Kaum eine Anlage im Land stößt so viel CO2 aus wie das Kraftwerk in Altbach. Jetzt wird es für Gas umgebaut und später für Wasserstoff. Umweltschützer zweifeln an den Plänen.
Die Umbauarbeiten am Heizkraftwerk Altbach/Deizisau (Kreis Esslingen) haben am Montag offiziell begonnen. Ziel der rund 600 Millionen Euro teuren Investition ist es, Strom und Fernwärme langfristig klimaneutral zu produzieren. Deswegen wird nun eine Gas- und Dampfturbinenanlage gebaut, die sowohl grünen Wasserstoff wie auch Erdgas verbrennen kann. Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) war beim Baustart dabei und nannte den Umbau einen "Grundstein für eine zukunftsfähige Energieversorgung".
EnBW: Gas hat im Vergleich zur Steinkohle viele Vorteile
Ende 2026 soll der Umbau fertig sein. Dann werde in Altbach die letzte Steinkohle verheizt sein und auf Gas umgestellt - mit vielen Vorteilen, heißt es von Seiten der EnBW. Gaskraftwerke sind deutlich klimafreundlicher als Kohlekraftwerke. Die EnBW spricht im Fall von Altbach von 60 Prozent weniger CO2-Ausstoß. Außerdem können diese Kraftwerke flexibler geregelt werden. Das ist wichtig, damit sie einspringen können, wenn Strom aus Windkraft- und Solaranlagen ausreichend vorhanden ist.
Luftqualität in und um Altbach soll besser werden
Auch für die Bevölkerung in der Umgebung hat der sogenannte "Fuel Switch", also die Brennstoff-Umstellung, Vorteile. So würden die bisher bei der Kohleverstromung freigesetzten Stick- und Schwefeloxide deutlich reduziert. Bei der Emission von Schwermetallen ist der Unterschied zwischen der bisherigen Kohle- und der künftigen Gas- beziehungsweise Wasserstofftechnik noch deutlicher: Diese werden laut EnBW künftig vollständig vermieden.
Lange Kohle-Tradition in Altbach
Die Geschichte des Heizkraftwerks reicht am Standort Altbach weit zurück. Im Jahr 1899 wurde dort das erste Kohlekraftwerk gebaut. Ende der 1940er Jahre entstand laut EnBW der Vorläufer des heutigen Kraftwerks mit einer installierten elektrischen Leistung von rund 837 Megawatt. Der Bürgermeister von Altbach, Martin Funk (SPD), begrüßt den jetzt begonnenen Umbau: "Es ist ein zukunftsweisendes Zeichen, dass auch weiterhin an diesem Standort elektrischer Strom und Wärme erzeugt wird, dies ist wichtig für die Bürgerinnen und Bürger sowie für die Wirtschaft."
Wasserstoff soll Gas ersetzen
Auch bei der Verbrennung von Erdgas wird klimaschädliches CO2 frei. Deswegen soll die Umstellung auf Gas aus Sicht der EnBW nur ein erster Schritt sein. Konzern-Vorstand Georg Stamatelopoulos sagte: "Nur wenn wir die erneuerbaren Energien weiter ausbauen und gleichzeitig flexible Anlagen wie hier in Altbach/Deizisau vorhalten, werden wir den Ausstieg aus der Kohle wie geplant umsetzen können. Für eine Übergangszeit setzen wir dabei auf Erdgas, langfristig dann auf 100 Prozent Wasserstoff."
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Strom aus Wasserstoff in Altbach: Zeitpunkt unklar
Wie lange diese Übergangszeit dauere, dazu machte der Energieversorger am Montag keine konkreten Angaben. Es hieß lediglich, sobald dieser "grüne" Wasserstoff in ausreichendem Maß zur Verfügung stehe und die Versorgungsinfrastruktur darauf umgestellt sei, könne der Kraftwerksstandort Altbach/Deizisau umgestellt werden. Ein EnBW-Projektleiter sprach von einem Umbau des Kraftwerks Altbach im nächsten Jahrzehnt. Bis 2035 will der EnBW-Konzern insgesamt klimaneutral sein.
Umweltschützer sind skeptisch
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) äußerte unterdessen Kritik an dem Umbau, denn damit setze die EnBW vorerst weiter auf fossiles Erdgas. Das langfristige Ziel, auf grünen Wasserstoff umzusteigen, sei ein "ungedeckter Scheck", sagte DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kränner. Denn es stelle sich die Frage, ob es grünen Wasserstoff künftig überhaupt in den notwendigen Mengen und zu einem bezahlbaren Preis geben werde.
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Auch andere Kohlekraftwerke werden auf Gas umgerüstet
Nicht nur in Altbach rüstet die EnBW Kraftwerke von Kohle- auf Gasverbrennung um. Im Frühjahr 2023 war beispielsweise der Umbaustart in Stuttgart-Münster. In Heilbronn soll der offizielle Baubeginn im Februar oder März 2024 sein. Und in Stuttgart-Gaisburg gibt es schon seit Ende 2019 keine Kohlehalden mehr. Auch dort wurde auf Gasfeuerung umgestellt.