Ende April war die Grippesaison eigentlich vorbei. Die Techniker Krankenkasse in Baden-Württemberg verzeichnet aber weiter rekordverdächtig viele Fehltage wegen Atemwegserkrankungen.
Husten, Schnupfen, drückende Kopf- und lähmende Gliederschmerzen: Erkältet sein ist nie angenehm, aber im Sommer erst recht nicht. Laut Daten der Techniker Krankenkasse (TK) in Baden-Württemberg waren jedoch Zehntausende im Land genau jetzt zur warmen Jahreszeit an Erkältung, Grippe oder anderen Atemwegsinfektionen erkrankt - durchaus mehr als sonst üblich im Sommer.
Hoher Krankenstand - Krankenkasse spricht von "Sommerwelle"
Die eigentliche Grippesaison sei immer gegen Ende April vorbei. Und Grippe oder Erkältungen im Sommer seien zwar schon normal, so die TK. Aus den Daten zu den Fehlzeiten beim Job gehe jedoch hervor, dass es in diesem Sommer signifikant mehr solcher Erkrankungen gebe. "Die aktuellen Junizahlen zeigen, dass der Krankenstand aufgrund von Erkältungsdiagnosen gegenüber Mai sogar wieder etwas ansteigt", sagt Nadia Mussa, Leiterin der TK-Landesvertretung Baden-Württemberg. Das spräche für eine Sommerwelle, die so im letzten Jahr nicht zu beobachten gewesen sei. Insgesamt waren demnach in diesem Jahr seither für jeden vierten der rekordverdächtig vielen Fehltage seit Januar Infektionen der Atemwege verantwortlich.
Erkältungen: Höhere Ansteckungsgefahr durch Massen-Events?
Über die Gründe lässt sich aus Sicht der TK nur spekulieren. "Die Ansteckungsgefahr ist grundsätzlich erhöht, wo viele Menschen auf engem Raum zusammenkommen", so Mussa. Für die Fußball-Europameisterschaft mit ihren Public Viewings gelte das ebenso wie zum Beispiel für Open-Air-Konzerte. Hinzu kommt, dass es neben warmen Abschnitten im Juni in Baden-Württemberg immer wieder auch kühlere Phasen mit viel Regen gab. Das begünstigt nach den Erfahrungen von Virologinnen und Virologen die Verbreitung von Erregern.
TK: Durchschnittlich 7,9 Fehltage zwischen Januar und Juni
Laut Statistik fehlten bei der TK versicherte Beschäftige aus Baden-Württemberg zwischen Januar und Juni im Schnitt 2,1 Tage wegen Husten, Schnupfen oder Grippe. Bundesweit lag der Schnitt bei 2,3 Tagen. Insgesamt erreichten die Fehltage einen Höchststand: Im Schnitt fehlten die bei der TK versicherten Erwerbstätigen 7,9 Tage, das ist sogar länger als beim bisherigen Rekord der ersten sechs Monate des vergangenen Jahres von 7,75 Tagen. Zum Vergleich: Vor der Corona-Pandemie fehlten Versicherte im ersten Halbjahr 2019 durchschnittlich 6,5 Tage. 2022 gab es allerdings auch schon einen Rekord. Die Zahlen stammen aus den Auswertungen zum TK-Gesundheitsreport. Grundlage dafür sind die rund 5,7 Millionen bei der TK versicherten Erwerbstätigen. Davon wohnen mehr als 600.000 in Baden-Württemberg.
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Personalmangel im Gesundheitswesen verschärft das Problem
Der anhaltende Personalmangel im Gesundheitswesen ist ein weiteres Problem bei der jetzigen Lage. Denn in vielen Landstrichen, aber auch in den Städten, gebe es immer weniger Praxen, warnen Experten schon seit langem. Das heißt: Die Praxen, die es noch gibt, haben hohen Zulauf. Und manch einer gehe mit seiner Erkältung dann in die Notaufnahme eines Krankenhauses, vor allem am Wochenende und zu Randzeiten, oder in die Notfallfallpraxis.
Bereits im Mai klagte die Notfallpraxis in Stuttgart beispielsweise über überdurchschnittlich viele Patientinnen und Patienten. Gerade im HNO-Bereich (Hals, Nasen, Ohren) seien anderswo Schließungen erfolgt, sodass die Stuttgarter Notfallpraxis die ganze Region und Patienten darüber hinaus versorge, hieß es. Hinzu komme der eigene Personalmangel. Die eigenen Mitarbeitenden sind entweder überlastet oder selbst krank. Eine Besserung der Situation sehen die Ärztinnen vor Ort nicht wirklich, sie wünschen sich mehr Wahrnehmung und Änderungen von der Politik.
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