In einigen Landkreisen in Baden-Württemberg gibt es keine Möglichkeit, eine Schwangerschaft abzubrechen. Das führt laut Pro Familia zu zusätzlicher Belastung für die Betroffenen.
Ein Schwangerschaftsabbruch in den ersten zwölf Wochen ist nach Angaben von Pro Familia in 11 der 44 baden-württembergischen Landkreise nicht möglich. Das kritisiert Gudrun Christ, Landesgeschäftsführerin von Pro Familia, und bezieht sich auf Daten aus dem vergangenen November. In Ravensburg werde diese Möglichkeit den Frauen ebenso verwehrt wie in den Landkreisen Biberach und Heidenheim, im Main-Tauber-Kreis und im Hohenlohekreis.
Baden-Württemberg hinkt auch im bundesweiten Vergleich
Laut der Studie "Erfahrungen und Lebenslagen ungewollt Schwangerer" (ELSA) steht Baden-Württemberg auch im bundesweiten Vergleich beim Angebot für Schwangerschaftsabbrüche schlecht da. "In 85 von 400 Landkreisen werden nicht die Kriterien für eine angemessene Erreichbarkeit erfüllt", schrieb der Forschungsverbund ELSA im April über die Lage in Deutschland. Als angemessene Erreichbarkeit definieren die Forschenden 40 Minuten Fahrtzeit mit dem Auto.
Von den 85 Landkreisen, die laut Studie die Kriterien nicht erreichen, liegen acht in Baden-Württemberg. Ähnlich schwierig sieht es demnach in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen aus. Noch deutlich schlechter steht Bayern da. Zum Forschungsverbund gehören unter anderem die Universität Ulm sowie das Sozialwissenschaftliche Forschungsinstitut zu Geschlechterfragen Freiburg. Der Abschlussbericht der Studie soll Ende Oktober beim Bundesministerium für Gesundheit eingereicht werden und nach Prüfung des Ministeriums öffentlich zugänglich sein.
Untersuchung von sechs Hochschulen ELSA-Studie: Versorgung mit Abtreibungspraxen in BW vergleichsweise gering
Ungewollt schwangere Frauen müssen in BW oft einen weiten Weg zu einer Praxis für Schwangerschaftsabbrüche zurücklegen: Das Angebot ist im Bundesvergleich dünn gesät.
Lange Fahrten zu Abtreibungskliniken belasten zusätzlich
Aus Sicht von Gudrun Christ von Pro Familia seien lange Fahrten für Frauen, die sich ohnehin in einer Stresssituation befinden, zusätzlich belastend. Schwangerschaftsabbrüche seien immer noch ein Tabu. "Für viele ist es ja schon so, dass sie da nicht so sehr drüber sprechen, dass sie einen Abbruch haben", sagte Christ. Mehr als die Hälfte der Frauen habe auch schon Kinder. "Das heißt, das muss alles auch organisiert werden. Die Kinder müssen dann da untergebracht sein und dann muss man möglicherweise ein Auto organisieren, weil es mit Öffentlichen schwierig ist."
In Baden-Württemberg wurden 2023 nach Angaben des Statistischen Landesamtes insgesamt 10.531 Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen - davon 9.923 nach der Beratungsregelung im ersten Trimester. Nach der Regelung bleibt ein Schwangerschaftsabbruch in den ersten zwölf Wochen straffrei, wenn die Frau sich zuvor beraten lässt.