"Der deutsche Maschinenbau war schon immer gut in der Nische"

Karlsruhe: KIT will Batterie-Produktion für E-Auto und Co. revolutionieren

Stand
Autor/in
Mirka Tiede
SWR-Reporterin steht in einem Großraumbüro

Kann Deutschland in der Produktion von Batterien und Akkus auf dem Weltmarkt mitmischen? Das Karlsruher Institut für Technologie sagt ja und präsentiert in Karlsruhe eine neuartige Idee.

Im E-Auto, im E-Bike, im Smartphone, in der Elektrozahnbürste oder auch im Akkuschrauber - inzwischen sind in den meisten unserer alltäglichen Elektrogeräte Akkus beziehungsweise wiederaufladbare Batterien verbaut. Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) möchte mit einer ganz eigenen Idee auf dem Weltmarkt mitmischen: die flexible Produktion von Batterien, die ganz individuell auf ein bestimmtes Produkt angepasst sind - auch in geringer Stückzahl.

SWR-Reporter Felix Wnuck über die neuartige Produktion von Batterien am KIT:

Anlage für Batterie-Produktion am KIT eingeweiht

Eine neuartige Anlage, die das kann, wurde diese Woche am KIT eingeweiht. Die Forschungsanlage ist nach Angaben des KIT einzigartig. Sie soll für verschiedene Anforderungen Batteriezellen in flexiblen Formaten, Materialien und Stückzahlen herstellen können und somit neue Möglichkeiten eröffnen.

Wir haben jetzt ein Batteriefertigungskonzept gezeigt, was wirklich noch niemand hat und damit, glauben wir, kann man auch auf dem Weltmarkt noch Punkte sammeln.

Momentan werden Batterien in der Industrie in Standardformaten und riesiger Stückzahl vor allem in Asien produziert. Das System ist aber unflexibel und meistens auf lediglich eine Art spezialisiert.

Eine Maschine der neuartigen Anlage für die Batterie-Produktion am KIT. Sie wurde jetzt in Karlsruhe eingeweiht.
Eine Maschine der neuartigen Anlage für die Batterie-Produktion am KIT.

Neue Art der Batterie-Produktion aus Karlsruhe soll Nische füllen

Jürgen Fleischer ist Projektleiter. Er ist Professor für Produktionstechnik und Institutsleiter für Maschinen, Anlagen und Prozessautomatisierung und hat selbst lange im Industriemaschinen- und Anlagenbau gearbeitet. Der Professor koordinierte deutschlandweit die Batteriezellproduktionsforschung.

Wir schaffen eine industrielle Qualität, die wesentlich besser ist als die einer Manufaktur und haben aber trotzdem einen schnellen Prozess.

Die neue Produktionslinie für die flexiblen Batterien war nach eigenen Angaben für ihn ein Herzensprojekt. Mit der individuellen Produktion hätte Deutschland die Chance, eine bisher noch nicht besetzte Nische zu bedienen und bei der Produktion von Batterien international eine größere Rolle zu spielen.

Der deutsche Maschinenbau war schon immer gut in der Nische.

Jürgen Fleischer, Projektleiter und Institutsleiter Maschinen, Anlagen und Prozessautomatisierung am KIT.
Jürgen Fleischer, Projektleiter und Institutsleiter Maschinen, Anlagen und Prozessautomatisierung am KIT.

Anlage funktioniert nach einem Baukastenprinzip

Die Anlage selbst besteht laut Jürgen Fleischer aus einzelnen Modulen, die wie in einer Art Baukasten nach Bedarf individuell zusammengestellt und ausgetauscht werden können. Sie ist ein voll funktionsfähiger Prototyp. Mit der Einweihung der Anlage ist das Projekt vorerst abgeschlossen. Als nächsten Schritt soll die flexible Produktion jetzt den Sprung in die Industrie schaffen.

Um das zu bewältigen, wurden mehrere Vertreter der Industrie zur Einweihung eingeladen, darunter Jan Diekmann, Vizepräsident für Innovation bei dem Batteriehersteller CustomSales aus Tübingen. In den letzten Jahren seien viele Innovationen auf der Materialebene gemacht worden, erklärt Jan Diekmann. Es sei dringend an der Zeit, die Produktion zu verbessern. Dabei müsse man andere Wege gehen, als zum Beispiel die Asiaten. Und es brauche auch den entsprechenden Mut und die Entschlossenheit.

Neue Wege gehen, die uns abheben, die uns differenzieren. Das ist das, was es braucht.

Jan Diekmann, Vize Präsident Innovation der Frima CustomSales aus Tübingen.
Jan Diekmann, Vize Präsident Innovation der Frima CostumSells aus Tübingen.

Transfer in Industrie dauert noch mindestens drei Jahre

Jan Diekmann kann sich vorstellen, dass es sich bei der Anlage bereits um einen guten Prototyp handelt. Jetzt müsse sie aber auf einen Industriestandard gebracht werden und die Funktionalität getestet werden. So schnell geht das laut Jan Diekmann aber nicht: In Unternehmen müsse man bei Änderungen der Produktionsumgebung auch die Organisation anpassen - gerade bei einem solch neuartigen System, bei dem man andere Wege gehen und auch anders arbeiten müsse.

Die Ingenieure seines Unternehmens müssten sich die Anlage jetzt zusammen mit der Produktionsorganisation genau ansehen. Sollten sie es dann bei sich umsetzen wollen, seien noch viele Schritte in Zusammenarbeit mit der Forschung nötig. Mit der aktuellen Lieferzeit von einem Jahr geht Jan Diekmann davon aus, innerhalb von drei Jahren den nächsten Schritt machen zu können.

Stefan Jung, Referent des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.
Stefan Jung, Referent des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.

Batterieforschung in Deutschland geht das Geld aus

Bisher wurde das Projekt vom Bund und Land mit etwa 19 Millionen Euro gefördert. "Die Batterieforschung ist meiner Meinung und eigentlich auch des Hauses nach unbestritten eine Schlüsseltechnologie für die Zukunft", sagt Stefan Jung, Referent des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. "Nicht nur für die Energiewende und die Elektromobilität, auch für viele weitere Bereiche."

Dennoch ist der Batterieforschung nach Angaben von Jürgen Fleischer das Geld ausgegangen. Ob mehr nachkommt, ist zum aktuellen Zeitpunkt noch unklar. "Wir sind im Haushaltsaufstellungsverfahren [für den Haushalt 2025]. Das wird sich bis zum Ende des Jahres noch zeigen", erklärt Stefan Jung.

Jürgen Fleischer zeigt Verständnis dafür. "Das Geld, was der Steuerzahler uns gegeben hat, muss jetzt sozusagen von der Industrie wieder verdient werden. Damit das in der nächsten Phase wieder in die Forschung investiert werden kann."

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