Kaum individuelle Förderung möglich

Umfrage: Kita-Leitungen im Land beklagen Personalnot - auch Sprachförderung beeinträchtigt

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Julia Kunert

Der Personalmangel in Kitas im Land macht sich laut einer Umfrage auch bei der Sprachförderung bemerkbar. Dabei herrsche in den Kitas Sprachvielfalt und ein hoher Förderbedarf.

Eine große Mehrheit der Kita-Leitungen in Baden-Württemberg klagt über einen verschärften Personalmangel. Das geht aus einer aktuellen Umfrage des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) hervor, die am Freitag in Stuttgart vorgestellt wurde. Jedes Jahr befragt der Verband Kita-Leitungen in ganz Deutschland zur Situation in den Einrichtungen. In diesem Jahr gaben knapp 85 Prozent der befragten Kitaleiterinnen und Kitaleiter an, der Personalmangel habe sich im letzten Jahr verschärft. Es sei schwieriger geworden, offene Stellen mit passenden Bewerberinnen und Bewerbern zu besetzen.

Für die Erhebung hatte der VBE zwischen Oktober 2023 und Januar 2024 mehr als 3.000 Kita-Leitungen in ganz Deutschland befragt. Aus Baden-Württemberg nahmen mehr als 1.200 Befragte teil, damit ist die Umfrage für das Land nach Angaben des VBE repräsentativ. Laut Zahlen des Statistischen Landesamts gibt es in Baden-Württemberg rund 9.800 Einrichtungen.

Die wichtigsten Ergebnisse aus der Kita-Umfrage in Baden-Württemberg:

Hohe Arbeitsbelastung fördert Fehlzeiten wegen Krankheit

Grundsätzlich sind die Ergebnisse der Studie nicht neu: Bereits im Vorjahr hatten Kita-Leitungen im Land starke Einschränkungen im Kita-Betrieb aufgrund des Personalmangels beklagt. Laut der aktuellen Studie hat sich dieser nochmals verstärkt. Das sei vor allem auf die hohe Arbeitsbelastung zurückzuführen. Laut 96 Prozent der Kita-Leitungen im Land führt diese zu mehr Fehlzeiten und Krankschreibungen des Personals. Zudem berichten mehr als drei Viertel der Befragten, dass ihr Träger als Resultat des großen Mangels heute Personal einstelle, das vor Jahren wegen unzureichender Qualifikation nicht eingestellt worden wäre.

Betreuung in drei Viertel der Kitas unzureichend

Um Kleinkinder in Kitas fachgerecht betreuen zu können, werden von der Wissenschaft bestimmte Betreuungsschlüssel für verschiedene Altersgruppen empfohlen. Demnach sollte die Fachkraft-Kind-Relation bei unter Dreijährigen bei eins zu drei liegen, bei über Dreijährigen sollte eine Fachkraft im Schnitt 7,5 Kinder betreuen. Mehr als drei Viertel der Kitas im Land verfehlen laut der Umfrage die Quoten. "Sobald eine Fachkraft die Verantwortung für zu viele Kinder tragen muss, kann das einzelne Kind mit seinen Bedürfnissen nicht mehr so im Mittelpunkt stehen, wie es pädagogisch notwendig wäre. Von einer qualitativ hochwertigen Betreuung und Bildung sind wir dann weit entfernt", erklärt der VBE-Landesvorsitzende Gerhard Brand.

Hohe Sprachvielfalt in Kitas im Land

Probleme sehen die Kita-Leitungen auch bei der Sprachbildung in den Einrichtungen. Zwar seien drei Viertel der Kita-Leitungen generell zufrieden mit der Qualität der sprachlichen Bildung in ihrer Einrichtung. Dennoch wirkt sich der Personalmangel auch hier auf das Angebot der Sprachförderung aus: So gibt es laut der Umfrage in jeder dritten Einrichtung keine speziell für die sprachliche Bildung qualifizierte Fachkraft. Dadurch müssten viele Kitas auf Angebote der individuellen Sprachförderung verzichten. Diese wären jedoch wichtig, da in vielen Kitas im Land eine hohe Sprachvielfalt herrsche und Kinder unter Umständen zusätzlich zur alltäglichen Sprachförderung gefördert werden müssten.

Der VBE-Landesvorsitzende Brand sieht daher dringenden Handlungsbedarf bei der Landesregierung. "Kinder können nichts für ihren sprachlichen Hintergrund (…). Wenn die politisch Verantwortlichen es als Aufgabe der Kitas ansehen, dass möglichst alle Kinder zu Schulbeginn über die deutsche Sprache verfügen, dann besteht die Verpflichtung, die Kitas dementsprechend auszustatten", so Brand.

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Die Landesregierung hatte sich bereits Mitte April auf ein Paket zur Sprachförderung in Kitas und Grundschulen geeinigt. Dafür wollen Grüne und CDU in den nächsten beiden Jahren bis zu 250 Millionen Euro ausgeben.

Nach dem Konzept von Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) sollen Kinder mit Förderbedarf in der Kita eine verpflichtende Sprachförderung von vier Stunden pro Woche in Gruppen mit durchschnittlich acht Kindern erhalten. Dann sollen die Kinder ein halbes Jahr vor der Einschulung nochmal getestet werden. Wer dann noch Förderbedarf hat, kommt in der Schule erst mal in eine Juniorklasse und wird vertieft gefördert. Diese ist der Klasse 1 vorgelagert und soll mit 22 Wochenstunden eingerichtet werden. Mit dem Paket reagiert die grün-schwarze Regierungskoalition auf die massiven Sprachdefizite von Viertklässlern. Schulstudien hatten ergeben, dass gut ein Drittel der Zehnjährigen große Probleme beim Lesen und Schreiben hat.

Kita-Leitungen fordern umfassendes Reformprogramm

Um die Betreuung in den Kitas im Land künftig aufrecht zu erhalten, fordern VBE und die Kita-Leitungen im Land umfassende Reformen. Unter anderem sollen Bund, Länder und Kommunen eine umfassende Fachkräfteoffensive starten, um dem Personalmangel entgegenzuwirken. Dabei soll es für ausländische Fachkräfte einfacher werden, ihre Abschlüsse anerkennen zu lassen, insbesondere, wenn dadurch die Sprachvielfalt des Kita-Personals erweitert würde. Auch das Projekt der Sprach-Kitas soll weitergeführt und für alle Kitas im Land angeboten werden.

Darüber hinaus soll die Leitungszeit von Kita-Leitungen neu evaluiert und angepasst werden. Zwei Drittel der befragten Kita-Leitungen gaben an, nicht genug Arbeitszeit in die Leitung ihrer Einrichtung investieren zu können. Dies sei in anderen Bundesländern wie in Nordrhein-Westfalen bereits deutlich besser geregelt.

VBE-Landesvorsitzender: Frühkindlicher Bereich entscheidend für Sprachbildung

Für Gerhard Brand bilden die Ergebnisse der Studie ein klares Bild ab: "Unsere Kitas können Integrationsmotoren sein, wenn sie gut geschmiert sind. Von einem funktionierenden Kita-Betrieb sind wir allerdings weit entfernt. Mangelnde Wertschätzung, zu wenig Leitungszeit, Personalnot im Allgemeinen und fehlende Sprachkräfte im Besonderen prägen das Bild". Dabei wäre es laut dem VBE-Landesvorsitzenden besonders wichtig, das Personal im frühkindlichen Bereich stärker aufzustellen, um eine ausreichende Sprachförderung im späteren Schulverlauf zu garantieren.

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