Der Verbraucherzentrale Bundesverband hatte 2021 eine Sammelklage gegen Mercedes-Benz eingereicht - es ging um Abschalteinrichtungen bei Dieselfahrzeugen. Jetzt fiel das Urteil.
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat am Donnerstag seine Entscheidung in der Musterfeststellungsklage des Verbraucherzentrale Bundesverbands gegen Mercedes-Benz verkündet. Demnach hat der Stuttgarter Autobauer in bestimmten Diesel-Autos unzulässige Abschalteinrichtungen eingebaut. Damit haben sich Verbraucherschützer in Teilen mit einer Klage durchgesetzt, die sie im Zuge des Dieselskandals gegen Mercedes-Benz eingereicht hatten.
Abschalteinrichtungen bei bestimmten Dieselfahrzeugen unzulässig
Die Klage gegen Mercedes-Benz wurde vom Verbraucherzentrale Bundesverband bereits 2021 eingereicht. Die Verbraucherschützer wollten damit gerichtlich feststellen lassen, dass die von Mercedes-Benz eingebauten Abschalteinrichtungen unzulässig waren. Diese sorgten dafür, dass die Autos auf dem Prüfstand die zulässigen Abgas-Grenzwerte einhielten, im realen Betrieb auf der Straße jedoch viel mehr Schadstoffe ausstießen. 2018 und 2019 musste Mercedes-Benz auf Anordnung des Kraftfahrtbundesamts deswegen hunderttausende Dieselfahrzeuge zurückrufen. 2023 erfolgte eine weitere Rückruf-Welle.
EuGH hat Verbraucherschutz gestärkt
Der Prozess am Oberlandesgericht Stuttgart läuft bereits seit Juli 2022, musste aber mehrfach unterbrochen werden. Das Gericht wollte ein Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) abwarten, um dann auf dieser Grundlage zu entscheiden. Die Richterinnen und Richter in Luxemburg hatten die Rechte von Verbrauchern im Frühjahr 2023 gestärkt.
Verbraucherinnen und Verbraucher haben nun bessere Chancen auf Schadenersatz, wenn sie von Abgasmanipulationen betroffen sind. Zuvor war die deutsche Rechtsprechung davon ausgegangen, dass Dieselkäufer nur dann Schadenersatz verlangen können, wenn sie vom Autohersteller bewusst getäuscht wurden. Der EuGH stellte hingegen fest: Es reicht, wenn der Autohersteller fahrlässig gehandelt hat.
Aktuelles Urteil betrifft fast 3.000 Autobesitzer
Die Musterfeststellungsklage des Verbraucherzentrale Bundesverbands bezog sich auf Modelle der GLC- und GLK-Reihe, in denen der Motor OM651 verbaut war und die amtlich zurückgerufen wurden. Theoretisch waren somit fast 50.000 Mercedes-Kundinnen und Kunden betroffen. Tatsächlich haben sich nach Angaben des Bundesverbands der Verbraucherzentralen jedoch nur gut 2.800 Kunden ins Klageregister eintragen lassen.
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat geurteilt, dass Mercedes-Mitarbeiter billigend in Kauf genommen hätten, dass in bestimmten Fahrzeugtypen illegale Abschalteinrichtungen verbaut wurden. Für Fahrzeuge der Euro 6-Norm sehen die Richter einen bedingten Vorsatz, bei Fahrzeugen der Euro 5-Norm nicht. Das ist relevant für die Höhe der Entschädigung.
Mercedes-Benz will gegen Urteil Revision einlegen
Allerdings hat das Gericht den Vorwurf abgewiesen, dass Mitglieder des Mercedes-Vorstands den Einsatz illegaler Abschalteinrichtungen angeordnet oder gebilligt hätten. Zudem können sowohl die Verbraucherschützer als auch Mercedes-Benz noch Rechtsmittel gegen das Urteil beim Bundesgerichtshof einlegen. Erst wenn das Urteil in Karlsruhe Bestand hat, können Verbraucher ihr Recht auf Schadenersatz durchsetzen. Das müssen sie selbst tun.
Mercedes-Benz kündigte kurz nach dem Urteil an, Revision einlegen zu wollen. "Wir vertreten eine andere Rechtsauffassung als das Gericht", sagte ein Sprecher. Man halte die Ansprüche gegen das Unternehmen weiterhin für unbegründet und werden sich dagegen verteidigen.
Deutlich weniger Autos als bei VW betroffen
Die Musterfeststellungsklage gegen Mercedes-Benz ist nicht die erste ihrer Art. Zuvor hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband bereits eine Sammelklage gegen Volkswagen angestrengt. Dieser Fall war deutlich größer als der bei Mercedes: Etwa eine Viertelmillion Kunden schlossen sich damals der Klage an. Das Verfahren endete Anfang 2020 mit einem Vergleich: Betroffene Kundinnen und Kunden erhielten je nach Modell und Alter des Fahrzeugs zwischen 1.350 und 6.257 Euro.
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