Bei einem Herzstillstand zählt jede Minute. Daher gibt es Apps für Ersthelfer, die noch vor dem Rettungsdienst da sein können. Immer mehr Kommunen in BW wollen sie einsetzen.
Rettungsdienste brauchen oft zehn Minuten oder länger, bis sie bei einem Notfall eintreffen. Bei einem Schlaganfall oder Herzinfarkt kann jede Minute entscheidend sein. Daher sollen per Smartphone-App alarmierte Ersthelfer Leben retten helfen, bis der Rettungsdienst vor Ort ist. Im Jahr 2022 wurden fast 7.800 ehrenamtliche Ersthelfer auf diesem Wege benachrichtigt. Das teilte das baden-württembergische Innenministerium mit.
Vor zwei Jahren gab es insgesamt 3.250 Fälle, in denen die Integrierten Leitstellen Ersthelfer per App zu einem Notfall lotsten. Das geht aus einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der FDP im Landtag hervor. Damals liefen die Projekte erst nach und nach an. Vorreiter war die Stadt Freiburg - dort startete im Jahr 2017 ein Pilotprojekt. In der Region Hochschwarzwald gab es 2022 mit knapp 2.000 die meisten Alarmierungen.
Mehr Geld für flächendeckenden Ausbau gefordert
Die FDP fordert mehr Geld von der Landesregierung, um das neuartige Alarmierungssystem auszubauen. Über die App kann der nächstgelegene registrierte Ersthelfer lokalisiert und zum Einsatzort navigiert werden. Vor Ort geht es vor allem darum, eine Herzdruckmassage zu leisten, einen Defibrillator einzusetzen und den Rettungsdienst einzuweisen. Dem Ministerium zufolge sinken die Chancen einer erfolgreichen Herz-Lungen-Wiederbelebung ohne eine sofortige Laien-Reanimationen erheblich.
Die Apps ermöglichen laut FDP, dass Retter in der Hälfte der gesetzlichen Hilfsfrist vor Ort sind, also im Durchschnitt nach fünf bis sieben Minuten. Die Hilfsfristen betragen aktuell laut Vorgaben des Landes noch "möglichst nicht mehr als 10, höchstens 15 Minuten". Baden-Württemberg wollte die Frist auf zwölf Minuten in 95 Prozent der Fälle festlegen, ist damit aber vor Gericht gescheitert.
4.500 registrierte Ersthelfer
Mittlerweile sind rund 4.500 Menschen in Baden-Württemberg als App-Ersthelfer registriert, 1.200 mehr als im Jahr zuvor. Dafür braucht man eine Mindestqualifikation. In Frage kommen ausgebildetes hauptamtliches oder ehrenamtliches Personal im Rettungs- oder Sanitätsdienst von Hilfsorganisationen, Klinikbeschäftigte mit medizinischer Ausbildung und Reanimationstraining sowie Angehörige der Feuerwehr. Mit den Ersthelfer-Apps konnten schon mehrfach Leben gerettet werden, wie in einem Fall in Heilbronn als ein Mann neben seinem Auto zusammengebrochen war. Eine registrierte Ersthelferin wohnte nur 50 Meter entfernt und versorgte den Mann bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes mit einer Herz-Druck-Massage.
Für die smartphonebasierte Alarmierung setzt Baden-Württemberg auf drei Systeme: vor allem auf die App "First AED" von der Initiative Region der Lebensretter. Sie ist unter anderem in den Regionen Aalen, Freiburg und Heilbronn im Einsatz. "Mobile Retter" deckt überwiegend den Rettungsdienstbereich Neckar-Odenwald-Kreis ab. Als drittes System gibt es "Corhelp3", das in Göppingen genutzt wird. Andere Kommunen wie Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim und Tübingen wollen laut Ministerium nachziehen. Ziel des Landes sei eine hilfsorganisationsübergreifende, flächendeckende, einheitliche Ersthelfer-Alarmierung per Smartphone.
Baden-Württemberg will kein Geld abzweigen
"Insbesondere dort, wo noch keine solchen Systeme existieren, sollte das Land Anreize schaffen, ohne dabei das bodengebundene Rettungswesen zu vernachlässigen", heißt es aus der FDP. Das Innenministerium will für die ehrenamtlichen Helfer jedoch keine Gelder aus dem Topf für den professionellen Rettungsdienst abzweigen.