Der Bund will im Agrarbereich nun doch weniger stark kürzen als zuerst geplant. BW-Agrarminister Hauk hält das für unzureichend, ebenso die Bauern im Land.
Der Schritt der Bundesregierung, einen Teil ihrer Kürzungspläne in der Landwirtschaft zurückzunehmen, stößt in Baden-Württemberg teils auf Kritik. Agrarminister Peter Hauk (CDU) hält die angekündigten Nachbesserungen für unzureichend. Die Landwirte hätten von der Ampel einen Vorschlag erwartet, der sie entlaste, sagte Hauk am Donnerstag in Stuttgart. "Jetzt liegt ein Angebot auf dem Tisch, das keinerlei Verbesserung bringt. Die Ampel versucht damit die Bauern zufriedenzustellen, das wird mit diesem Angebot aber nicht gelingen."
Die Land- und Forstwirtschaft weiterhin von der Kfz-Steuer zu befreien sei richtig, aber die Subvention beim Agrardiesel dennoch bis 2026 schrittweise abzubauen zu wollen, sei nach wie vor ein Schlag ins Gesicht der Landwirte, so Hauk. "Die stufenweise Abschaffung der Agrardieselbeihilfe ist nichts anderes als ein Strukturbruch auf Raten." Der Agrardiesel sei in allen EU-Nachbarstaaten weiter zum Teil sogar erheblich steuerlich begünstigt, auch deshalb, weil es derzeit keine marktfähigen alternativen Antriebe für die Landwirtschaft gebe.
FDP und Grüne in BW reagieren positiv
Baden-württembergische Vertreter der Ampel-Parteien reagierten positiv auf die Entscheidung aus Berlin. Der Chef der Grünen-Fraktion im Stuttgarter Landtag, Andreas Schwarz, sagte, alle Landwirte könnten aufatmen. "Der Einsatz der grünen Landtagsfraktion hat sich gelohnt, dass es am Ende in Berlin zu einer Lösung kam."
Der agrarpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Georg Heitlinger, sagte, es sei eine sehr gute Nachricht, dass die Bundesregierung ihre Pläne für harte finanzielle Einschnitte in der Landwirtschaft nun zurückgenommen habe.
Bauernverband: "Beide Kürzungsvorschläge müssen vom Tisch"
Das sehen die Landwirtinnen und Landwirte anders. Die teilweise Rücknahme der geplanten Kürzungen könne "nur ein erster Schritt" sein, sagte der Präsident des Deutschen und baden-württembergischen Bauernverbands, Joachim Rukwied. "Beide Kürzungsvorschläge müssen vom Tisch." Es gehe um die Zukunftsfähigkeit der Branche und "um die Frage, ob heimische Lebensmittelerzeugung überhaupt noch gewünscht ist".
Marco Eberle, Hauptgeschäftsführer des Landesbauernverbandes Baden-Württemberg, sagte: "Unser gesamter Berufsstand ist massiv verärgert über die Pläne der Bundesregierung und daher fest entschlossen, sich gegen die geplanten Steuererhöhungen zu wehren." Man halte an den angekündigten Protesten in der kommenden Woche fest.
Bauernverband Schwäbisch Hall-Hohenlohe-Rems geht auf Distanz zu Blockade
Von der Blockade einer Nordsee-Fähre, die Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) an Bord hatte, distanziert sich der Bauernverband Schwäbisch Hall-Hohenlohe-Rems deutlich. Etwa 100 aufgebrachte Landwirte hatten Habeck am Donnerstagabend daran gehindert, die Fähre zu verlassen. Jürgen Maurer, Vorsitzender des Bauernverbands Schwäbisch Hall-Hohenlohe-Rems, sagte im SWR, dass damit eine Grenze überschritten worden sei. "Es kann nicht sein, dass sich Protest in Gewalt entlädt. So was lehne ich striktweg ab", so Maurer.
Bauern planen bundesweite Aktionswoche
Die Korrekturen der Bundesregierung bei den Kürzungsplänen nannte der Präsident des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes (BLHV), Bernhard Bolkart, im SWR einen "ersten Erfolg". Dieser beruhe sicherlich darauf, "dass wir in den letzten Wochen so aktiv waren". Es sei aber zu früh, Aktionen, die für kommende Woche geplant sind, abzusagen. Die jetzige Entscheidung der Bundesregierung bedeute, dass dann an anderer Stelle gekürzt werden müsse, so Bolkart.
Dem Vorsitzenden des Bauernverbands Schwäbisch Hall-Hohenlohe-Rems, Jürgen Maurer, reicht die Teilrücknahme der Bundesregierung ebenfalls nicht. Alle geplanten Kürzungen im Agrarbereich müssten "kompromisslos vom Tisch", sagte Maurer dem SWR. "Wir werden unsere Forderungen zum jetzigen Zeitpunkt weiterhin aufrechterhalten und auch von den Demonstrationen am Montag noch nicht abweichen."
Ulrich Theileis, Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbandes (BWGV), begrüßte die Entscheidung zur Kfz-Steuer. Die Bundesregierung müsse aber auch ihre Pläne zum Agrardiesel überdenken. Die Branche habe derzeit keine Alternativen zu Dieselfahrzeugen. Gerade in Baden-Württemberg mit seinem hohen Anteil an Sonderkulturen und Bioanbau sei die maschinelle Bewirtschaftung besonders intensiv. Die Abkehr von der Agrardiesel-Regelung würde die heimischen Erzeugerbetriebe und Genossenschaften finanziell besonders hart treffen.
Der Deutsche Bauernverband hat ab Montag zu einer bundesweiten Aktionswoche aufgerufen. In Baden-Württemberg koordiniert der Landesbauernverband die Aktionen. Proteste soll es in mehreren Landkreisen geben.
Hier haben wir zusammengefasst, wo Aktionen in BW geplant sind:
Trotz Teil-Rücknahme der Agrarkürzungen Bauern halten an Protesten fest: Hier wird in BW am 8. Januar demonstriert
Am Montag wollen Landwirte auch in Baden-Württemberg gegen drohende Subventionskürzungen demonstrieren. An diesen Orten finden Demonstrationen statt.
Habeck nennt Lösung "gut und fair"
Nach massivem Widerstand der Landwirtinnen und Landwirte in den vergangenen Wochen hatte die Bundesregierung am Donnerstag mitgeteilt, sie werde geplante Streichungen von Subventionen im Agrarbereich teilweise zurücknehmen. Im Dezember hatte die Ampel-Regierung nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts milliardenschwere Kürzungen im Haushalt für 2024 verkündet, die zum Teil die Landwirte treffen sollten.
Das Vorhaben war innerhalb der Regierung umstritten. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne), der sich dagegen ausgesprochen hatte, sagte jetzt, mit der Nachbesserung sei eine überproportionale Belastung der Land- und Forstwirtschaft vom Tisch. Wirtschaftsminister Robert Habeck (ebenfalls Grüne) sagte, die nun gefundene Lösung sei "ein guter und fairer Weg".
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