In welcher Zeit Rettungskräfte im Land bei einem Notfall am Einsatzort sein sollen, muss neu geregelt werden. Der Verwaltungsgerichtshof BW hat die Regeln zu Hilfsfristen für unwirksam erklärt.
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim (VGH) hat die Regeln des Landes für Fristen, in denen Rettungskräfte am Einsatzort sein müssen, für unwirksam erklärt. Das teilte der VGH am Mittwoch mit. Die genauen Urteilsgründe sollen voraussichtlich erst in mehreren Wochen vorliegen. Anträge, die sich unter anderem gegen den gesamten Rettungsdienstplan richteten, wies der VGH ab. Eine Revision gegen das Urteil beim Bundesverwaltungsgericht ist nicht möglich. Innerhalb eines Monats nach Erhalt des vollständigen Urteils könnten die Beteiligten dagegen jedoch Nichtzulassungsbeschwerde erheben.
Wie schnell müssen Rettungswagen und Notärzte vor Ort sein?
Im Landesrettungsdienstgesetz steht, dass Rettungswagen und Notärzte in möglichst nicht mehr als zehn Minuten und höchstens 15 Minuten vor Ort sein müssen. Seit vergangenem Jahr gilt ein Rettungsdienstplan, der diese gesetzliche Regelung aushebelt: Seitdem müssen Rettungswagen in 12 Minuten vor Ort sein, für Notärztinnen und -ärzte gilt gar keine Frist mehr. Diese Regelung haben die Richterinnen und Richter jetzt für unwirksam erklärt und damit den Klägern recht gegeben. Geklagt hatten 16 Menschen, darunter fünf Notärzte und ein Rettungsassistent sowie sieben Mannheimer Gemeinderäte.
Parlament hätte Änderungen beschließen müssen
In der mündlichen Verhandlung am Freitag in Mannheim hatte das Land herbe Kritik vom VGH geerntet. Der 6. Senat bemängelte, dass in dem Rettungsdienstplan Dinge geregelt worden seien, die eigentlich das Parlament hätte beschließen müssen. Das gelte vor allem für die Hilfsfristen.
Kläger begrüßen das Urteil
Der Vertretungsbevollmächtigte der Kläger, Professor Andreas Pitz von der Hochschule Mannheim und Geschäftsführer der Integrierten Leitstelle für Feuerwehr, Rettungsdienst und Katastrophenschutz Mannheim, begrüßte das Urteil des VGH.
Er sagte, dass mit dem Urteil nun die Regelungen im Landesrettungsdienstgesetz wieder maßgeblich seien und damit eine Hilfsfrist für Rettungswagen von zehn Minuten gelte sowie eine Hilfsfrist von zehn Minuten für Notärzte. Damit benötige man aber aus seiner Sicht auch viel mehr Rettungswagen.
Der Mannheimer Gemeinderat Chris Rihm (Grüne), der auch Rettungsassistent ist und mit gegen den Rettungsdienstplan geklagt hatte, bezeichnete das Urteil des VGH als vollen Erfolg für die Klageseite. Bei der mündlichen Verhandlung vor dem VGH habe es "Ohrfeigen rechts und links für das Land inhaltlicher Art" gegeben. Das Land Baden-Württemberg müsse sich jetzt überlegen, wie es mit dem Urteil umgehe.
Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Notärzte hatte Wegfall der Fristen kritisiert
Die Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Notärzte e.V (agswn) begrüßte die Klarstellung von Seiten des Verwaltungsgerichtshofes, dass eine neue Hilfsfrist durch ein neues Gesetz geregelt werde und dies in einem demokratischen Prozess erfolgen müsse. Die agswn hatte den neuen Rettungsdienstplan in Teilen ebenfalls kritisiert, zum Beispiel, dass darin keine zeitlichen Fristen mehr für Notärztinnen und -ärzte vorgesehen waren. Eine Hilfsfrist von zwölf Minuten hingegen hatte die agswn eher als einen Fortschritt angesehen. In der gelebten Realität hätten Rettungswagen eher 15 als zehn Minuten benötigt, um vor Ort zu sein.
Innenministerium kündigt Gestzesänderung für dieses Jahr an
Das Innenministerium hat eine Gesetzesänderung noch für dieses Jahr angekündigt. Innenstaatssekretär Wilfried Klenk (CDU) sagte gegenüber dem SWR, das neue Gesetz solle noch in diesem Jahr in Kraft treten. In diesem solle eine Hilfsfrist von zwölf Minuten festgelegt werden.