Am Dienstagabend blieb eine S-Bahn in der Stuttgarter Station Schwabstraße liegen und führte zum Stau im Tunnel. Wie ging es den Menschen in den Zügen? Und was sagt die Deutsche Bahn dazu?
Kurz nach 18 Uhr am Dienstagabend blieb eine S1 in der Stuttgarter Haltestelle Schwabstraße liegen und blockierte den S-Bahn-Betrieb stadteinwärts. Im Stammstrecken-Tunnel stauten sich für zwei Stunden mehrere Bahnen, bis die defekte S-Bahn abgeschleppt werden konnte. Das führte im Feierabendverkehr zu vielen Teilausfällen und langen Wartezeiten für die Pendlerinnen und Pendler.
Zwei Stunden lang 300 Meter vor der Schwabstraße im Zug ausharren
Vier S-Bahnen stauten sich während der Zeit im Tunnel. Die Fahrgäste in der Bahn der Linie S3, die direkt hinter der kaputten S-Bahn wartete, mussten über zwei Stunden in ihrem Zug ausharren. Der Pendler Klaus Honold saß auch in diesem Zug. Anfangs habe er sich noch nichts dabei gedacht, als die S-Bahn im Tunnel kurz vor dem Halt Schwabstraße stehen blieb. "Das ist grundsätzlich nichts Ungewöhnliches, weil es da im Feierabendverkehr oft Stau gibt", sagt der Pendler. Dann seien nach und nach Durchsagen gekommen, dass es wegen einer S-Bahn mit Störung länger dauern könnte. Der Zeitverlust durch die Bahn sei einfach ärgerlich, findet Honold.
Im Zug seien alle ruhig geblieben, trotz manchem Unmut, so Honold. Es sei extrem still gewesen, die Leute hätten nur ab und zu telefoniert, um Bekannte und Familie zu informieren. Zeugenberichten zufolge soll der Lokführer angeboten haben, dass man bei Problemen oder Ängsten auf ihn zukommen könne. "Der Lokführer war sehr bemüht. Hat regelmäßig Durchsagen gemacht", bestätigt Honold. Er habe angesprochen, dass er jetzt hoffe, dass niemand dringend aufs Klo müsse. Und dass sich auch sein Feierabend verspäte. "Er hat aber auch klar gemacht, dass wir hier selbst 300 Meter vor der Schwabstraße nicht einfach evakuiert werden."
Sprecher: S-Bahnen evakuieren ist nicht einfach
Bei einem Notfall unter den Passagieren der gestauten Bahnen wäre eine Evakuierung oder der Zugang für ein Rettungsteam natürlich möglich, erklärt ein S-Bahn-Sprecher. Für Evakuierungen gibt es auf den Bahnstrecken - auch außerhalb der Tunnel - immer sehr viel zu beachten. Es müsse die Oberleitung abgestellt werden und es brauche dann immer Notfallmanager vor Ort, um die Menschen sicher zu koordinieren. "Wir können die Leute da nicht einfach im Tunnel rauslassen, das würde nur geordnet gehen", so der Bahnsprecher. Zudem müssten Ausstiegshilfen oder Umsteige-Brücken zu anderen Zügen herbeigebracht werden.
Über solche Umsteige-Brücken mussten vor einigen Wochen beispielsweise Fahrgäste einer S-Bahn am Favoritepark in eine andere Bahn umsteigen, wie der SWR berichtete:
E-Bike überrollt und stehen geblieben Stundenlang in S-Bahn eingesperrt: Betroffene berichtet von chaotischen Zuständen
Stundenlang sitzt Carmen Mühleisen in einer S-Bahn zwischen den Haltestellen Favoritepark und Freiberg fest - zusammen mit rund 100 Fahrgästen. In der Wartezeit hilft sie anderen.
Bahn bestätigt Probleme an Stuttgarter S-Bahn-Zügen
Man habe ja aber sehr lange die Hoffnung gehabt, dass die Störung an der S-Bahn sich beheben lasse, so der S-Bahn-Sprecher. Leider habe sich das vordere Zugfahrzeug nicht mehr anschalten lassen. "Wir wissen, dass wir da ein Problem haben und dass die Häufung der Störungen nicht okay ist", so der S-Bahn-Sprecher. Er könne den Frust der Leute verstehen. In 99 Prozent der Fälle könnten die Lokführer die technischen Probleme mit Hilfe einer Servicezentrale beheben und das Zugsystem wieder hochfahren. Dieses Mal habe das nicht funktioniert.
Fahrgäste sollen Lokführer bedrängt haben
Während des Wartens soll es nach SWR-Informationen allerdings auch zu einem Zwischenfall gekommen sein: Einige Fahrgäste der liegengebliebenen Bahn sollen ihren Lokführer in seinem Führerstand bedrängt haben, sodass er seine Schicht abends nicht fortsetzen konnte, nachdem seine Bahn abgeschleppt wurde. "Wir können verstehen, dass die Leute nach Hause wollten", sagt der Bahn-Sprecher. Aber die Mitarbeiter seien bei Störungen auch bemüht, die Probleme schnell wieder in den Griff zu bekommen. "Die DB bittet Fahrgäste dabei um Geduld und appelliert an alle, sich verständnisvoll und kooperativ zu verhalten."
Warum hat das Rückwärts-Fahren so lange gedauert?
Der Notdienst, der sich laut Bahn ebenfalls erst durch den Stuttgarter Feierabendverkehr schieben musste, habe nach weiteren vergeblichen Start-Versuchen das Abschleppen der Bahn angeordnet. Bis es soweit war, sollten die gestauten Bahnen dann rückwärts zurück zur Schwabstraße fahren. "Das geht immer nur langsam, weil die Signale ja in die andere Fahrtrichtung ausgerichtet sind und der Lokführer sie deshalb nicht sieht", erklärte ein Sprecher der DB. Daher durften die gestauten Bahnen hintereinander nur mit Tempo 20 zurück Richtung Stuttgart-Vaihingen fahren.
Notfallkonzept mit einem Gleis wäre möglich
Theoretisch wäre bei einer solchen Tunnelblockade auch der Verkehr über nur ein Gleis möglich, so die DB. Dann müssten die Züge aus beiden Richtungen warten und könnten nur schubweise die unterirdische Stammstrecke zwischen Universität und Hauptbahnhof nutzen. "Das geht dann für beide Seiten von der Kapazität nur schleppend." Am Dienstagabend konnten einige Bahnen stadtauswärts nämlich erstmal normal weiter den Tunnel nach Stuttgart-Vaihingen nutzen. Man habe sich gegen das Notfallkonzept entschieden, da das Wegschleppen der Bahn schneller und besser zu einer freien Durchfahrt beitragen konnte.
Mit dem S-Bahn-Notfallmanagement hat sich kürzlich eine Kollegin in unserem Wochenrückblick auseinandergesetzt. Bei größeren Problemen im Nahverkehr informiert - wie Dienstagabend - unser Sperrungsticker zeitnah.