Der Krieg in der Ukraine ist laut einer SWR-Umfrage eines der Themen, das Eltern in Baden-Württemberg am meisten bewegt. 87 Prozent machen sich deswegen Sorgen.
Die Ausweitung des Krieges, Unruhen in der Gesellschaft oder der Einsatz von Atomwaffen. Das sind die größten Sorgen, die Eltern wegen des Krieges in der Ukraine haben. Das zeigt eine nicht-repräsentative SWR-Umfrage unter Eltern in Baden-Württemberg. Auch wenn nur wenige Familien angeben, dass ihr Alltag durch den Krieg beeinflusst wird - er beschäftigt die Eltern und Kinder dennoch emotional. 87 Prozent gaben an, dass sie Sorgen im Zusammenhang mit dem Krieg haben.
So auch die Familie Schoch aus Dunningen (Kreis Rottweil) mit ihren siebenjährigen Zwillingen Erik und Luis. Als Russland vor fast einem Jahr die Ukraine angegriffen hat, war die Angst bei den Kindern und bei den Eltern groß. Mutter Julika Schoch erinnert sich noch gut an den Moment: "Für mich war das am Anfang alles unwirklich. Krieg kannte man irgendwo aus dem Fernsehen. Aber es war immer so weit weg."
Aufgelöste Kinder und schlaflose Nächte wegen der Angst vor dem Krieg
Die Kinder hatten in der Schule von dem Krieg erfahren. Noch bevor die Eltern das Ganze selbst begreifen konnten oder sich überlegen, wie sie das bei ihren Söhnen ansprechen wollten.
Die Kinder der Schochs waren aufgelöst, konnten mehrere Nächte nicht schlafen. Die Familie ist dadurch noch einmal enger zusammengerückt und greift auf ihre Strategien aus der Corona-Pandemie zurück. Die Eltern schaffen Strukturen und Rituale, wie ein gemeinsamer Filmeabend jeden Samstag oder Spazierengehen mit Hunden aus dem Tierheim.
SWR-Umfrage: Fast alle Familien sind wegen des Krieges in der Ukraine besorgt
Ein Viertel der Eltern hat in der SWR-Umfrage angegeben, dass ihre Kinder seit Kriegsbeginn häufiger ihre Nähe suchen oder Ängste haben. Zwei von fünf Eltern aus der Umfrage sprechen mit ihren Kindern über den Krieg. Nur wenige Eltern schirmen ihre Kinder ganz bewusst ab.
Psychologin rät, mit den Kindern Fakten anzuschauen
Psychologin Andrea Hartmann von der Universität Konstanz rät Erwachsenen dazu, mit den eigenen Ängsten und denen der Kinder ehrlich umzugehen. Denn Sorgen der Eltern können sich auf die Kinder übertragen. Aus Sicht der Psychologin ist es gerechtfertigt, den Kindern zu sagen, dass man selbst auch unruhig sei. Und: Nicht versuchen, den Kindern die Ängste auszureden, sondern besser mit ihnen gemeinsam Fakten anschauen und in einen Kontext bringen.
Laut Hartmann ist es wichtig, mit den Kindern über den Krieg in der Ukraine zu sprechen. Das gehe auch schon mit kleinen Kindern. "Grob gesagt reicht es Grundschulkindern sehr häufig, wenn sie verstehen, wo Krieg stattfindet und was Krieg überhaupt ist." Grundsätzlich würde sie sich bei dem Gespräch aber daran orientieren, mit welchen Fragen und Ängsten die Kinder und Jugendlichen zu den Eltern kommen. Wenn kleine Kinder zum Beispiel einen möglichen Atomkrieg nicht von selbst ansprechen, würde sie das nicht an das Kind herantragen. "Das könnte das Kind überfordern", sagt Hartmann.
Kinder brauchen Alltag und Normalität
Familie Schoch aus Dunningen versucht, dem Krieg in der Ukraine nicht so viel Platz in ihrem Alltag zu geben. Sie konzentrieren sich bewusst auf Alltagsgespräche. Auch informieren sich die Schochs bewusst zu bestimmten Zeiten und hören nicht den ganzen Tag Nachrichten. Auch Psychologin Hartmann rät dazu, dem Alltag Platz zu geben. "Es ist wichtig, dass auch Normalität herrscht und wieder positive Aktivitäten in den Alltag eingebaut werden." Das gelte gleichermaßen für Erwachsene und Kinder.
Julika und Sebastian Schoch haben mit ihren Zwillingen ihren Weg gefunden, mit Angst und Sorgen umzugehen. Die Situation zu Hause hat sich entspannt. Dazu gehört für sie auch der Blick nach vorne. "Wir wünschen uns ruhigere Zeiten, dass sich die Lage sich wieder entspannt und dass die Leute in ihre Heimat zurück können", sagt Julika Schoch. "Es bleibt weiterhin spannend".
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