In zwei Tunneln der B14 werden Graffitis entfernt. Denn sie seien ein Sicherheitsrisiko, sagen Behördenvertreter - dabei sei es um manche der entfernten Wandbilder wirklich schade.
Seit Mittwochmorgen putzt eine Spezialfirma im Gäubahntunnel und Viereichenhautunnel der B14 stadteinwärts nach Stuttgart mehrere große Graffitis weg. Beauftragt wurde sie von Behörden. "Im Tunnel soll es hell sein, es braucht eine gute Erkennbarkeit", erklärt Andreas Klein, Baureferatsleiter am Regierungspräsidum (RP) Stuttgart.
Deshalb werden Tunnel immer so hell wie möglich gestaltet: durch Lampen, einen helleren Asphalt und eine zwei bis drei Meter hohe helle Fläche an den Außenwänden, die das Scheinwerferlicht reflektiert. Graffitis schaden aber der Sicherheit, sagt Klein: Denn sie verhinderten durch ihre dunkle Farbe, dass die Scheinwerfer angemessen von den Wänden reflektiert werden – deshalb müssten sie weg.
Sicherheitsrisiko im Tunnel: Graffitis lenken ab
Die Graffitis waren Mitte August aufgetaucht. Sie erstrecken sich in den beiden Tunneln über eine Fläche von 1.100 Quadratmetern. Unklar ist noch, wie lange die Aktion dauert: Ob die Tunnel wegen der Graffitis länger als bis Sonntag gesperrt bleiben müssen, wird sich nach der Reinigung zeigen.
Um manches Kunstwerk sei es wirklich schade, räumt Klein ein. "Da mache ich auch vorher Fotos für die Bildsammlung. Es gibt schon ein paar tolle - aber bitte nicht im Tunnel." Denn der Autofahrer solle nicht von den Bildern abgelenkt werden.
Vor allem im Gäubahntunnel unter dem Sopienstift seien Graffitis in der lang gezogenen Rechtskurve gefährlich, falls Autofahrer nach links auf die Graffitis blicken anstatt auf die Straße. Denn gerade an dieser Stelle komme es immer wieder zu Staus, deshalb müsse man hier besonders aufmerksam sein.
Mehrere Schichten: Graffitis abputzen ist wie Tattoos entfernen
Eine Spezialfirma zur Fassadenreinigung muss die Graffitis jetzt in mehreren Schichten abtragen. Denn die Bilder wurden auch in mehreren Schichten auf die Wand gemalt, erklärt Achim Bitzer, Chef der Fassadenreinigungs-Firma Purify. Zuerst wird ein Lösemittel auf dem Graffiti angebracht, um die Farbe wieder zu verflüssigen und sie dann mit Wasserdruck abzuspritzen. Das muss mehrfach gemacht werden, da die unterschiedlichen Farben verschieden auf das Lösungsmittel reagieren.
So verschwinden die Graffitis nur nach und nach und würden dazwischen wie "seltsames Gekritzel" aussehen, meint Bitzer. Es sei in sofern mit einer Tattooentfernung vergleichbar: Es werde auf jeden Fall immer Wandmaterial dabei beschädigt und es bleibe eine Narbe zurück. Auch die ursprüngliche helle Beschichtung der Wand wird durch die Reinigung teilweise angegriffen und abgetragen, wenn sie zu sehr mit der Farbe verbunden war.
Umweltverträglich Abputzen braucht Zeit
Weil die Firma ein umweltverträgliches Lösungsmittel nutzt, braucht es nach Aussage von Bitzer mehr Arbeitsschritte. Trotzdem ist das Spülwasser, das Richtung Abflussrinne fließt, noch voller Farbpigmente der Graffitis. Da sei es gut, dass ein Tunnel sowieso ein "schwer belastetes Gebiet" sei und dadurch einen sogenannten Ölabscheider habe. Das bedeutet, dass die Abflüsse aus dem Tunnel nicht in die normale Kanalisation fließen, sondern zuerst in ein Auffangbecken. Dort werden Wasser, Öl und andere Stoffe, die auch bei Unfällen entstehen können, voneinander getrennt. In ländlicheren Gebieten als Stuttgart müsste das Wasser stattdessen aufgefangen und in mobilen Maschinen gereinigt werden.
Ferienende: Bleibt der B14 Tunnel länger gesperrt?
Die Strecke stadteinwärts durch die beiden besprayten Tunnel ist ohnehin bis Mitte September gesperrt, da am Schattenring gebaut wird. Außerdem hatte eine Spezialfirma genau in diesem Zeitfenster frei gehabt und konnte den Auftrag annehmen. Außerdem spielt derzeit das Wetter mit: Da bei der Reinigung die Wand immer wieder trocknen muss, bevor wieder eine neue Schicht Lösungsmittel darauf kommt, ist die warme, trockene Witterung aktuell sehr geeignet.
Bleibt nur eine Frage: Wird das Abputzen reichen? Eigentlich wollte das Regierungspräsidum die Strecke zum Ferienende wieder regulär zweispurig öffnen. Am Wochenende muss aber noch geprüft werden, ob es reicht, die Graffitis nur abzuwaschen: Sollte die Wand danach zu dunkel bleiben, muss teilweise eine neue Beschichtung mit einer hellen Spezialfarbe angebracht werden. Für diese Arbeiten würden die Tunnel dann wieder teilweise gesperrt und vermutlich nur eine Fahrbahn in Richtung Stuttgart frei sein.
Graffiti reinigen: Doch nicht 200.000 Euro teuer
Auch die Höhe der Kosten hängt davon ab, ob nochmal gestrichen werden muss. Ursprünglich hatte das Regierungspräsidum von 200.000 Euro gesprochen. Laut Klein wird die Reinigung nun vermutlich zwischen 50.000 und 100.000 Euro teuer. Sollte danach eine neue Beschichtung nötig werden, würde das die Kosten nochmal in die Höhe treiben.