Laut einer Studie führte die Vier-Tage-Woche in Großbritannien zu weniger Fehltagen, gestiegener Produktivität und zufriedeneren Beschäftigten.
In Deutschland ist die Vier-Tage-Woche eher die Ausnahme. Mehr Arbeit an weniger Tagen bringt für Mitarbeitende und Unternehmen auch Belastungen, sagt Werner Eichhorst im SWR1 Interview. Er ist Arbeitsmarktforscher am Institut der Zukunft der Arbeit in Bonn.
SWR1: Vier Tage pro Woche bei gleicher Arbeitszeit bedeutet teilweise zehn Stunden pro Tag arbeiten. Kann so etwas zufriedener machen?
Werner Eichhorst: Ich würde sagen, das kommt auf die Einzelnen an, auf den Betrieb und auf die Art der Arbeit. Generell würde ich erstmal argumentieren, dass längere Arbeitszeiten eher belastend sind. Es kommt also auf jeden Fall nicht für jeden in Frage, und die Ermüdung kann in der Zeit durchaus zunehmen.
SWR1: Was macht denn eine Vier-Tage-Woche sinnvoll, ohne dass dem Unternehmen am Ende dann wirklich etwas fehlt? Denn die Firmen brauchen ja einen gewissen Output.
Eichhorst: Das eine ist sicher die Frage: Lässt sich durch eine Umorganisation der Arbeit die Produktivität so steigern, so dass beispielsweise auch ein Lohnausgleich möglich ist, so dass ich also das gleiche Monatsgehalt bekomme?
Und das andere ist, wenn eine Dienstleistung erbracht werden muss gegenüber Patienten, gegenüber Kunden und Erreichbarkeit sichergestellt werden muss. Dann braucht es zusätzliches Personal. Und das muss natürlich erst ausgebildet werden, das muss angeworben werden. Das sind alles Dinge, die durchaus Zeit und auch Geld kosten.
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Seit Anfang Juli testet die Stadtverwaltung Ludwigshafen die Vier-Tage-Woche. Die Angestellten können sich nun aussuchen, ob sie ihre Arbeitszeit auf vier Tage verteilen wollen.
SWR1: Unternehmen haben ja Probleme, gutes Personal zu finden. Reden sich die Firmen so eine Vier-Tage-Woche schön, einfach um etwas Gutes anbieten zu können?
Eichhorst: Einzelne Unternehmen versuchen sich da von ihren Wettbewerbern abzuheben. Wenn man genau hinschaut, ist das teilweise mit dem gleichen Monatslohn verbunden, also eine Art Gehaltserhöhung. In anderen Fällen eher nicht. Auf jeden Fall wird versucht, auch über diese verkürzten Arbeitszeiten als Arbeitgeber attraktiv zu erscheinen.
SWR1: Mehr Flexibilität, Sabbatical, also längere Auszeiten, Homeoffice, Kindertagesstätten im Betrieb oder die Vier-Tage-Woche. Die Menschen haben ganz andere Ansprüche an den Job als früher. Hat sich die Arbeitswelt so sehr verändert und woher kommt das?
Eichhorst: Das kommt vor allem daher, dass Personal knapper geworden ist und wir jetzt auch die Ressourcen angehen müssen, die wir bislang nicht so stark genutzt haben. Frauenerwerbstätigkeit ist sicher ein Thema, länger arbeiten im Lebensverlauf bis zum Rentenalter und dann eben das ganze Thema Motivation und Produktivität. Das führt dazu, dass die Arbeitsstrukturen sich verändern und dass Arbeitgeber sich deutlich mehr anstrengen müssen, um ihre Arbeitskräfte gewissermaßen bei Laune zu halten oder um zusätzliches Personal gewinnen zu können.
Das Gespräch führte SWR1 Moderator Michael Lueg.
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Werner Eichhorst beim Institut der Zukunft für Arbeit in Bonn
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