzern weist auf verschiedene Anlagen in Freiburg hin, in denen bereits Maßnahmen wie "unterirdische Müllanlagen" und "abschließbare Mülltonnen" zu einer Verbesserung geführt haben. Im speziellen Fall von Weingarten spricht Vonovia jedoch von "Mülltourismus". Das bedeutet, dass auch Menschen, die nicht dort wohnen, den Müllplatz der Wohnhäuser nutzen. Dies führe zu Abfall vor der Einhausung, kaputten Schlössern und zu vielen Müllsäcken. Um dem Problem entgegenzuwirken, plant das Unternehmen im Sommer den Bau eines weiteren Zauns. Für die Anwohner ist dies jedoch nur ein schwacher Trost, da sie den neuen Spielplatz am Auggener Weg in Freiburg-Weingarten vorerst nicht nutzen können.
Mehrere Freiburger Stadtteile haben Probleme mit Ratten
Meldungen kommen nicht nur aus Weingarten oder Landwasser, auch in anderen Stadtteilen in Freiburg gibt es Rattenprobleme. Im Stühlinger berichtet ein Hausmeister von "rund 200 Ratten", die sie "mit Gift töten müssen." Sie kämen von unten an die gelben Säcke, meint er. Für die Wohnungen in der unteren Ferdinand-Weiß-Straße ist die Freiburger Stadtbau (FSB) zuständig. "Die FSB unternimmt eine Reihe an Maßnahmen, um Hygiene und Reinlichkeit zu fördern", teilt die Stadt mit.
Sie listet eine ganze Palette an Maßnahmen auf:
- Beauftragung einer Hygiene-Firma, die unter anderem Fallen und Köder auslegt
- regelmäßige und intensive Reinigung der Müllstandorte
- Installation von Unterflursystemen bei Neubauten und Sanierung
- Verkleidung der Innenseite der Müllhäuser mit Blechen
- Container für gelbe Säcke
- Müllhäuser mit Nagetierschutzgittern
- Infoschreiben an Mieter zur ordnungsgemäßen Mülltrennung
- Erklärung zum Müllverhalten bei Einzug
- Aufklärung und persönliche Ansprache durch den Hausmeister-Service
Die Stadt will die Rattenbekämpfung in Freiburg in Zukunft noch effektiver angehen, so die Ankündigung. Sie arbeite derzeit an einem Konzept, um "die verschiedenen Akteure und deren jeweiligen Maßnahmen noch besser miteinander zu verzahnen".
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