Ärger um die Stuttgarter S-Bahn: Wie lange geht das noch? Was kann man dagegen tun? Wie bekomme ich Geld zurück? Das sagen Leute vom Bahnkundenverband und die Betreiber des Blogs S-Bahn-Chaos.de.
Das S-Bahn-Chaos in Stuttgart führt durch Ausfälle und Verspätungen aktuell zu viel Frust bei den Fahrgästen. Nicht selten kann man sich einfach nur ans Gleis stellen und dann "auf Sicht" in den Zug einsteigen, der die richtige Aufschrift trägt - wenn diese nicht ebenfalls gerade defekt ist.
So können sich Fahrgäste am besten verhalten:
- Was kann jeder Einzelne tun?
- Was sollte die S-Bahn dringend verbessern?
- Kann ich mein Geld zurückbekommen?
- Was sagen die Verantwortlichen der S-Bahn Stuttgart dazu?
Was kann jeder Einzelne tun?
Klaus Wößner, der das Blog S-Bahn-Chaos.de mitbetreibt, hat ein paar Tipps, was man als Fahrgast aktuell tun kann: Auf jeden Fall vor einer Fahrt am besten immer online oder in der Bahn-App checken, ob die Verbindung auch wirklich so stattfindet und der Zug fährt. Und man sollte einen Zeitpuffer einplanen. "Die Leute müssen sich warm einpacken. Man sollte auch in den kommenden Jahren nicht auf den letzten Drücker planen, sodass man auch mal mit einem Ausfall klarkommt", so Wößner.
Und ein persönlicher Reporter-Tipp: Vor Reisebeginn immer noch mal kurz auf die Toilette gehen. Aktuell sollte man nicht automatisch von den normalen Fahrtdauern ausgehen, da immer wieder Verzögerungen durch die Störungen auftreten. Vereinzelt stehen S-Bahnen sogar stundenlang auf der Strecke und die Passagiere können nicht raus. Kürzlich zum Beispiel im Tunnel vor der Schwabstraße oder am Favoritepark, nachdem die Bahn ein E-Bike überfahren hat.
Fest steht, die Verschlechterung ist nicht nur ein Gefühl der Fahrgäste: Die Verspätungen nach der Marke "3 Minuten" und "6 Minuten" hat zwischen Mitte 2021 und jetzt stark zugenommen. Das haben Klaus Wößner und seine Blogger-Kollegen von "S-Bahn-Chaos.de" analysiert:
Was sollte die S-Bahn dringend verbessern?
Mit der Situation, dass viel an der Bahn gebaut wird, müssten die Menschen im Raum Stuttgart noch zwei, drei Jahre leben. Schließlich habe man durch Stuttgart 21 und die Digitalisierung mit dem Einbau der Leit- und Sicherungssysteme feste Rahmenbedingungen, so Wößner. "Zwei Megaprojekte ergeben eher ein Gigaprojekt." Aber zwischendrin gebe es auch ein paar Stellschrauben, bei denen die Bahn auf jeden Fall schon nachbessern sollte, so Wößners Wunsch.
- Notfallmanagement verbessern, wenn Leute im Zug sind
Wenn eine S-Bahn stehen bleibt, muss zuerst ein Notfallmanager der Bahn an den Ort kommen, um zu entscheiden, wie weiter vorgegangen werden soll oder ob Fahrgäste evakuiert werden müssen. Laut Klaus Wößner dauert es aktuell oft lang, bis ein Notfallmanager zur kaputten Bahn kommt. "Der Notfallmanager kann sich zwar ein Notsignal aufs Dach setzen, hat aber zum Beispiel nicht die gleichen Rechte wie die Polizei", um schneller durch den sonstigen Verkehr zu kommen. Außerdem bräuchte es mehr Notfallmanager. Die jetzige geografische Aufteilung der Deutschen Bahn (DB) bedeute, dass viele Notfallmanagerinnen oder -manager lange Anfahrtswege hätten.
Ansonsten sollte sich die DB überlegen, wie sie vielleicht auch anders schneller entscheiden kann, ob Menschen evakuiert werden müssen. "Vor allem wenn recht zügig erkennbar ist, ob eine Evakuierung haarig wird oder an einer einfachen Stelle ist", schlägt der pensionierte Betriebswirt Wößner vor.
- Zeitplan anpassen
Außerdem sollte die DB ihre Fahrpläne vorübergehend strecken, wenn sie merkt, dass sich auf manchen Strecken ohnehin gerade Verspätungsminuten sammeln, meint Wößner. Denn Pendler würden vor allem verlässliche Fahrpläne brauchen.
Das sagt auch Roland Morlock vom Deutschen Bahnkundenverband: "Pendler sind daran interessiert, von A nach B zu kommen, morgens pünktlich zur Arbeit und abends wieder zeitig zurück. Jede Verspätung kostet Lebenszeit und Lebensqualität." Schwierig sei bei den aktuellen Verspätungen vor allem, dass dadurch zum Beispiel in Schorndorf, Böblingen oder Waiblingen Anschlüsse verpasst werden. So müssten Pendlerinnen und Pendler teilweise eine halbe oder ganze Stunde auf die neuen Züge warten.
Damit die Verbindungen verlässlicher werden, hat die S-Bahn Stuttgart einen neuen vorübergehenden Fahrplan beschlossen, der jetzt im Dezember startet.Teilweise gebe es nun weniger Verbindungen, um vor allem mit dem Personal- und Fahrzeugmangel fertig zu werden. Damit soll laut DB vermieden werden, dass kurzfristig ganze Linien ausfallen müssen und somit die angesetzten S-Bahnen auch wirklich fahren. Jetzt am Wochenende klappt das schon mal nicht so richtig gut; die S3 fällt komplett aus.
Weniger Züge abends und am Wochenende S-Bahn Stuttgart soll ab Dezember seltener fahren
Bei der S-Bahn Stuttgart läuft es nicht rund: fehlende Fahrzeuge, immer neue Baustellen und Verspätungen. Nun hat die S-Bahn angekündigt, dass der Fahrplan ausgedünnt werden soll.
Kann ich mein Geld zurückbekommen?
Für eine Leistung, die nicht verlässlich ist, kann man natürlich auch sein Geld zurückfordern. Bei der S-Bahn Stuttgart können laut Roland Morlock zum Beispiel Zeitkarten-Besitzer und -Besitzerinnen bei ausgefallenen Fahrten einen Teilbetrag des Geldes zurückbekommen. Dies sind aber meist sehr kleine Beträge und Einzelbeträge unter vier Euro werden nicht separat ausgezahlt. Dafür müssten die Karten-Inhaberinnen und -Inhaber also die Verspätungen notieren und einmal im Monat gesammelt einreichen. Hierzu gebe die Verbraucherzentrale auch detaillierte Hinweise, so Morlock.
Verbraucherzentrale: So gibt's Geld zurück bei Zugverspätung
Zudem gibt es bei der Deutschen Bahn die Mobilitätsgarantie. Die erlaubt einem Abobesitzer oder einem Ticketkäufer, dass man ab einer erwartbaren Verspätung von 30 Minuten auch ein anderes Verkehrsmittel wie ein Taxi nehmen kann. Den Preis dafür darf man dann bei der Bahn einreichen, die ihn dann zu einem bestimmten Betrag erstattet.
Dazu muss aber ein klares Verschulden des Bahnunternehmens für die Verspätung vorliegen. Wenn Personen im Gleis sind, gilt das zum Beispiel nicht. Das Deutschlandticket für 49 Euro fällt allerdings nicht unter die Mobilitätsgarantie, weil es subventioniert wird.
Was sagen die Verantwortlichen der S-Bahn Stuttgart dazu?
Die S-Bahn-Führung bestätigt die vielen Probleme. "Wir wissen, dass wir unseren Fahrgästen aktuell einiges zumuten", sagt S-Bahn-Chef Dirk Rothenstein. Neben den Ausfällen an den Fahrzeugen und der Infrastruktur komme aktuell auch noch ein Personalmangel dazu, weil viele Lokführer krank seien.
Auch den S-Bahn-Chef wurmt die Situation. Er könne den Frust verstehen, sagt Rothenstein. Die Probleme würden auch bei der S-Bahn alle belasten: "Keiner bei uns geht morgens an seinen Arbeitsplatz oder in den Zug und denkt sich: ‚Heute fahre ich mal ein bisschen unpünktlicher.‘ Wir alle wollen, dass die S-Bahn pünktlich fährt", so Rothenstein.
Welche Probleme bei der S-Bahn zu Verspätungen führen, hat der SWR bereits im Frühjahr thematisiert. Die Gründe haben sich seitdem weiter verschärft.
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