Die Pleite des Pforzheimer Versandhändlers Klingel hat Auswirkungen auf lokale Händler in der Pforzheimer Nordstadt. Viele von ihnen befürchten Umsatzeinbußen.
Alle der rund 1.300 Klingel-Beschäftigen werden ihren Arbeitsplatz verlieren - mehrere hundert davon in der Verwaltungszentrale in der Pforzheimer Nordstadt. Für den Stadtteil geht dadurch ein großer Wirtschaftsfaktor verloren, befürchten lokale Händler.
Händler warten auf Auswirkungen nach Pleite von Klingel
"Da bin ich persönlich richtig gespannt, was da noch kommt", sagt Alexander Hirsch. Viele Klingel-Mitarbeiter seien Kunden in seinem Obst- und Gemüseladen mit Salatbar.
"Ich habe ein bisschen Angst", sagt er mit Blick auf die wegfallenden Arbeitsplätze bei Klingel in der Sachsenstraße und damit drohenden Umsatzeinbußen. "Hoffen wir, dass was anderes dahin kommt."
Insolvenz von Klingel - jetzt weniger Döner in der Nordstadt?
Ein paar Gehminuten weiter dreht sich ein Dönerspieß im Laden von Idris Kayran. Seit zwei Jahren betreibt er den Dönerladen mit seinem Bruder zusammen. Die Klingel-Zentrale ist in Laufweite: "Viele Klingel-Mitarbeiter werden in Pforzheim fehlen, das ist schade", sagt er.
Er hofft, dass das Unternehmen und die Mitarbeiter trotzdem irgendwie noch weiter machen können, vielleicht mit Unterstützung vom Staat. Mit dem Wegfall der Arbeitsplätze bei Klingel fehlen Kunden, die bei ihm mittags essen.
Muss sich Asia-Imbiss neuen Standort in Pforzheim suchen?
Ähnlich sieht es bei einem Asia-Imbis auf dem Parkplatz eines Supermarktes aus. Nur kommt hier neben möglichen Umsatzeinbußen noch ein weiteres Problem hinzu.
"Wir müssen vielleicht einen anderen Platz suchen?", fragt sich Inhaber Ngoc Quan Dang. Denn, so sagt er, sei er mit seinem Laden Mieter bei Klingel. "Bis jetzt haben wir aber noch nichts gehört." Er müsse abwarten.
Friseur: Mit Klingel ist es besser für die Nordstadt
In der Sachsenstraße laufen am Dienstagmittag vereinzelt Mitarbeiter von Klingel mit Brötchentüten in das Gebäude mit der roten Fassade. Eine Beobachtung, die Friseur Alfio Agostino jeden Tag macht. Sein Laden liegt auf dem Weg zum nächsten Supermarkt. "Viele laufen an meinem Laden vorbei", sagt er.
Seit sieben Jahren steht er morgens ab 6:30 Uhr im Laden und schneidet die Haare von seinen Kunden - auch Klingel-Mitarbeiter sind darunter, die in der Mittagspause bei ihm vorbeikämen: "Ohne Klingel ist es schwer", sagt er. Mit Klingel sei es besser für die Nordstadt.
Anwohnerin: Ohne Klingel noch weniger Geschäfte
Das Aus von Klingel beschäftigt viele Händler in der Pforzheimer Nordstadt. Aber auch Anwohner: "Früher haben wir hier Bäckereien, Metzgereien und Fachgeschäfte gehabt", sagt eine Frau, die ihre Fenster putzt. Seit den 60er Jahren wohnt sie hier, hat die Veränderung ihres Stadtteils bestens im Blick.
Über den Wegfall von Klingel ist sie traurig - war das Unternehmen doch identitätsstiftend: "Wo wohnst du? In der Nordstadt - beim Klingel", sei eine gängige Ortsmarke gewesen. Mit der Klingel-Pleite würde vielen lokalen Händlern Umsatz verloren gehen. Betrübt blickt sie in die Zukunft: "Die Innenstadt stirbt aus."
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