Das Deutschlandticket wird ab 2025 wohl teurer. Was bedeutet das für den Verkehrsverbund und die Kundinnen und Kunden des öffentlichen Nahverkehrs in der Region Stuttgart?
Seit Montag ist klar: Das Deutschlandticket wird ab 2025 vermutlich teurer. Das haben die Verkehrsministerinnen und -minister bei einer Sondersitzung besprochen. Wie viel das Abo für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) dann kosten soll, ist derzeit noch unklar. Bisher liegt der Preis bei 49 Euro im Monat. Thomas Hachenberger, Geschäftsführer des Verkehrs- und Tarifverbundes Stuttgart (VVS), befürchtet, dass Gelegenheits-Kundinnen und Kunden dann wieder abspringen könnten.
Hachenberger sagte dem SWR:
VVS-Geschäftsführer: 2024 keine Tariferhöhung mehr
Bei all dem Streit um die Finanzierung des Deutschlandtickets sei zunächst gut, wenn Bund und Länder sich treffen und die Herausforderung angehen: "Es geht nur zusammen", so Hachenberger. Denn ohne Zuschüsse von Bund und Land könne so ein günstiges Ticket nicht aufrechterhalten werden. Positiv sei zudem: Kanzler Olaf Scholz (SPD) habe schon gesagt, die Übertragung der Restmittel aus 2023 nach 2024 und 2025 wird erfolgen. Und das wiederum bedeute: "2024 gibt es keine Preisänderung mehr." Die letzte Tariferhöhung beim VVS gab es zu September 2023.
Das gibt jetzt zumindest für den Rest des Jahres noch eine gewisse Planungssicherheit, aber dann? Im Raum steht eine Einsparung von 350 Millionen Euro. Hachenberger ist überzeugt, dass es eine Tarifanpassung im kommenden Jahr geben wird. Und da sei es ganz wichtig, dass man die zielgenau macht. "Da hat die Politik eine hohe Verantwortung. Wir stehen da eher ein bisschen daneben", so Hachenberger.
Hachenberger: Höhere Preise problematisch für Umsteiger
"Wir haben viele, viele Umsteiger aus dem Gelegenheitsverkehr, die immer sehr preissensibel sind. Die werden sicherlich Probleme haben, wenn das noch mal mehr als 10 Euro pro Monat mehr sein werden." Die große Masse beim Deutschlandticket sei aber die Zahl der Pendler. "Und die sind viel höhere Ticketpreise gewohnt gewesen, da rechnen wir nicht mit einem Einbruch."
Könnte sich das Angebot verschmälern? Da macht sich Hachenberger für Baden-Württemberg nicht so viele Sorgen. Zwar wird dann in 2025 gekürzt, aber laut seiner Kenntnis sollen die Mittel in 2026 wieder nachgezahlt werden. Das sei wichtig für die Länder, um liquide zu bleiben, denn die Regionalisierungsmittel kommen ja den Ländern zugute für die Finanzierung des regionalen Schienenverkehrs und nicht direkt den Verbünden.
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Kunden nicht verprellen: Das Angebot im ÖPNV sollte verlässlich bleiben
Die Preisanpassungen müssten sinnvoll sein. Das hänge jetzt aber auch "von der weiteren Kaufentwicklung ab. Und die Kaufentwicklung hängt davon ab, dass die Fahrgäste Vertrauen haben, dass das Angebot weiter bestehen bleibt", sagt Hachenberger.
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Allerdings bräuchten die Verkehrsverbünde dann auch ein paar Monate Zeit für all die Anpassungen bei den Vertriebsmaßnahmen, also die Umstellungen bei Automaten und Abos und so weiter, mahnt Hachenberger, der außerdem auch Sprecher aller 19 Verkehrsverbünde in Baden-Württemberg ist. Ihm sei es auch ein persönliches Anliegen, das Deutschlandticket im VVS fest zu verankern. Das will er in diesem Jahr unbedingt noch erreichen, bevor er Ende 2024 in den Ruhestand geht.
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Deutschlandticket für den VVS ein Erfolg
Das Deutschlandticket sei im VVS ein riesiger Erfolg. Laut Hachenberger gibt es 550.000 Abos. "Das ist ein Riesenzuwachs an Leuten, die sich da länger binden." Tagestickets und Einzeltickets würden nur noch weniger als 20 Prozent aller Fahrten im Verbund ausmachen. In diesem Bereich kann der VVS den Preis noch selbst bestimmen. "Aber wenn ich halt nicht weiß, ob die Zeitkarte jetzt auf 59 oder auf 69 Euro gehen wird, weil eben nur drei Milliarden zur Verfügung stehen, dann ist es schwierig mit einer Strategie", so Hachenberger.
Macht man dann das Restsortiment ein bisschen billiger, um die Leute da rein zu locken, oder macht man das teuer, weil es eben ein so günstiges Deutschlandticket gibt? - Das sei die Frage. Zusätzlich "kämpfen wir mit hohen Kosten und Kostensteigerungen aufgrund der Inflation". Längerfristig sollten in der Diskussion aber auch die Subventionen für Dienstfahrzeuge und Diesel berücksichtigt werden, findet Hachenberger. "Wir bringen das als Branche auch immer wieder ein, dass der Autofahrer an vielen Stellen subventioniert wird. Wenn man wirklich eine Verkehrswende will, müsste man diese Tatbestände tatsächlich mal angehen."
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