Ministerpräsident Kretschmann hat sich erstmals zu den Ergebnissen der Grünen geäußert und eine "saftige Niederlage" eingeräumt. Die Gründe dafür sieht er unter anderem in Berlin.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat sich bei der Regierungspressekonferenz am Dienstag zum ersten Mal nach der Europawahl am vergangenen Sonntag geäußert. "Wir haben eine saftige Niederlage eingefahren am Wochenende. Das schmerzt", sagte er.
Kretschmann zur Europawahl: Negativer Sog hat uns mitgerissen
"Wir konnten uns hier im Land nicht vom Bundestrend abkoppeln. Der negative Sog hat sich in den vergangenen Monaten immer weiter verstärkt und reißt uns mit", so der Ministerpräsident. Gründe für das schlechte Abschneiden der Grünen sind laut Kretschmann drei Dinge: die Arbeit der Bundesregierung in Berlin, die sich verändernde Themenlage und eine "zunehmende Skepsis, ob Grüne die richtigen Antworten auf die Fragen der Zeit haben". Als Beispiel nannte er das Thema Migration.
Herbe Verluste bei Jungwählern für Kretschmann besonders dramatisch
Laut Kretschmann sind die großen Verluste bei den Jungwählerinnen und Jungwählern mit am schlimmsten: "Der härteste Teilaspekt dieser schweren Niederlage ist natürlich, dass wir gerade bei den Jungen so dramatisch eingebrochen sind", sagte er. Bei der Europawahl 2019 hatten bundesweit noch 34 Prozent der bis 24-Jährigen die Grünen gewählt. Bei der Wahl am Sonntag stimmten noch 11 Prozent der 16- bis 24-Jährigen für die Grünen. Ein Minus von 23 Prozentpunkten. In Baden-Württemberg gab es in dieser Altersgruppe sogar ein Minus von 25 Prozentpunkten.
Kretschmann kündigt "harte" Analyse an
"Das müssen wir aber erstmal untersuchen", sagte der Ministerpräsident. In den Großstädten hätten viele junge Menschen eine neue Partei gewählt. Auch seien große Teile der jüngeren Grünen-Wähler am Sonntag zur CDU oder ins Nicht-Wähler-Lager abgewandert.
"Wir werden das Wahlergebnis analysieren - und zwar hart. Das haben wir schon nach der Bundestagswahl nicht gemacht. Und der Druck ist jetzt da, dass das gemacht wird", sagte er. Obwohl seine Partei "sehr, sehr viel Junge" in den Bundestag geschickt habe, habe dies nicht den Erfolg gebracht, den sich manche erhofft hätten. "Offensichtlich ist es denen nicht gelungen, die Jugend auf ihre Seite zu ziehen."
Keine Konsequenzen für Landesregierung
An der Arbeit seiner Landesregierung oder an seiner Person wollte er das schlechte Abschneiden nicht festmachen. "Ich stand überhaupt nicht zur Wahl", sagte Kretschmann. Und weiter: "Was hat das mit mir zu tun?" Es habe weder Plakate von ihm gegeben, noch habe er an Wahlveranstaltungen für die Europawahl teilgenommen. Man müsse die unterschiedlichen Ebenen in einem föderalen politischen Gefüge berücksichtigen. Es sei das Europaparlament gewählt worden - "und nicht ich". Grün-Schwarz sei handlungsfähig. Es sei "völlig abwegig" jetzt Konsequenzen zu fordern, sagte er.
"Grüne Wahlschlappe" bei Europawahl Meinung: Ende der Ära Kretschmann ist eingeläutet
Bei der Europawahl mussten die Grünen große Verluste einräumen - vor allem in "ihrem" Bundesland Baden-Württemberg. Ein Zeichen für das Ende der Ära Kretschmann, kommentiert Uschi Strautmann.
Nach der Wahlschlappe empfahl Kretschmann seiner Partei eine Politik mit viel Pragmatismus, die "anschlussfähig an die Mehrheit der Gesellschaft" sein müsse. Die Grünen stünden vor der Entscheidung, ob sie Bündnispartei oder Milieupartei sein wollen. "Ich empfehle natürlich den Kurs der Bündnispartei, nämlich Mehrheiten jenseits der Stammwählerschaft suchen."
Grüne bei Europawahl abgestürzt
Bei der Europawahl am Sonntag mussten die Grünen deutliche Verluste hinnehmen. Während sie deutschlandweit 11,9 Prozent der Stimmen erreichten, kamen sie in Baden-Württemberg auf 13,8 Prozent, mussten dabei aber im Land des einzigen grünen Ministerpräsidenten größere Verluste hinnehmen als im Bundesschnitt. Während es beim Bundesergebnis im Vergleich zur Europawahl 2019 um 8,6 Prozentpunkte nach unten ging, mussten die Grünen in Baden-Württemberg ein Minus von 9,5 Prozentpunkten verkraften.
SWR Wahlergebnisportal Europawahl 2024 in Baden-Württemberg: So hat mein Ort gewählt
So hat mein Ort bei der Europawahl am 9. Juni 2024 abgestimmt.
Mehr zur Europawahl und Kommunalwahl 2024
So hat BW gewählt Das war der Ticker zur Kommunal- und Europawahl 2024 in BW: Ergebnisse, Analysen und Reaktionen zum Nachlesen
Alle Infos rund um die Europawahl und die Kommunalwahl 2024 in BW: Ergebnisse, Reaktionen und Analysen - in unserem Ticker zum Nachlesen.
Grüne stürzen ab, AfD im Aufwind Ergebnisse, Wahlbeteiligung, gewählte Kandidaten: So lief die Europawahl 2024 in BW
Bei der Europawahl haben die Grünen laut vorläufigem amtlichen Ergebnis auch in Baden-Württemberg deutlich schlechter abgeschnitten als vor fünf Jahren. Die AfD liegt auf Platz 2.
CDU in BW stärkste Kraft, AfD auf Platz 2, Grüne verlieren deutlich Meinung zur Europawahl: AfD Wahlgewinnerin in BW - "trifft offenbar den Lebensnerv vieler Wähler"
Die CDU hat bei der Europawahl die meisten Stimmen erreicht - sowohl in BW, als auch in Deutschland. Die AfD sei aber Gewinnerin dieser Wahl, findet Peter Heilbrunner, Leiter der Multimedialen Aktualität des SWR.
Ergebnisse der Gemeinderatswahl Kommunalwahl in BW: CDU in Stuttgart und Mannheim vorne, AfD in Pforzheim stärkste Kraft, ein Drittel der Stimmen in Tübingen für Grüne
Bis alle Ergebnisse der Kommunalwahl in BW vorliegen, könnte es noch vereinzelt bis Mittwoch dauern. Für die größten Städte im Land fasst der SWR die Ergebnisse zusammen.