Um attraktiver für Bewerber zu werden, hat ein Mosbacher Bauunternehmen die Vier-Tage-Woche eingeführt – noch ziemlich unüblich in der baden-württembergischen Baubranche.
Das Mosbacher Bauunternehmen Wirtz hat sich für das Vier-Tage-Modell entschieden, um als Arbeitgeber interessant zu bleiben und zu werden. Denn den Fachkräftemangel haben Rainer und Cornelia Wirtz in den vergangenen Jahren deutlich zu spüren bekommen. Das Unternehmen im Stadtteil Neckarelz (Neckar-Odenwald-Kreis) hatte schon lange Probleme, neue Mitarbeiter zu finden und hat aus der Not eine Tugend gemacht.
Fachkräftemangel macht sich in der Baubranche bemerkbar
Die Beschäftigten in der Branche müssen schwer arbeiten, weite Wege fahren und kommen oft erst freitagabends wieder heim, sagt Unternehmerin Cornelia Wirtz-Schönfeld.
Auch in Bewerbungsgesprächen wurde immer wieder klar: "Die Leute wollen mehr Freizeit", sagt Rainer Wirtz. Daraufhin entwickelte das Geschäftsführer-Ehepaar die Vier-Tage-Woche für das Bau-Unternehmen.
Zehn statt acht Stunden - dafür freitags frei
Vier Tage lang zehn statt acht Stunden arbeiten - aber dafür deutlich mehr Freizeit. Nun wird auf den Baustellen quer durchs Land montags, dienstags, mittwochs und donnerstags gearbeitet. Freitags ist für die Firma Wirtz Ruhe.
Die Firma ist im Straßen- und Tiefbau tätig und hat sich unter anderem auf den Bau von Mastanlagen für Straßenbahn-Oberleitungen spezialisiert. In ganz Deutschland sind die Bautrupps unterwegs. "Unsere Arbeit ist dabei ziemlich wetterunabhängig", sagt Rainer Wirtz.
Der Anfang war aufwändig und mühsam
"Die ersten Planungen, die ganze Organisation, das war erstmal schon kompliziert", erinnert sich Cornelia Wirtz-Schönfeld. Vier Monate probierte die Firma das neue Arbeitszeitmodell aus. Danach gab es unter den 35 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen niemanden, der dagegen war. Dabei hatte es erst durchaus Zweifel gegeben. "Ich war schon skeptisch, ob das so funktioniert, ob am Ende auch die Leistung stimmt", sagt Bauleiterin Melanie Bauer, die draußen vor Ort die Bauarbeiten beaufsichtigt. Nach einem Jahr sind alle Seiten glücklich, sagt Bauer.
Bauers Kollege, Bauleiter Tobias Eisenhut, sagt: "Zehn Stunden Arbeit am Tag sind schon nicht ohne, gerade auf dem Bau". Dennoch seien auch die älteren Mitarbeiter begeistert, dass sie jetzt freitags frei haben.
Firma spart Benzin durch Vier-Tage-Woche
Mitarbeiter, die auswärts auf Baustellen sind und den Feierabend in Monteurzimmern oder einer Pension verbringen, freuen sich besonders, wenn sie am Donnerstagnachmittag schon Richtung Heimat fahren können, in ein langes Wochenende.
Wenn Baustellen etwas näher am Firmensitz sind, muss nur noch viermal die Woche hin- und hergefahren werden. "Wenn wir mit zehn Lkw unterwegs sind, können wir an einem Freitag bis zu 2.000 Liter Diesel einsparen", sagt Geschäftsführer Wirtz. Das schone nicht nur den Firmen-Geldbeutel, sondern auch die Umwelt.
Weniger Krankmeldungen seit dem neuem Modell
Rainer Wirtz war von Anfang an überzeugt, dass der Versuch mit der Vier-Tage-Woche auf dem Bau funktionieren würde. Eines hat ihn dann aber doch überrascht: "Seit wir das neue Arbeitszeit-Modell eingeführt haben, ist der Krankenstand um 20 Prozent gesunken."
Laut Industrie- und Handelskammer im Neckar-Odenwald-Kreis ist die Vier-Tage-Woche im Baugewerbe noch ziemlich unüblich. Verstehen können das die Unternehmer Wirtz inzwischen nicht mehr. "Das System bringt für alle Seiten nur Vorteile", sagen Rainer und Cornelia Wirtz. In den vergangenen Monaten konnte ihre Firma schon zwei neue Mitarbeiter einstellen - beide hatten sich nach eigenen Aussagen ausdrücklich wegen der Vier-Tage-Woche beworben.
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