Mit einer Änderung der Landesbauordnung will Baden-Württemberg Funklöcher schließen. Möglich machen sollen das höhere 5G-Antennen und ein geringerer Mindestabstand zu Häusern.
Die Landesregierung in Baden-Württemberg will mit einer Änderung der Landesbauordnung den Bau von Mobilfunkmasten erleichtern. Funklöcher im 5G-Netz sollen damit schneller geschlossen werden. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat das Landeskabinett am Dienstag gebilligt.
Mobilfunkmasten sollen höher werden - Abstände geringer
Künftig sollen den Plänen zufolge höhere Antennenanlagen ohne Baugenehmigung aufgestellt werden können. Die maximale Höhe dieser Anlagen soll in geschlossenen Ortschaften 15 Meter betragen, außerhalb sollen bis zu 20 Meter gelten. Bisher dürfen nur Antennenanlagen verfahrensfrei errichtet werden, die bis zu zehn Meter hoch sind.
Zudem soll die Abstandsregel von Mobilfunkmasten zu Gebäuden geändert werden. Hier soll der sogenannte Berechnungsfaktor von 0,4 auf 0,2 gesenkt werden. Bislang mussten Antennen beispielsweise von einem zehn Meter hohen Gebäude vier Meter Abstand haben. Künftig sind noch zwei Meter vorgesehen.
Drittens sollen Mobilfunkanbieter provisorisch Anlagen bis zu zwei Jahre aufstellen können, solange sie keinen festen Standort haben.
Der Entwurf geht nun dem Landtag zur Beratung und Entscheidung zu. Die Erleichterungen könnten bei Zustimmung des Parlaments somit voraussichtlich im zweiten Quartal, also noch vor der Sommerpause, in Kraft treten.
Kretschmann: 5G-Ausbau "wirkungsvoll beschleunigen"
"Mit der Erleichterung der baurechtlichen Rahmenbedingungen für die Errichtung von Mobilfunkantennen werden wir den Mobilfunkausbau, vor allem den 5G-Netzausbau, wirkungsvoll beschleunigen", sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Dienstag in Stuttgart. Man leiste damit einen Beitrag zur Modernisierung des Landes und zum Abbau überflüssiger Bürokratie.
Die baden-württembergische Bauministerin Nicole Razavi (CDU), deren Ressort die entsprechenden Änderungen in der Landesbauordnung (LBO) erarbeitet hat, sagte: "Mit der Erweiterung der Verfahrensfreiheit von Antennenanlagen wird Bürokratie abgebaut und die Baurechtsbehörden werden entlastet. Wir gehen dabei über das hinaus, was in der Musterbauordnung der Länder und auch in den meisten anderen Bundesländern vorgesehen ist."
Die Erleichterungen basieren, so die Landesregierung, auf Vorschlägen des "Runden Tischs Mobilfunk", der vom baden-württembergischen Innenministerium ins Leben gerufen wurde.
Baden-Württemberg: "Innovationsherz Europas"
Innen- und Digitalisierungsminister Thomas Strobl (CDU) erklärte: "Digitale Infrastruktur ist eine Zukunftsaufgabe, die wir nur gemeinsam bewältigen können. "Mit dem ‚Runden Tisch Mobilfunk‘ haben wir jetzt die Möglichkeit, konkrete Lösungen rund um den Mobilfunkausbau in Baden-Württemberg umzusetzen und schneller auf den Weg zu bringen", sagte Strobl.
In Baden-Württemberg schlage das "Innovationsherz Europas", so Strobl weiter. Deshalb müsse man alles dafür tun, auch bei der Mobilfunkabdeckung schneller voranzukommen. Für den starken Wirtschaftsstandort mit seiner vergleichsweise schwierigen Topographie brauche es einen intelligenten Technologiemix aus Glasfaser, 5G und Satellitenkommunikation. "Genau dafür haben wir ein Paket aus Maßnahmen auf den Weg gebracht, um den Netzausbau auch in diesem Bereich zu beschleunigen", sagte der Minister.
CDU sieht weniger Bürokratie und Stärkung der Wirtschaft
Die CDU im Land stimmt dem Innenminister zu. "Eine flächendeckend leistungsstarke digitale Infrastruktur ist für unser Land von zentraler Bedeutung. Damit Baden-Württemberg als Wirtschaftsstandort attraktiv bleibt und gleichwertige Lebensverhältnisse in der Stadt und auf dem Land geschaffen werden, brauchen wir die flächendeckende Verfügbarkeit mobiler Breitbanddienste auf der Basis neuster Standards", betonte der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg, Manuel Hagel.
Mit der Änderung der Landesbauordnung könne ein weiterer Meilenstein in Richtung eines modernen, schlanken und digitalen Staates gelingen: Man stärke die digitale Infrastruktur und baue gleichzeitig Bürokratie ab, indem die Erweiterung der Verfahrensfreiheit die Behörden vor Ort stark entlaste, so Hagel. Für viele Bereiche müsse das der Maßstab für die Zukunft sein - weniger Bürokratie, mehr Eigenverantwortung, machte Hagel deutlich.
"Die Stärkung des Wirtschaftsstandorts, gleiche Lebensverhältnisse in Stadt und Land und weniger Bürokratie - das ist der Dreiklang unserer Änderungen im Baurecht für die Erleichterung des Mobilfunkausbaus", ergänzte Christine Neumann-Martin (CDU), Vorsitzende des Arbeitskreises Landesentwicklung und Wohnen. So könnten etwa durch die Verfahrensfreistellung von ortsveränderlichen Antennenanlagen bis zu einer Aufstelldauer von 24 Monaten mobile Antennen zur Behebung von Lücken in der Netzabdeckung unbürokratisch und schnell aufgestellt werden. "Dadurch unterstützen wir eine stabile Mobilfunkversorgung", so Neumann-Martin weiter.
Kretschmann: Verfahrensdauer zur Genehmigung und Planung halbiert
Ministerpräsident Kretschmann betonte: "Die Erleichterungen beim Mobilfunknetzausbau tragen ganz entscheidend zur Modernisierung des Landes bei. Wir arbeiten eng mit dem Bund und den anderen Ländern zusammen und setzen uns intensiv für den Pakt zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsvorhaben ein", sagte Kretschmann.
Gleichzeitig betreibe man aber auch Verfahrensbeschleunigung durch Prozessoptimierungen, wie im Rahmen der Task Force zur Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien. Hier seien bereits beachtliche Erfolge erreicht worden, so Kretschmann: "Die Verfahren zur Planung und Genehmigung von Windkraft- und Solaranlagen konnten bereits halbiert werden - und wir sind noch gar nicht fertig."
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Verbände stimmen Gesetzentwurf zu
In den vergangenen Wochen und Monaten wurden rund 50 Verbände und öffentliche Stellen zu den geplanten Erleichterungen angehört. Die Anhörung ergab eine breite Zustimmung zum Gesetzentwurf.
Die erleichterte Errichtung von Mobilfunkmasten ist eine von mehreren Maßnahmen der BW-Landesregierung zur Stärkung des Mobilfunkausbaus. Des Weiteren soll unter anderem ein Kompetenzzentrum für Breitband und Mobilfunk im Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen eingerichtet werden.
Das Land will außerdem geeigneten Landesliegenschaften für Mobilfunksendeanlagen bereitstellen. Eine landeseigene Informations- und Kommunikationsinitiative zum Thema "Mobilfunk und 5G", soll die gesellschaftliche Akzeptanz für den Mobilfunkausbau in der Bevölkerung erhöhen. Ein neues Standorterfassungstool, soll dabei helfen, Funklöcher zu stopfen.
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