Die Heidelberger Sammlung Prinzhorn beschäftigt sich mit Kunst von Psychiatriepatientinnen und -patienten. Nun zeigt sie erstmals, was Tierdarstellungen über deren Seelenleben erzählen.
"Anima-l" so lautet der Titel der neuen Ausstellung in der Heidelberger Sammlung Prinzhorn. Sie zeigt mehr als 200 Tierdarstellungen, die ausschließlich von Menschen stammen, die zeitweise in einer Psychiatrie untergebracht waren. Die Kunstwerke sind zwischen 1850 und heute entstanden. Es ist das erste Mal, dass sich das Museum des Universitätsklinkums diesem Thema widmet. Manche Bilder waren noch nie öffentlich zu sehen.
Von bedrohlich bis behütend - Tiere spiegeln innere Zustände
Nach Ansicht der Ausstellungsmacher erzählen die Tierdarstellungen etwas über die inneren Zustände der Menschen, die sie angefertigt haben. Bei Psychiatriepatientinnen und -patienten könne es sich dabei um sehr starke Emotionen handeln.
Eine Ziege, deren stechender Blick sehr bedrohlich wirkt, oder eine faustgroße Spinne, die ihr Opfer verspeist; ein Schmetterling, dessen Körper aus einem eng umschlungenen Liebespaar besteht oder ein Pferd, das mit seiner Reiterin zu einem Wesen verschmilzt. Mal ist Bedrohung und Unheimliches auf den Bildern zu entdecken, mal die Sehnsucht nach Geborgenheit und Zugehörigkeit.
Überschriften und ein Booklet geben Interpretationshilfe
Eingeteilt ist die Ausstellung in rund zwanzig unterschiedliche Kapitel, deren Überschriften von zentralen Bildern inspiriert sind und die eine Möglichkeit zeigen, wie man die Darstellungen interpretieren kann. "Untiere, Dämone, Drachen" lautetet eine der Überschriften beispielsweise, andere "Erotische Motive", "Darwinismus" oder "Fantastische Hybridwesen". Aus manchen Bildern lässt siche eine Kritik an der Psychiatrie herauslesen, etwa aus einem Bild, auf dem Vögel im Käfig auf Vögel in Freiheit blicken. Auf anderen Kunstwerke ist auch Komisches zu entdecken, beispielsweise auf einer Zeichnung, auf der U-Boote von Nilpferden durchs Wasser bewegt werden. Außerdem bekommen alle Besucherinnen und Besucher ein Booklet ausgehändigt, das rund 60 Abbildungen zeigt und die dazu passenden Künstlerbiografien enthält. Sie sollen eine Erklärungshilfe liefern, wie es zu der ein oder anderen Darstellung kam.
"Anima-l" schöpft aus dem riesigen Depot des Universitätsmuseums
Die Ausstellung in der Klinik für Allgemeine Psychiatrie des Universitätsklinikum Heidelberg zeigt eine große Vielfalt an künstlerischem Ausdruck, Kunst-Techniken und Kunst-Stilen. Und sie schöpft aus dem riesigen Depot, über das die Prinzhorn-Sammlung inzwischen verfügt. Angelegt wurde sie von 1919 bis 1921 von Hans Prinzhorn, einem Assistenzarzt an der Psychiatrischen Klinik in Heidelberg, der rund 5.000 Kunstwerke zusammentrug. Inzwischen ist die Sammlung auf rund 40.000 Objekte angewachsen. Sie versteht sich als Forschungssammlung und wird vom Universitätsklinikum Heidelberg getragen.
Mit der Tier-Ausstellung "Anima-l" beziehe man sich auf sehr besondere Weise auf das, worum es der Sammlung Prinzhorn gehe, so die Ausstellungskuratorin Ingrid von Beyme. Das englische Wort "animal" kommt nämlich aus dem lateinischen "anima". Und das bedeutet übersetzt: Seele. Und das Seelische und Psychische zugänglich machen, das sei der Auftrag des Universitätsmuseums.
Mehr über die Heidelberger Prinzhorn-Sammlung
Treffpunkt Musik Zu Gast im Studio: Thomas Röske, Direktor der Prinzhorn Sammlung Heidelberg
Am Mikrofon: Michael Rebhahn
Gesellschaft Malerei aus der Psychiatrie – Wie die „Sammlung Prinzhorn“ die Kunst beeinflusst hat
Einst von den Nazis geächtet, ist die Sammlung Prinzhorn heute weltbekannt. Seit 100 Jahren zeigt sie Kunstwerke von psychisch kranken Menschen und ändert unseren Blick auf sie. Von Eberhard Reuß (SWR 2022). | Manuskript und mehr zur Sendung: http://swr.li/malerei-psychatrie | Bei Fragen und Anregungen schreibt uns: wissen@swr2.de | Folgt uns auf Twitter: @swr2wissen
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