Kuchen aus dem 3D-Drucker, Proteine aus Algen und Power-Kaugummi - beim "New Food Festival" in Stuttgart stellen Start-ups ihre Ernährungsideen vor.
Noch bis zum Abend treffen sich Fachleute in der Stuttgarter Liederhalle beim "New Food Festival", um über die Ernährung von morgen zu sprechen. Dabei geht es um Fragen wie beispielsweise, wie Lieferketten optimiert und pflanzliche Proteine nutzbar gemacht werden können - und ob das Fleisch eines Tages aus dem Labor kommt. Die Fach-Messe und -Konferenz rund um die Transformation der Lebensmittelbranche findet zum ersten Mal in Stuttgart statt.
Vom 3D-Drucker bis zum Power-Kaugummi
Auf der Fachmesse und Konferenz sind rund 300 Gäste zusammengekommen, um sich zu vernetzen und auszutauschen. Etwa 80 Aussteller zeigen ihre Innovationen rund ums Thema Essen - von der Landwirtschaft über Lebensmittel, die Gastronomie und den Handel. Mit dabei sind auch zahlreiche Stuttgarter Gründer und Unternehmen. Dazu gehören zum Beispiel "Herr Kächele" mit Maultaschen aus regionalen Zutaten und Fleisch aus artgerechter Haltung und "Viva la Faba", ein Stuttgarter Start-up, das veganen Käse aus Bio-Ackerbohnen herstellt. Die Firma PWRGUM aus dem Rems-Murr-Kreis wiederum präsentiert Kaugummis, die unter anderem einen hohen Koffeingehalt haben. Unangefochtener Star der Veranstaltung ist aber der neu entwickelte Lebensmittel-3D-Drucker der Universität Hohenheim.
Transformation der Lebensmittelbranche
Mark Leinemann hat das "New Food Festival" ins Leben gerufen. Was dort zu sehen sei, sei mehr als nur Spielerei. "Was wir morgen auf dem Teller haben, entscheidet sich heute", meint der Gründer des Verbands Crowdfoods - und angesichts des rasant fortschreitenden Klimawandels dränge die Zeit.
Der Food-Sektor ist für etwa ein Drittel aller Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Damit ist er einerseits Treiber als auch Leidtragender des Klimawandels - da beiße sich die Katze in den Schwanz, meint Leinemann. Zunehmende Naturkatastrophen und klimatische Veränderungen führten zu Lieferketten- und Produktionsproblemen und letztlich zu steigenden Preisen, erklärt er.
Als aktuelles Beispiel nennt Leinemann den Engpass an Pflanz-Kartoffeln in der EU, der die Pommes-Frites- und Chips-Produktion gefährdet. Daher müsse man solchen Engpässen frühzeitig gegensteuern, beispielsweise mit effizienterer Produktion und neuen Technologien. Aber auch Verbraucherinnen und Verbraucher müssten ihre Ernährungsgewohnheiten überdenken, findet Leinemann.
Wie bereit sind Stuttgarterinnen und Stuttgarter für "New Food"? Eine Umfrage in der Markthalle zu Essen aus dem 3D-Drucker und Fleisch aus dem Labor:
Gemüsecracker gegen Foodwaste und veganer Käse aus Ackerbohnen
Ein wichtiger Aspekt beim Thema Nachhaltigkeit auf der Messe ist, die Verschwendung von Lebensmitteln zu reduzieren. Wenn vorhandene Nahrungsmittel besser verwertet würden, dann würden sich immerhin schon fünf bis zehn Prozent der Emissionen vermeiden, schätzt Leinemann. Wie das konkret funktionieren kann, sieht man beispielsweise bei Holiroots, einem Start-up aus dem Rems-Murr-Kreis. Die drei Gründerinnen hatten die Idee, Gemüsecracker aus geretteten Lebensmitteln herzustellen. Von kooperierenden Landwirten bekommen sie unschöne oder überproduzierte Rote Bete, Karotten und Lauch.
Die Idee zu den Crackern hatte Paola Varela während ihres Studiums an der Uni Hohenheim, die für so einige Food-Start-ups sozusagen die Kinderstube war. Sie gilt in Deutschland als führend auf dem Gebiet Agrar- und Foodtechnologie. Studierende aus aller Welt gründen nach ihrem Abschluss häufig in der Region, wie beispielsweise Holiroots-Mitgründerin Paola Varela, die ursprünglich aus Mexiko kommt.
Food-Branche birgt Zukunftspotential für Stuttgart
Bernhard Grieb von der Wirtschaftsförderung Stuttgart findet, dass in der Branche noch großes Wirtschaftspotential. Denn weil sich die Situation in der Automobilbranche verändere, müsse Stuttgart auch im Blick behalten, welche Chancen sind in anderen Bereichen böten.
Fast jeder vierte Arbeitsplatz des Ernährungsgewerbes in Baden-Württemberg ist in der Region Stuttgart angesiedelt. Hinzu kommt gebündeltes Know-How durch Forschungseinrichtungen. Allein in der Stadt Stuttgart gab es laut Grieb im vergangenen Jahr rund 40 Neugründungen im Food-Sektor.
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