Gustav Klimt hat im 18. Jahrhundert das berühmte Bild „Der Kuss“ mit viel Gold und bunten Farben gemalt. Mit Hilfe von Digitaltechnik haben jetzt Ausstellungsmacher in der Alten Lokhalle in Mainz eine Kunst-Show geschaffen, bei der die Zuschauer in die Welt von Gustav Klimt eintauchen können. Ein atemberaubendes Hightech-Spektakel, das keinen Raum für eigene Interpretationen lässt.
Bilder zerlaufen und fließen durch den Raum
Ich befinde mich in einem großen geschlossenen Raum, der von Leinwänden umgeben ist. Den besonderen Kunstgenuss erlebe ich sitzend. Die Zeitgenossen von Klimt erscheinen, dreidimensional mit lebendigen Augen, unter anderem Gustav Mahler, Sigmund Freud und Arthur Schnitzler.
Die Bilder zerlaufen und fließen über die Wände und den Boden. Die ersten Aktzeichnungen von Klimt huschen über die Leinwände. Dazu Lebensdaten, Musik und Erklärungen seiner Kunst.
Alles bewegt sich
Alles wird lebendig, die auf Papier gebannten Frauenakte tanzen und bewegen sich. Die berühmten goldenen Bilder lösen sich in viele kleine glänzende Blättchen auf, die über den kompletten Raum gleiten. Als Zuschauer im Klimtschen Farbrausch komme ich nicht zum Luft holen, es ist geradezu atemberaubend.
Eine gewollte Reaktion, denn die Herausforderung sei es, die Aufmerksamkeit des Publikums zu bekommen, so jedenfalls der Produzent der Show, Nepomuk Schessl. „Dazu müssen wir Menschen auf eine andere Konsumebene bringen. Mal interaktiv, mal passiv, mal aktiv konsumieren. Indem wir immer wieder die Erzählweise wechseln, schaffen wir es, die Aufmerksamkeit länger zu halten.“
Dreidimensionales Farbspiel zieht in den Bann
Das ist gelungen. Im Raum waren alle Zuschauer gebannt und verfolgten das dreidimensionale Farbspiel auf den Leinwänden. Kunst zum schnellen Eintauchen wird hier geboten.
Die herkömmliche Ausstellung mit Bildern an der Wand und kleinen erklärenden Täfelchen an der Seite erlaubt dies nicht in dieser Geschwindigkeit. Doch diese Geschwindigkeit ist auch ein Problem – ein Verweilen bei einem Bild, wie in einer Ausstellung, ist nicht möglich.
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„Echte Kunstliebhaber sind eine Randerscheinung“
Aber: Wenn der Betrachter bis zur letzten Sekunde aufmerksam bleibt, bekommt er ein umfassendes Bild des Malers Gustav Klimt. Rouven Boenisch ist von dem Konzept überzeugt.
„Echte Kunstliebhaber sind in Wahrheit eine Randerscheinung. Ich glaube, dass viele Leute, wenn sie mal die Möglichkeit haben sich mit den Dingen zu beschäftigen, von dieser Art von Kunst sehr berührt sein können“, sagt Boenisch, der Veranstalter der Show. „Es ist für die große Mitte der Gesellschaft.“
Es ist ein Kunstgenuss in sehr komplexer und intensiver Form. Die Freiheit zur eigenen Interpretation der Kunstwerke wird einem bei der Geschwindigkeit genommen. Es ist ein perfektes Hightech-Kunstspektakel, das viele Server rund um die Welt beschäftigt.
Es fehlt der ungestörte Blick aufs Original
Dank des immersiven Klimt-Spektakels bekommen die Besucher einen schnellen Einblick in sein Leben und seine Werke. Bestimmt kommt auch der bereits vorgebildete Klimt-Liebhaber dabei nicht zu kurz.
Trotzdem fehlt mir persönlich im Anschluss ein Raum mit dem freien Blick auf ein Original von Gustav Klimt, um zum tatsächlichen Kunstwerk wieder zurück zu kommen. Nämlich zur Leinwand und Farbe, der man ansieht, dass hier ein Mensch haptisch Kunst geschaffen hat und ganz profan „zwei dimensional“.
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