In der derzeitigen Erkältungswelle sind manche Medikamente knapp, vor allem Hustensaft und Antibiotika für Kinder. BW fordert, dass der Bund hilft.
Winterzeit ist Erkältungszeit. Noch mehr Menschen als sonst um diese Zeit haben Grippe, RS, einen grippalen Infekt oder Corona - aber kaum Medikamente. Vor allem für Kinder sind Hustensaft, Fiebermittel oder Antibiotika gerade nicht überall verfügbar. Die Landesapothekerkammer sprach am Montag von einem "besorgniserregenden Versorgungsproblem". Im Schnitt bestehe bei jedem zweiten Rezept, das in einer Apotheke vorgelegt werde, ein Problem mit der Lieferbarkeit.
Auch Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) hatte sich vergangene Woche mit Vertretern der Gesundheitsämter im Land besprochen. Dabei waren sich alle einig, dass die weitere Zuspitzung der Lage in Teilen dramatisch sei.
Gesundheitsministerium bittet Bund um Abhilfe
Die Amtschefin im Landesgesundheitsministerium, Leonie Dirks (Grüne), hat deshalb einen Brief an das Bundesgesundheitsministerium geschrieben. Darin heißt es, der Bund müsse nun umgehend geeignete Abhilfemaßnahmen ergreifen. Der Brief liegt dem SWR vor. Dirks schlägt unter anderem vor, dass Arzneimittel in Deutschland nicht mehr ungleich verteilt werden. Dazu müsse man den Großhändlern gewisse Vorgaben machen, die entsprechend dem regionalen Bedarf eine angemessene Versorgung sicherstellen. Gleichzeitig solle verhindert werden, dass Menschen bestimmte Medikamente horteten.
Ressortchef Lucha hatte eine digitale Austauschplattform zwischen den Apotheken vorgeschlagen. Darüber könnten diese jeweils bei den Kolleginnen und Kollegen nachfragen, ob das gewünschte Medikament vielleicht bei ihnen vorrätig sei. Einem "Nachbarschafts-Flohmarkt" für Arzneimittel erteilte er eine eindeutige Absage - ebenso wie die Landesapothekenkammer und der Landesapothekerverband. Die äußerten sich beide entsetzt und bezeichneten den Vorschlag, den die Bundesärztekammer ins Spiel gebracht hatte, als fahrlässig und verantwortungslos.
Dürfen Apotheker bald wieder selbst mehr Arzneien mischen?
Dirks schlägt vor, dass Apothekerinnen und Apotheker selbst Arzneimittel nach festen Rezepten herstellen dürfen. Die Abrechnung solle dann möglichst unbürokratisch möglich sein. Weder der verschreibenden Arztpraxis noch der herstellenden Apotheke sollten dadurch Nachteile bei der Vergütung entstehen.
Und schließlich erinnert die Amtschefin daran, dass es auch im Ausland Medikamente gibt. Wenn dadurch kein Mangel im Herkunftsland entstehe, solle es auch möglich sein, dringend benötigte Arzneimittel jenseits der Grenze zu besorgen. Der Paragraph im Arzneimittelgesetz, auf den sie in ihrem Brief verweist, ist überschrieben mit "Ausnahmeermächtigungen für Krisenzeiten". Darin steht unter anderem, dass eine Beschaffung von Medikamenten im Ausland befristet möglich sein kann, wenn ein Versorgungsmangel besteht und klar ist, dass die Qualität der Arzneimittel stimmt, die Anwendung also ein "positives Nutzen-Risiko-Verhältnis" erwarten lässt.
Medikamente für Erwachsene nicht den Kindern geben
Dirks warnt eindringlich davor, Kindern Medikamente zu geben, die für Erwachsene gedacht sind. Entsprechende Empfehlungen seien nicht zielführend, schreibt sie, "da wir darin eine Gefahr von Überdosierungen durch die anwendenden Eltern sehen." Wenn überhaupt, sollte so etwas nur in Einzelfällen und unter fachkundiger Anleitung von Apothekerinnen und Apothekern gemacht werden.