Nach den eskalierten Protesten beim geplanten Politischen Aschermittwoch der Grünen in Biberach wurde im Landtag hitzig debattiert. Kritik an der Polizei wies der Innenminister zurück.
Eine Woche nach den eskalierten Protesten in Biberach hat sich der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) gegen scharfe Kritik am Polizeieinsatz verteidigt. Außerdem kündigte er erste Konsequenzen an. So sollen Versammlungen von Parteien und auch von Landwirten künftig von mehr Polizisten begleitet werden als bislang. Dabei sollten vor allem Veranstaltungen zu den anstehenden Kommunal- und Europawahlen eine Rolle spielen, sagte Strobl im Innenausschuss des Landtags.
Während Redner und Rednerinnen von SPD, FDP und Grünen die Verantwortung für Planung und Einsatz bei Strobl sahen, wies der Minister seinerseits Vorwürfe gegen sich und die Polizei zurück. "Ich kann nicht erkennen, dass die Einsatzplanung des Polizeipräsidiums in irgendeiner Weise zu kritisieren ist", sagte Strobl am Mittwoch. "Ich stehe voll hinter dieser Planung."
Die Grünen hatten ihre Veranstaltung am vergangenen Mittwoch in Biberach kurzfristig wegen Sicherheitsbedenken abgesagt, nachdem eine Demonstration aus dem Ruder gelaufen war. Unter anderem hatten Landwirte einen Misthaufen vor die Treppen zur Stadthalle gekippt und Straßen mit Pflastersteinen und Sandsäcken blockiert. Auch die Scheibe eines Begleitfahrzeugs von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) ging zu Bruch. Dies sei "definitiv und nachgewiesenermaßen nicht durch einen Polizeibeamten" verursacht worden, betonte der Ulmer Polizeipräsident Bernhard Weber im Ausschuss.
So schätzt Henning Otte von der SWR Redaktion Landespolitik die Debatte im Landtag ein:
Hunderte versuchten in Biberacher Stadthalle zu gelangen
Es habe vor der Veranstaltung keine Erkenntnisse gegeben, die auf einen unfriedlichen Verlauf hätten schließen lassen, sagte der Strobl. Dennoch habe die Polizei wegen der jüngsten landesweiten Proteste von Landwirtinnen und Landwirten zunächst mit 90 Beamtinnen und Beamten geplant. Das seien etwa zehnmal so viele gewesen wie an diesem Tag für alle anderen Aschermittwochsveranstaltungen insgesamt eingeplant worden seien. "Die Polizei war ausreichend vorbereitet", sagte Strobl.
Nach Angaben des Innenministers versuchten am Morgen vor der Veranstaltung gegen 8:45 Uhr zunächst rund 700 Menschen, unkontrolliert in die Biberacher Stadthalle zu gelangen. Das sei von der Polizei verhindert worden, sagte Strobl. Er betonte allerdings auch, die Entscheidung zur Absage sei durch den Veranstalter getroffen worden. "Die Veranstaltung hätte aus der Sicht der Polizei mit den vorhandenen Möglichkeiten durchgeführt werden können", sagte der Innenminister.
Aufarbeitung der Ereignisse am Politischen Aschermittwoch War Polizei auf Proteste in Biberach gut genug vorbereitet?
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Rund 200 Polizeibeamte im Einsatz
Insgesamt waren laut Strobl am Ende bis zu rund 200 Polizeibeamte in Biberach im Einsatz, um die Proteste abzuwehren. Der Innenminister sprach von einer "neuen Qualität der Aggressivität" durch die Protestierenden. Es seien auch Teilnehmer festgestellt worden, die der "Reichsbürger"- und der "Querdenker"-Szene zugeordnet würden. Nach den Krawallen wurden nach Angaben des Innenministeriums bislang mehr als ein Dutzend Ermittlungsverfahren gegen mutmaßliche Beteiligte eingeleitet.
Aus Sicht der Landtagsopposition war die Einsatzvorbereitung allerdings nicht ausreichend - und die Verantwortung für die Absage sehen die Parteien vor allem bei Strobl. "Diejenigen, die verhindern wollten, dass es zu dieser Versammlung kommt, haben dieses Ziel erreicht und Sie haben sie nicht daran gehindert", sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sascha Binder. Könne eine demokratische Partei eine Versammlung nicht so abhalten, wie sie es wolle, dann sei das nicht das Problem der Partei, sondern des Innenministers.
Kritik kam indes nicht nur von der SPD. Die innenpolitische Sprecherin der FDP, Julia Goll, warf Strobl eine "reflexhafte Abwehrhaltung" vor. "Ich habe den Eindruck, wir kommen damit nicht weiter." Für die Grünen kritisierte deren Innen-Experte Oliver Hildenbrand, die Zahl der Polizisten sei vor dem Einsatz zu gering geschätzt und dann im Laufe des Vormittags zu langsam aufgestockt worden.
Dem widersprach neben Strobl auch der Polizeipräsident Bernhard Weber. Es seien zunächst Beamte der umliegenden Polizeireviere gerufen worden, die schnell verfügbar gewesen seien. Bereits um 8 Uhr sei weitere Verstärkung am Ort gewesen, weitere sei gefolgt. "Die Leute müssen informiert werden, aufrüsten und anfahren. Das geht nicht so schnell", sagte Weber.
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