Die Ampel ist gescheitert. Die Liberalen sehen sich als Opfer einer Schlammschlacht. An der Basis in Straubenhardt machen sich die Mitglieder ihre eigenen Gedanken über das Ampel-Desaster.
Keine Ministerposten mehr, keine Regierungsverantwortung: Kanzler Olaf Scholz hat die FDP aus der Koalition gekickt. Alles läuft auf Neuwahlen hinaus. Der Streit darüber, wer an dem ganzen Schlamassel die Schuld trägt, wird in Berlin munter weiter geführt. Und auch die Mitglieder an der Basis in Straubenhardt fragen sich jetzt: was nun?
Erst Schockstarre, jetzt Aufbruchstimmung
Seit 56 Jahren ist Bärbel Maushart aus Straubenhardt im Enzkreis in der FDP. In ihrem Wohnzimmer sitzt sie mit Parteifreund Michael Speich zusammen. Er ist seit etwa 20 Jahren Mitglied. Zwei Tage nach dem Ampel-Aus wirken die beiden überzeugten Liberalen nicht wirklich geschockt, ganz im Gegenteil, wie sie beteuern. Als "Erlösung" bezeichnet Speich das Ampel-Aus. Endlich könne die FDP wieder konsequent ihre Ziele verfolgen und müsse nicht ständig Kompromisse machen.
Der Schnitt sei schmerzhaft gewesen, aber längst überfällig, sind der 73-jährige Zahnarzt Speich aus Birkenfeld und die 79 Jahre alte Rentnerin Maushart überzeugt. Dass das Ende aber auf so hässliche Art gekommen sei, mit all dem Nachgekarte, das schmerzt beide. Klar, gestritten werde immer in der Politik, das gehöre dazu. Auch persönlich sei sie schon angefeindet worden, erzählt Maushart. Sogar auf ihr Auto sei schon mal draufgehauen worden. Doch was sie jetzt in Berlin beobachte, erschrecke sie.
Speich und Maushart haben auch die goldenen Zeiten der FDP miterlebt, etwa die der sozialliberalen Koalition, die immerhin 13 Jahre hielt. Bärbel Maushart hat etliche Erinnerungsstücke aufbewahrt, darunter eine schwarz-weiße Autogrammkarte des langjährigen liberalen Außenministers Hans-Dietrich Genscher. Doch verklären, sagen beide, dürfe man diese Ära nicht.
Eine ganz andere Zeit sei das gewesen, in der es vor allem in der Ostpolitik um grundlegende Weichenstellungen in Europa ging, nicht zuletzt um die Beziehungen zur DDR. Um solche Themen sei es damals bei Wahlen gegangen. Heute spielten Persönlichkeiten eine viel stärkere Rolle, wie man auch am Beispiel Trump sehe.
Von Anfang an Zweifel an Stabilität der Ampel
Den anfänglich guten Willen, gemeinsam etwas zu bewegen, den wollen die beiden liberalen Urgesteine keinem der Koalitionspartner absprechen. Am Anfang habe es durchaus gemeinsame Ziele gegeben, vor allem in der Wirtschaftspolitik. Nur habe sich dann herausgestellt, dass jeder etwas anderes darunter verstanden habe. Vielleicht sei man da vor drei Jahren zu blauäugig gewesen, meint Bärbel Maushart. Dass es nicht funktioniert, habe Lindner jetzt endlich erkannt. Und dann müsse man so ehrlich sein und sagen: So geht’s nicht weiter.
Wie aber geht es weiter, wenn nicht einmal sicher ist, ob ihre Partei bei einer Neuwahl überhaupt die Fünf-Prozent-Hürde knacken kann? Ja, leidensfähig seien FDPler grundsätzlich, sagt Michael Speich, aber eben auch grenzenlos optimistisch. "Wir sind ja schon wieder ein Prozent nach oben gegangen", meint er mit einem Schuss Galgenhumor. Er leide nicht unter der Situation, weil er wisse: es sei schwierig, FDPler zu sein und liberalen Grundsätzen zu folgen. Dennoch sei es das einzig Richtige, sagt der alte Liberale.
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