Der Heimatforscher Helmut Böttcher hat die Hintergründe eines tödlichen Flugzeugabsturzes 1944 bei Gaggenau aufgedeckt. Am Sonntag waren Nachfahren in Gaggenau-Oberweier bei einer Gedenkfeier.
Am Sonntag haben sich in Gaggenau-Oberweier (Kreis Rastatt) Hinterbliebene eines Flugzeugabsturzes im Zweiten Weltkrieg getroffen. Sie kamen aus Kanada und England zu einer Gedenkveranstaltung. Zu verdanken ist das Heimatforscher Helmut Böttcher.
Böttcher hat es geschafft, die Hintergründe eines Flugzeugabsturzes über Gaggenau im Zweiten Weltkrieg aufzuklären, bei dem mehrere englische und kanadische Soldaten ums Leben gekommen sind. Ihre Nachfahren haben so endlich erfahren, warum ihre Familienmitglieder gestorben sind. Dass sie nach Oberweier gekommen sind, hat Böttcher gefreut.
Heimatforscher spricht mit Zeitzeugen des Zweiten Weltkriegs
Helmut Böttcher hat mit vielen Zeitzeugen gesprochen. Die Herausforderung: Diese waren noch Kinder, als der Bomber 1944 mit sieben Besatzungsmitgliedern über Oberweier abgestürzt ist.
Fünf der Besatzungsmitglieder starben sofort, zwei konnten sich mit Fallschirmen retten: Conrad William Martens wurde am kommenden Tag ermordet, William Archibald MacDonald überlebte.
Was geschah bei Gaggenau in der Nacht auf den 29. Juli 1944?
Nach der Recherche von Helmut Böttcher befand sich am 29. Juli 1944 um 2 Uhr ein englischer Bomber scheinbar auf dem Weg nach Stuttgart, über Durmersheim. An Bord befanden sich die sieben Soldaten und zwei Bomben der Royal Airforce. Das englische Flugzeug des Typs Lancaster geriet ins Visier des deutschen Nachtjägers Walter Borchers. Er schoss und traf. In Oberweier bei Gaggenau stürzte das Flugzeug dann ab.
Nächtlicher Absturz taucht Oberweier in taghelles Licht
Die Zeitzeugen berichteten Böttcher von einer Explosion, die das Dorf kurzzeitig in taghelles Licht tauchte, vom brennenden Flugzeugrumpf, der mit einer solchen Wucht zu Boden fiel, dass er einige Dächer abdeckte und eine starke Druckwelle erzeugte. Ein Rad der Lancaster landete ebenfalls im Ort auf einer Grünfläche.
Conrad William Martens ist laut einem Zeitzeugen mit dem Fallschirm auf ein Hausdach gesprungen, von dem er sich in einen Misthaufen gleiten ließ. Dabei sei er verletzt worden. Dort wurde er wohl entdeckt und ins Rathaus gebracht.
Eine Zeitzeugin erzählte Böttcher, wie sie sich mit ihrer Familie in einer Kohlmiete versteckt habe, als sie einen von zwei Männern bewachten, ausländischen Soldaten auf sie zukommen sah. Helmut Böttcher hält es für wahrscheinlich, dass es sich dabei um Conrad William Martens gehandelt habe, der sich auf dem Weg zu seiner Hinrichtung befand. Die zwei Schüsse waren überall im Dorf zu hören, wie mehrere Zeitzeuginnen und Zeitzeugen berichten.
Wie William Archibald MacDonald überlebte
Auch William Archibald MacDonald ist mit seinem Fallschirm in Oberweier gelandet. Anders als sein Kamerad wurde er allerdings nicht ausgeliefert, sondern - nach Informationen von Helmut Böttcher - von Qualbert Hornung versteckt. Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sind sich uneinig, was in der Zeit des andauernden Krieges mit ihm passiert ist. Er verbrachte ihn laut Helmut Böttcher zuletzt in einem Kriegsgefangenenlager in Polen. Sein Sohn und dessen Frau sind für die Enthüllung des Gedenksteins aus Kanada angereist. Sie bringen auch dessen Tagebuch mit. Helmut Böttcher hofft, darin noch weitere Einzelheiten über die Nacht des Absturzes und sein weiteres Leben zu erfahren.
Holzkreuz erinnert an ermordeten Kanadier
Für Helmut Böttcher ist es überwältigend, dass sein kleines Rechercheprojekt so große Wellen geschlagen hat. Bereits im März stellte Helmut Böttcher mit Barry Glew, dem Neffen eines Besatzungsmitglieds, und einigen Anwohnerinnen und Anwohnern ein Eichenkreuz zum Gedenken an den ermordeten Conrad William Martens auf. Barry Glew war so angetan, dass er die Familien der anderen Besatzungsmitglieder recherchiert hat. Es sind Menschen aus Kanada, die keine Ahnung hatten von den Todesumständen ihrer Vorfahren.
13 Nachfahren kamen deshalb am Sonntag nach Oberweier, um einen Gedenkstein zu enthüllen, den Barry Glew in England hat fertigen lassen. Auch eine Gedenktafel erinnert an den Absturz.