Unter Wasser stehende Wohnungen, Rückhaltebecken, die nicht ausreichen und kontrollierte Flutungen - so war die Hochwassersituation in der Region Stuttgart am Wochenende.
Der viele Regen hat am Wochenende in den Kreisen der Region Stuttgart zu überschwemmten Straßen, vollgelaufenen Kellern und Dauereinsätzen der Feuerwehr geführt. Besonders betroffen war der Landkreis Göppingen. Kreisbrandmeister Michael Reick berichtete von insgesamt 390 Stellen, an denen bis Sonntagnachmittag Hilfe benötigt wurde. Mehr als 1.300 Helfende waren seit Freitag im Kreisgebiet unterwegs. An vier Stationen wurden rund 40.000 Sandsäcke befüllt. Dazu kamen 8.000 Sandsäcke, die der Kreis Ludwigsburg zur Verfügung gestellt hatte.
50 Anwohner in Uhingen (Kreis Göppingen) mussten ihre Häuser verlassen
In Uhingen (Kreis Göppingen) wurden am Samstag 50 Menschen, die in der Nähe der Fils wohnen, aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen. Sie wurden an anderen Orten untergebracht. Sieben haben die Nacht in einer Veranstaltungshalle verbracht und wurden dabei vom Malteser Hilfsdienst betreut.
Die Zuflüsse der Fils blieben seit Freitag wegen des ständigen Regens dauerhaft hoch. Expertinnen und Experten des Kreises Göppingen sagten, dass es von Freitag bis Sonntag im östlichen Landkreis bis zu 150 Millimeter pro Quadratmeter Niederschlag gegeben habe. Das führte am Pegel Salach fast zu einem sogenannten 100-jährlichen Hochwasser-Ereignis, in anderen Bereichen zu einem 50-jährlichen Hochwasser-Ereignis. Am Sonntag sind die Pegelstände wieder gesunken, die Einsatzkräfte bleiben aber weiterhin in "erhöhter Alarmbereitschaft".
In Donzdorf (Kreis Göppingen) reichte am Sonntagabend das Hochwasserrückhaltebecken nicht mehr aus. Durch den Starkregen kam der Notfallüberlauf zum Einsatz. Dabei handelt es sich um einen Schacht, der das Wasser wieder in den Bach leitet. Da für die Nacht auf Montag eine weitere Front Starkregen angekündigt war, hat die Freiwillige Feuerwehr die Ortsdurchfahrt gesperrt.
Trinkwasser in Wiesensteig muss abgekocht werden
In Wiesensteig (Kreis Göppingen) war am Samstag Regenwasser in ein Wasserwerk eingedrungen. Dadurch können Keime in das Trinkwasser gelangt sein. Anwohnerinnen und Anwohner müssen hier ihr Trinkwasser mindestens drei Minuten abkochen. Frühestens am Montag werden nach Angaben des Kreises Ergebnisse von Proben vorliegen, die Aufschluss über die mögliche Belastung des Wassers geben.
Mehrere Hochwasser-Einsätze in Stuttgart
Auch die Stuttgarter Feuerwehr ist seit dem Sonntagmorgen verstärkt im Einsatz, wie ein Sprecher dem SWR sagte. In Bad Cannstatt hat die Feuerwehr Keller, Tiefgaragen und Aufzugsschächte ausgepumpt und gemeinsam mit dem THW Steganlagen von Passagierschiffen auf dem Neckar gesichert. Auch in Mühlhausen gab es einen größeren Einsatz in einem Geschäftsgebäude. In Stuttgart Mitte hat es den Angaben nach kleinere Wasserschäden und auf einer Hauptverkehrsstraße einen umgestürzten Baum gegeben.
Am Sonntagnachmittag zog ein Starkregen über Stuttgart und sorgte für weitere 50 Einsatzorte. Einer der Einsatz-Schwerpunkte war im Stadtteil Plieningen. Dort überflutete das Wasser die Endhaltestelle einer Stadtbahnlinie. Die Freiwillige Feuerwehr war mehrere Stunden im Einsatz, da das Wasser auch in eine Tiefgarage und mehrere Keller eingedrungen war, so ein Sprecher gegenüber dem SWR. Im Süden von Stuttgart gab es außerdem einen Erdrutsch hinter Gebäuden. Nach einer ersten Einschätzung kam es zu keinen Schäden an den Gebäuden und auch Personen wurden nicht verletzt.
Hochwasser in Ludwigsburg: Straßen gesperrt
Am Sonntagnachmittag mussten im Landkreis Ludwigsburg in vielen Orten Straßen gesperrt werden. Nach Angaben der Polizei sind vor allem Löchgau, Hohenhaslach, Walheim, Freudental, Sachsenheim und Besigheim betroffen. Nachdem es am Nachmittag erneut stark geregnet hat, kam es zu einem Hangrutsch zwischen Besigheim und Walheim. Die Bahnstrecke musste kurzzeitig gesperrt werden. Nach einer Inspektion eines Notfallmanagers der Deutschen Bahn, konnte ein Gleis wieder freigegeben werden. Der Zugbetrieb wurde wieder aufgenommen. Es müsse aber noch mit Verspätungen gerechnet werden.
Schon seit dem Vormittag sei die Lage angespannt gewesen. Rund um den Neckar waren bereits einige Straßen gesperrt, wie etwa in Benningen am Neckar. Vom Hochwasser seien einige Müllcontainer im Neckar mitgespült worden, um die sich die Wasserschutzpolizei kümmern würde. Die Schifffahrt auf dem Neckar wurde bereits vorher eingestellt. Wegen des hohen Pegels würden die Schiffe nicht mehr unter den Brücken durchfahren können.
In Walheim waren am Wochenende mehr als 100 Helferinnen und Helfer im Einsatz. 80 Gebäude waren dort vom Hochwasser betroffen, die Freiwillige Feuerwehr pumpte die Keller aus. Eine Ende sei nicht in Sicht, so die Feuerwehr Walheim am Sonntagabend.
Das war der Liveticker zu den Überflutungen in Baden-Württemberg Hochwasser in BW: ++ Pegelstände sinken ++ Fäkalien fließen auf Spielplatz ++ Frau aus Baum gerettet ++
In den meisten Hochwasser-Gebieten in Baden-Württemberg entspannt sich die Situation mehr und mehr. In vielen Orten laufen die Aufräumarbeiten. Hier alles Wichtige im Rückblick.
Hochwasser-Lage im Rems-Murr-Kreis
Eine Sprecherin des Rems-Murr-Kreises sprach am Sonntag von einer "außergewöhnlichen Lage". Gerade im Ort Winterbach werde ein weiterer Anstieg der Rems erwartet. Um mehrere Hochwasserrückhaltebecken hier zu entlasten, wurde das Wasser kontrolliert auf Renaturierungsflächen abgelassen. Der Kreis bittet Anwohnerinnen und Anwohner diese nicht zu betreten. Um das Wasser aus dem Ortskern fernzuhalten wurde auch die Brücke in der Ortsmitte von Winterbach kontrolliert geflutet.
Keller in Nürtingen (Kreis Esslingen) stehen unter Wasser
Im Landkreis Esslingen war laut Polizei die Stadt Nürtingen am Sonntag am stärksten von Hochwasser betroffen. Zahlreiche Keller seien vollgelaufen. Seit dem Sonntagmorgen ist in Nürtingen zudem die Hauptverkehrsader B313 teilweise gesperrt. In Oberbohingen (Kreis Esslingen) mussten nach einem Hangrutsch in einem Wohngebiet zwei Familien ihre Häuser verlassen. Verletzt wurde niemand. Die Polizei kann derzeit nicht sagen, ob ein Sachschaden entstanden ist.
Trinkwasser abkochen auch im Rems-Murr-Kreis
Im Rems-Murr-Kreis wurde ein Führungsstab der Feuerwehr vorsorglich eingerichtet. In mehreren Teilorten der Ortschaften Alfdorf und Kaisersbach (alle Rems-Murr-Kreis) muss wegen einer Verunreinigung durch Regenwasser ab sofort das Trinkwasser abgekocht werden. Entsprechende Warnungen kamen am späten Samstagabend auch über die Warn-App Nina. Wie in Teilen des Kreises Göppingen soll das Wasser auch hier drei Minuten abgekocht werden.
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