Ein Beschluss im Bundestag hat die Regeln zur Vergabe der deutschen Staatsangehörigkeit geändert. Das hat auch Auswirkungen auf eine belarussische Familie aus der Region Stuttgart.
Der Bundestag hat am Freitag einer Reform des sogenannten Staatsangehörigkeitsrechts zugestimmt. Der Beschluss soll Einbürgerungen vereinfachen und doppelte Staatsbürgerschaften grundsätzlich ermöglichen. Ausländer sollen sich künftig schon nach fünf statt acht Jahren in Deutschland um einen deutschen Pass bewerben dürfen, bei "besonderen Integrationsleistungen" soll eine Einbürgerung nach drei Jahren möglich sein.
Familie kämpft seit zwei Jahren um deutsche Staatsbürgerschaft
Das hat auch Auswirkungen auf Anna Bakinovskaia. Die Belarussin lebt mit ihrem Mann in der Region Stuttgart. Die deutsche Staatsbürgerschaft sei ihnen wichtig, betont die 43-Jährige, "weil wir hier seit mehr als zehn Jahren leben, weil unsere Kinder hier geboren sind". Bakinovskaia arbeitet in der Stuttgarter Kulturszene. Ihr Mann ist Arzt, wurde von Deutschland als Fachkraft angeworben. Seit zwei Jahren will das Paar die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen, doch das ist gar nicht so einfach.
Ausbürgerungen sind oft auch mit Risiken verbunden
Um die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen, hätte die Familie ihre belarussische Staatsangehörigkeit aufgeben müssen. Dafür hätte die Familie in ihr Herkunftsland fahren müssen. So will es ein Gesetz von Machthaber Aleksander Lukaschenko. Für Anna Bakinovskaia, die in der belarussischen Opposition aktiv ist, hätte dies eine große Gefahr bedeutet. Also geriet das Einbürgerungsverfahren der Familie in Deutschland ins Stocken. Das neue Gesetz der Ampelregierung bedeutet jetzt eine große Erleichterung für Menschen wie sie.
Doppelte Staatsbürgerschaft in BW häufig anerkannt
Die doppelte Staatsbürgerschaft wäre für Anna Bakinovskaia und ihre Familie auch vor der jetzt beschlossenen Reform eine mögliche Lösung gewesen. Denn in den letzten Jahren wurde bei einer deutlichen Mehrheit der Doppelpass hingenommen, so das Statistische Landesamt Baden-Württemberg. Im Jahr 2022 haben 71 Prozent der Eingebürgerten ihre bisherige Staatsangehörigkeit beibehalten. Damit blieb der Südwesten unter dem Bundesdurchschnitt von gut 74 Prozent. Von den insgesamt 21.000 Einbürgerungen im Land behielten fast 15.000 Eingewanderte, neben dem deutschen, auch den Pass ihres Herkunftslandes.
Auch Deutsche im Ausland profitieren von der Reform
Während Anna Bakinovskaia in Stuttgart mit dem reformierten Staatsangehörigkeitsgesetz auf eine Beschleunigung ihrer Einbürgerung hofft, will die 23-jährige Deutsche Kizziz Huber, die argentinische Staatsbürgerschaft beantragen. Sie lebt seit über 20 Jahren im südamerikanischen Land, mit ihrer Schwester und Mutter, einer Entwicklungshelferin. "Ich fühle, dass mein Zuhause hier in Argentinien ist", sagt Kizziz Huber.
Deutscher Pass bietet Sicherheit
Lange Zeit kam die Einbürgerung in Argentinien für sie aber nicht in Frage. Kizziz hätte dafür die deutsche Staatsangehörigkeit aufgeben müssen. Der deutsche Pass aber biete der Familie Sicherheit. Stabilität sei in Argentinien nicht gegeben. Jetzt nach der Reform, wo sie beide Staatsangehörigkeiten gleichzeitig besitzen darf, will Kizziz die argentinische Staatsbürgerschaft beantragen.
Unterschiede bei der Einbürgerung
Bei der Mehrstaatigkeit gibt es je nach Herkunftsland erhebliche Unterschiede. So mussten mehr als 90 Prozent der Eingebürgerten aus der Türkei in den letzten Jahren ihre frühere Staatsangehörigkeit aufgeben, während Eingebürgerte aus der EU, aus dem Iran oder aus Syrien ihre bisherige Staatsbürgerschaft behalten konnten, so das Statistische Landesamt Baden-Württemberg.