Esslingen und Leonberg wollen gegen Katzenleid vorgehen und verpflichten jetzt Katzenhalter zur Kastration. In Stuttgart gibt es eine solche Verordnung noch nicht, aber zunehmend wilde Katzen.
Wild lebende Katzen vermehren sich schnell, Krankheiten wie Katzenschnupfen verbreiten sich dann noch schneller: Dagegen hilft eine Kastrationspflicht auch für Freigänger-Hauskatzen, die Kommunen in Baden-Württemberg selbst erlassen können, weil es keine entsprechende Tierschutzverordnung auf Landesebene gibt wie in anderen Bundesländern.
Esslingen tut das jetzt, Leonberg im Kreis Böblingen auch, in Stuttgart fehlt immer noch eine entsprechende Verordnung. Warum? Dabei könnte man schon längst von den Erfahrungen anderer Städte profitieren, etwa Karlsruhe und Mannheim.
Zu dem Problem, dass sich Katzen in Stuttgart immer weiter vermehren, sagt Petra Veiel, Pressesprecherin des Tierschutzvereins:
Esslingen und Leonberg führen Katzenschutzverordnungen ein
Ab Juni sind Katzenbesitzerinnen und -besitzer in Esslingen verpflichtet, ihre Katze zu registrieren, kastrieren und kennzeichnen zu lassen. Das sieht die dann geltende Katzenschutzverordnung vor. Sie gilt für alle Katzen, die auch im Freien unterwegs sind. Auch Leonberg (Kreis Böblingen) erlässt jetzt so eine Verordnung, denn das Kreistierheim in Böblingen habe seit Jahren mit einer rasch ansteigenden Zahl von verwilderten Hauskatzen aus dem Stadtgebiet Leonberg zu kämpfen, heißt es in einer Mitteilung. Das Kreistierheim Böblingen beobachte viele, meist kranke Katzen.
Eine Tierschützerin, die ehrenamtlich in Zusammenarbeit mit dem Kreistierheim Böblingen verwahrloste Katzen fängt, weise schon seit mehreren Jahren auf die Problematik im ganzen Stadtgebiet hin. Zudem verursacht das langfristig sehr hohe Kosten, die eigentlich vermieden werden könnten. Auch Geislingen an der Steige (Kreis Göppingen) plant, eine Katzenschutzverordnung zu erlassen. Eine entsprechende Beschlussvorlage berät der Gemeinderat dort in der kommenden Woche.
Kein Problem mit verwilderten Katzen? In Stuttgart wird geprüft
In Stuttgart herrscht seither die Meinung vor, es bräuchte keine Katzenschutzverordnung, so die Stadtverwaltung. Zwar gab es in der Vergangenenheit mehrere Anträge im Gemeinderat, zuletzt 2022, aber erfolglos. In Stuttgart gebe es laut Einschätzung der Veterinärbehörde keine "Hot Spots, in denen eine größere Anzahl von Katzen, die sich darüber hinaus ungezielt vermehren, durch ihre Populationsdichte Schmerzen, Leiden oder Schäden erleiden". Die Behörde geht davon aus, dass die meisten Katzen in Stuttgart ohnehin kastriert sind. Da, wo Katzen etwa auf Bauern- oder Reiterhöfen nur lose an Menschen angebunden seien, könne man sich direkt an die Höfe wenden und die Kastration der Katzen anordnen.
Allerdings will man jetzt prüfen, ob eine Katzenschutzverordnung nicht auch in Stuttgart Sinn machen könnte, teilte die Pressestelle der Stadt auf SWR-Nachfrage mit. "Gemeinsam mit den zuständigen Veterinären der Stadt, dem Tierschutzverein und der Katzenhilfe erheben wir aktuell Zahlen und stimmen uns intern dazu ab, teilte das Amt für öffentliche Ordnung mit. Ende des Jahres soll dann entschieden werden, ob eine solche Verordnung eingeführt werden sollte. Entsprechend würde man dann dem Stuttgarter Gemeinderat einen Vorschlag unterbreiten.
Die Not ist auch in Stuttgart groß, so der Tierschutzverein
Die Notwendigkeit für eine Kastrationspflicht sei klar da, sagt der Stuttgarter Tierschutzverein, der auch das örtliche Tierheim betreibt, wo aktuell 90 Katzen zu Hause sind - so viele wie lange nicht. Immer mehr Katzen seien "für uns natürlich ein Super-Gau. Zum einen finanziell, weil natürlich jedes Schnäuzchen Geld kostet und die Tiere oftmals gar nicht gesund sind, wenn sie zu uns kommen." Zum anderen sei man im Tierheim aber auch mit dem Personal am Limit, weil es einfach zu viele Tiere seien. Neben der fehlenden allgemeinen Kastrationspflicht sei noch problematisch, so Pressesprecherin Petra Veiel, dass zu viele Menschen sich leichtfertig Katzen anschaffen, diese aber als Erstes wieder abgestoßen würden, wenn das Geld knapp wird.
Leider sei mit der Unvernunft der Menschen zu rechnen, so Veiel, auch deswegen bräuchte es eine gesetzliche Regelung, die die Kastration vorgibt.
Stadt verschärft Katzenverordnung ab Oktober Freilaufende Katzen müssen in Mannheim künftig kastriert werden
Die Stadt Mannheim will gegen eine unkontrollierte Vermehrung von Katzen vorgehen. Katzenhalter müssen nachweisen, dass ihre freilaufenden Tiere kastriert sind.
Erfahrungen in Karlsruhe
Die Stadt Stuttgart möchte zusätzlich zu ihrer Analyse über Katzenleid in der Stadt andere Städte, die schon eine Katzenschutzverordnung haben, befragen. Nachfragen kann Stuttgart beispielsweise in Mannheim oder in Karlsruhe. In Karlsruhe gilt seit Jahresanfang eine Kastrationspflicht. Ilona Braun vom dortigen Tierschutzverein engagiert sich für Katzen. Derzeit hätten sie so viele Katzen in Obhut, dass man auf der Website einen Aufnahmestopp verkünden musste.
Also immer noch zu viele Katzen trotz Kastrationspflicht, denn diese könne freilich jetzt noch nicht ihre volle Wirkung entfalten. Aber: "Seit es die Pflicht gibt, können wir Katzen ohne auffindbaren Besitzer nach zwei Tagen kastrieren", erzählt Braun. Das ändere langfristig spürbar etwas an der Anzahl der Katzen. Noch wüssten viele in Karlsruhe nicht von der Pflicht. Aber schon jetzt sei es in Karlsruhe besser als im benachbarten Pforzheim, wo man nach wie vor für eine Katzenschutzverordnung kämpfe.
Wirkung der Karlsruher Verordnung kann noch nicht benannt werden
Um die Wirkung der Katzenschutzverordnung in Karlsruhe einschätzen zu können, sei es noch zu früh, antwortet die Stadt Karlsruhe auf SWR-Anfrage. "Seit Inkrafttreten gab es vor allem Meldungen aus der Bürgerschaft zu nicht kastrierten, freilaufenden Katzen an das Veterinäramt", heißt es. Die jeweiligen Tierhalter und -halterinnen seien dann ermittelt und kontaktiert worden. Habe ein Verstoß gegen die Verordnung bestanden, so wurde dieser protokolliert und die Tierhaltenden seien aufgefordert worden, ihre Katze kastrieren, kennzeichnen und registrieren zu lassen. Bisher sei das in allen Fällen erfolgt, eine schriftliche Anordnung sei daher nicht notwendig geworden. Zahlen über diese Fälle gibt es momentan nicht.