Anti-Gewalt-Training

Freiburger Angebot: Raus aus der Gewaltspirale

Stand
Autor/in
Emilia Ferrarese

Wer einmal Gewalt ausgeübt hat, muss es nicht wieder tun. Das Projekt “Gegen Gewalt tätig” bietet in Freiburg Anti-Gewalt-Trainings an.

“Gewalt als Konfliktlösung ist ein erlerntes Muster wie Radfahren”, so der Sozialarbeiter und Anti-Gewalt-Trainer Severin Schuster. Im Gegensatz zum Fahrradfahren könne man Gewalt aber wieder verlernen, indem andere Handlungsstrategien trainiert werden. Dafür bietet Schuster mit seinen Kollegen Anti-Gewalt-Trainings an.

Das Trainingsangebot richtet sich an Menschen, die öffentliche oder häusliche Gewalt ausgeübt haben. Schuster definiert die beiden Formen der Gewalt so: “Öffentliche Gewalt findet im öffentlichen Raum statt und steht nicht in Verbindung mit Partnerschaft. Bei häuslicher Gewalt geht es um Gewalt in Partnerschaften und ehemalige Partnerschaften. Weiter gefasst kann man auch Gewalt gegen Kinder und Eltern darunter fassen.”

"Man kann sich immer bei uns melden”

Wer Gewalt ausgeübt hat oder befürchtet, gewalttätig zu werden, kann sich bei Schuster melden. “Wenn man möchte, kann man immer mit uns Kontakt aufnehmen, denn es geht ja auch um Vorbeugung.” Die Kontaktaufnahme ist über die Internetseite von “Gegen Gewalt tätig”, aber auch telefonisch möglich.

In einem ersten Kennenlerngespräch möchte Schuster wissen, aus welcher Motivation jemand das Training beginnen will: “Ich versuche herauszufinden, was die Ziele sind, denn die sind nachher quasi die Eintrittskarte in ein Trainingssetting.”

“Gewalt ist nicht angeboren”

In den Trainings setzen sich die Teilnehmer in unterschiedlichen Themenblöcken mit Gewalt, Opferperspektive oder Männlichkeit auseinander. Außerdem werden die begangenen Taten in der Gruppe rekonstruiert und der jeweilige Täter damit konfrontiert. Voraussetzung für die Aufnahme eines Trainings ist, dass die Person ihre Tat anerkennt, sonst gebe es keine Arbeitsgrundlage, erklärt Schuster.

Gleichzeitig ist ihm wichtig, niemanden als Gewalttäter abzustempeln. Obwohl der Sozialarbeiter die begangenen Taten ablehnt, kann er den Menschen auf diese Weise dennoch als wertvoll erachten.

“Dieser Mensch kommt nicht gewalttätig auf die Welt. Wir gehen davon aus: Das ist ein Mensch, der sich meldet, und nicht eine Gewalttat.”

Den typischen Teilnehmer gibt es laut Schuster nicht. “Ich habe hier - von der unteren sozialen Schicht bis zum Hochstudierten - Menschen aus allen Berufsgruppen sitzen, unabhängig von Bildungsstatus und sozialer Einbindung.”

Gewalttäter im Austausch miteinander

Für das Gruppentraining treffen sich die Teilnehmer jeden Montagabend für zwei Stunden. Darunter sind Männer, die verbale Gewalt ausgeübt haben, und andere, die körperlich gewalttätig geworden sind. “Da kann schon mal der Satz fallen: ‘Was machst du eigentlich hier? Du hast ja gar nix getan’", so Schuster.

Oft können sich die Teilnehmer auch gegenseitig bei der Suche nach alternativen Handlungsstrategien helfen. Wo der eine sich nicht mehr zu helfen weiß und zur Gewalt greift, wäre der andere ruhig geblieben - und kann deshalb Alternativen aufzeigen.

Die Teilnehmer scheinen den Austausch in der Gruppe wertzuschätzen. So hatte ein Absolvent zurückgemeldet, dass ihm die Sitzungen nach Beenden des Trainings fehlten. Nun erarbeitet Schuster ein Konzept für ein weiterführendes Angebot.

Zu klein aufgestellt - Bedarf übersteigt Angebot

Trainings für Menschen, die sexuelle Delikte begangen haben, kann das Projekt "Gegen Gewalt tätig" momentan nicht anbieten. Für Frauen gibt es nur Einzeltrainings. Beides liegt an der mangelhaften personellen Aufstellung.

“Gewalt hat ganz viele Facetten, die nicht über einen Kamm zu scheren sind. Aber uns fehlen die Ressourcen, das so breit gefächert anzubieten, wie es nötig oder gewünscht wäre.”

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