Die Situation der BW-Schulen bestimmt die Diskussion auf der Bildungsmesse Didacta in Stuttgart. Kommunen kritisieren die Schulpolitik der Landesregierung und fordern mehr Geld.
Städte und Gemeinden im Land mahnen bei der baden-württembergischen Landesregierung mehr Anstrengungen für die Digitalisierung der Schulen an. "Dieses Jahrzehnt soll als die Dekade der Schulmodernisierung in die Geschichte eingehen", sagte der Ditzinger Oberbürgermeister und Vize-Präsident des Städtetags, Michael Makurath (parteilos). Die Digitalisierung der Schulen stehe aber erst am Anfang. "Die dafür investierten Milliardenbeträge waren sinnvoll - das bleibt diese Investition aber nur, wenn die Finanzierung auch fortgesetzt wird", sagte Makurath. "Der Fortschritt wartet aber nicht auf uns."
Land und Kommunen müssten zusammen einen Ausbauplan für die Digitalisierung aufstellen. Problematisch sei vor allem die Ausstattung der Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler mit Geräten wie Laptops. Für diese "Riesenaufgabe" bräuche es jetzt eine seriöse Finanzierung, so der Vize-Präsident des Städtetags.
Kritik an der Landespolitik auch beim Thema Inklusion
Der Präsident des Landkreistags und Tübinger Landrat Joachim Walter (CDU), sieht ein Versagen der Politik bei der Inklusion. So sei es "geradezu irrwitzig", dass inzwischen sogar in Sonderschulen immer mehr Schulbegleiter benötigt würden - obwohl diese Schulen eigens für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen geschaffen worden seien. Walter forderte das Land auf, den Kreisen die Kosten aller notwendigen Schulbegleitungen zu erstatten und nicht nur 20 Prozent davon.
Kretschmann: Ganztagsbetreuung gegen Bildungsungerechtigkeit
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) begrüßte, dass die kommunalen Landesverbände die 2020-er Jahre zur "Dekade der Schulmodernisierung" ausgerufen hätten. "Ich verbinde damit auch die klare Erwartung, Schule und Bildung hoffentlich zum absoluten Top-Thema in allen Kommunen unseres Landes machen."
Um den Erfolg von Schülerinnen und Schülern weniger von ihrer sozialen Herkunft abhängig zu machen, setzt der Ministerpräsident auf Ganztagsbetreuung an Schulen in Baden-Württemberg. Wichtig sei, dass alle Kinder eine gute Hausaufgabenbetreuung und ein ordentliches Mittagessen bekämen. Das helfe gerade den Kindern, bei denen die Eltern daheim nicht gut helfen könnten.
Bund und Länder hatten 2021 einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule beschlossen, der schrittweise umgesetzt wird. Ab dem Schuljahr 2026/2027 greift die Regelung bei Kindern der 1. Klasse, ab 2029/2030 bei allen Klassen.
Mit Blick auf den Fachkräftemangel in den Schulen rief Kretschmann dazu auf, mit mehr Wertschätzung über den Lehrerberuf und das Bildungswesen zu reden. "Wir müssen ein bisschen aufpassen, dass wir nicht nur negative Dinge über unser Schulwesen verbreiten", sagte Kretschmann am Freitag beim Bildungskongress Didacta in Stuttgart. Wenn der Eindruck entstehe, dass in Schulen "alles irgendwie ganz in Unordnung" sei, wäre das gefährlich. "Ich meine, wer wird sich dann für unseren Beruf entscheiden?", so Kretschmann, der auch auf eine Zeit als Gymnasiallehrer zurückblickt.
Kultusministerin sieht für Lehrermangel keine schnelle Lösung
Der Lehrermangel beschäftigt auch Baden-Württembergs Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne). Diese glaubt nicht an schnelle Lösungen für das Problem. Pro Jahr würden in Baden-Württemberg 6.000 Lehrkräfte neu gebraucht - es dauere aber sechs Jahre, bis junge Menschen dazu ausgebildet seien, sagte Schopper am Freitag auf der Didacta.