Weil Puppentheater in Afghanistan verboten ist, ist Abdul Haq Haqjoo aus Kabul geflohen. Bei der Puppentheaterwoche in Gernsbach tritt er auf und erzählte auch seine eigene Geschichte.
In Gernsbach im Landkreis Rastatt läuft die traditionelle Puppentheaterwoche. Einer der Künstler, die dort auftreten, ist Abdul Haq Haqjoo aus Afghanistan. Er flüchtete aus seiner Heimatstadt Kabul, weil die dort regierende Terrorgruppe Taliban das Puppenspielen verboten hat.
Puppenspiel gilt in Afghanistan mittlerweile als Sünde. Der Mensch dürfe dort nicht Gott spielen und selbst hergestellte Figuren zum Leben erwecken, so das Gesetz. Der 41-jährige Puppenspieler Abdul Haq Haqjoo aus Kabul befand sich deswegen zuletzt in Lebensgefahr. 2021 flüchtete er nach Frankreich.
SWR-Reporter Patrick Neumann hat den Puppenspieler Abdul Haq Haqjoo getroffen:
Flucht mit Puppen im Koffer aus Afghanistan nach Frankreich
Die Puppen hat er auf seiner Flucht nach Europa im Koffer aus Afghanistan an den Kontrollen der Taliban vorbeigeschmuggelt, berichtet er. In die Puppen hat er Löcher gebohrt, um zu beweisen, dass er nichts in den Körpern versteckt hat.
Auf diese Weise hat er verhindert, dass die Puppen beschlagnahmt werden. Zur Sicherheit hat er die Puppen auch in den Flaggenfarben der Taliban in schwarz-weiß bemalt. Der Trick hat funktioniert. Seine Handpuppen reisen jetzt in Europa mit ihm von Bühne zu Bühne.
In Gernsbach bei der Puppentheaterwoche präsentiert Abdul Haq Haqjoo das Stück "Hassan im Glück". Es ist eine Adaption des Brüder-Grimm-Märchens "Hans im Glück". Es handelt vom Teenager Hassan, der für sieben Jahre Arbeit einen Goldklumpen erhält. Diesen tauscht er gegen ein Pferd, das Pferd gegen eine Kuh, die Kuh gegen ein Schwein und das Schwein gegen eine Gans - so lange, bis er gar nichts mehr besitzt, sich dafür aber endlich frei fühlt.
Abdul Haq Haqjoo führt das Stück in der jeweiligen Landessprache, in diesem Fall auf Deutsch auf. Er fungiert als Puppenspieler und gleichzeitig auch als Erzähler. Ab und zu taucht er zwischen den Puppen auf der Bühne auf. Der Bart einer der Puppen ist aus seinen eigenen echten Barthaaren gestaltet.
Das Stück versteht sich als eine Metapher, die von Kindern anders gesehen wird, als von Erwachsenen. Das Stück spielte der Puppenspieler übrigens auch schon in Afghanistan, als das Puppenspiel dort noch erlaubt war.
Puppenspieler wagt Neuanfang
Abdul Haq Haqjoo war vor vielen Jahren schon einmal in Deutschland. Er studierte an der Berliner Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch". In Afghanistan wurde er selbst Professor an der Fakultät der Künste in Kabul. Er organisierte Theaterfestivals, gründete ein berühmtes Puppentheater, mit dem er in Afghanistan auch im Fernsehen zu sehen war. Die Taliban beendeten seine Karriere dann per Verbot.
Haqjoo lebt heute mit seiner Familie in Marseille. Von dort aus nimmt er an Puppentheaterfestivals in ganz Europa teil. Seine Puppenspielkollegen in Afghanistan vermisst er. Die haben ihre Handpuppen zum Teil im Sand Afghanistans vergraben, damit die Taliban sie nicht finden. Eines Tages, so hofft Abdul Haq Haqjoo, wird er auch wieder in seine Heimat reisen können. Dann will er die dort versteckten Puppen wieder zum Leben erwecken.