In Apotheken und Kliniken in BW fehlen Medikamente. Beim Fiebersaft für Kinder entspannt sich jedoch die Lage. Zudem soll der Import nicht zugelassener Säfte erleichtert werden.
Der Engpass bei der Versorgung mit wichtigen Medikamenten in Baden-Württemberg ist weiter groß. "Die Situation hat sich nicht verbessert, die Liste der betroffenen Medikamente wird von Woche zu Woche länger", sagte Frank Eickmann, stellvertretender Geschäftsführer des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg, in Stuttgart. Schon im vergangenen Jahr hatten sich Engpässe bei den Apotheken in Baden-Württemberg abgezeichnet.
Antibiotika fehlen: Situation laut BW-Ministerium angespannt
Auch aus Sicht des Landesgesundheitsministeriums hat sich die Lage weiter verschärft. "Insbesondere im Hinblick auf Antibiotika für die Behandlung erkrankter Kinder wird seitens der Apotheken eine noch immer sehr angespannte Lage beschrieben", sagte ein Sprecher von Gesundheits Manfred Lucha (Grüne). Der Politiker hatte den Bund bereits im Dezember zu schnellerem Handeln aufgefordert. Ende 2022 seien laut einer Datenbank des Bundesamts für Arzneimittel und Medizinprodukte noch unter 400 Medikamente nicht lieferbar gewesen. Derzeit verzeichnet die Datenbank 481 Lieferengpässe (Stand 28. April).
Import von Medikamenten wird einfacher
Lucha selbst äußerte sich am Dienstag ebenfalls zur Thematik. Man habe nun eine "Allgemeinverfügung zum befristeten Abweichen von Arzneimitteln in Bezug auf Antibiotika-haltige Säfte für Kinder" erlassen. Diese Ausnahme sei vom Bundesgesundheitsministerium genehmigt worden. Vereinfacht gesagt bedeutet das: Der Import von Medikamenten wird erleichtert. Auch andere Bundesländer, wie Bayern und Nordrhein-Westfalen, sind diesen Schritt jüngst bereits gegangen. Wie schnell und in welchem Umfang diese Säfte dann nach Baden-Württemberg kommen, konnte Lucha nicht sagen.
Im Winter hatte es vor allem bei der Versorgung mit fiebersenkenden Medikamenten für Kinder massive Probleme gegeben. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte im Dezember neue Preisregeln angekündigt, die Lieferungen nach Deutschland für die Hersteller attraktiver machen sollen. Erst am Wochenende hatte der ehemalige Vorsitzende des Weltärztebunds, Frank Ulrich Montgomery, eine EU-weite Medikamentenreserve gefordert.
Wegen Ende der Erkältungssaison wieder mehr Fiebersaft für Kinder
Aus Sicht der Apothekerinnen und Apotheker bessert sich die Lage zumindest beim Fiebersaft für Kinder etwas - allerdings laut den Apotheken nur wegen der abflachenden Infektwelle.
Am Bestand habe sich nichts geändert. Für die Apotheken verursache der Versorgungsmangel "gigantisch viel Arbeit", sagte Eickmann. Viele klagen angesichts der Engpässe schon seit Monaten, etwa in Kirchheim/Teck (Kreis Esslingen), Holzgerlingen (Kreis Böblingen) oder in der Region Heilbronn-Franken. Die Apotheken müssten ihre Bestände ständig überwachen und nach möglichen Ersatzpräparaten schauen. "Wenn man eine etwas größere Apotheke betreibt, braucht man eine Vollzeitkraft, die sich um das Thema Lieferengpässe kümmert", erklärte er. Dafür müssten die Apotheken besser entlohnt werden. Bisher sehe der Gesetzgeber für die Suche nach einem Ersatzmedikament lediglich 50 Cent Vergütung vor. "Das ist ein totaler Witz", sagte Eickmann.
Im Dezember erklärte der Geschäftsführers des Pharmakonzerns ratiopharm GmbH in Ulm, Andreas Burkhardt, im SWR die Gründe für den Mangel an Medikamenten:
Kliniken in BW ebenfalls durch Lieferengpässe belastet
Stark betroffen von den Engpässen sind auch die Kliniken in Baden-Württemberg. Das Problem verschärfe sich immer weiter, sagte Matthias Einwag, Hauptgeschäftsführer der baden-württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG). "Mittlerweile betreffen die Lieferengpässe fast alle Bereiche der Arzneimittel und es ist nicht immer nachvollziehbar, warum sie nicht geliefert werden können", sagte Einwag.
Auch für die Kliniken sei die Suche nach Ersatzpräparaten ein großer Aufwand, es brauche zusätzliches Personal. Der BWKG werde zunehmend von "Erschöpfungsanzeichen" aus Klinikapotheken berichtet. Wenn nötig, würden Arzneimittel in den Kliniken auch selbst hergestellt. Derzeit betreffe das vor allem Antibiotika-Säfte, Beruhigungsmittel und Medikamente für eine lokale Betäubung. "Jede dieser Maßnahmen verursacht zusätzlichen Aufwand, der momentan jedoch nicht angemessen finanziert wird", kritisierte Einwag.
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