Die Ampelkoalition in Berlin ist gescheitert. So reagieren Abgeordnete aus Karlsruhe, Pforzheim und Bruchsal auf das Aus. Die Forderungen nach zeitnahen Neuwahlen werden laut.
Die Ampelkoalition in Berlin ist gescheitert. So reagieren Abgeordnete und Wirtschaftsverbände aus Karlsruhe, Pforzheim und Bruchsal auf das Aus. Während die SPD das Vorgehen des Kanzlers lobt, fordert die CDU zeitnahe Neuwahlen und kritisiert das Vorgehen der Ampelparteien.
Die Reaktionen im Überblick:
- Katja Mast (SPD), Pforzheim/Enzkreis: Schwere aber notwendige Entscheidung
- Parsa Marvi (SPD), Karlsruhe-Stadt: Abruptes Ende eines schwelenden Konflikts
- Olav Gutting (CDU), Bruchsal/Schwetzingen: Keine politische Insolvenzverschleppung
- Nicolas Zippelius (CDU), Karlsruhe-Land: Bruch der Koalition nur konsequent
- Gunther Krichbaum (CDU), Pforzheim/Enzkreis: Kein Triumphgeheul in der Unionsfraktion
- Stephanie Aeffner (Grüne), Pforzheim/Enzkreis: Fassungslosigkeit über Verantwortungslosigkeit
- Rainer Semet (FDP), Pforzheim/Enzkreis: Gute Vorsätze, zu unterschiedliche Positionen
- IHK Karlsruhe: Schnelles Handeln erforderlich
Katja Mast (SPD): Eine schwere aber notwendige Entscheidung
Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, betont, dass Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwochabend eine schwere, aber notwendige Entscheidung für Deutschland getroffen habe. Ihm gehe es um die Zukunft der Bundespolitik, etwa um eine starke Wirtschaft, Arbeitsplätze, stabile Energiepreise, damit in Deutschland investiert wird und für soziale Sicherheit.
Eine Zusammenarbeit sei unter diesen Vorzeichen nicht mehr möglich. Das Land brauche Klarheit und Stabilität. Deshalb strebe man einen geordneten Übergang zu vorgezogenen Neuwahlen im Frühjahr 2025 an.
Parsa Marvi (SPD): Abruptes Ende eines schwelenden Konflikts
Der SPD-Abgeordnete Parsa Marvi aus Karlsruhe hatte sich skeptisch gezeigt, ob eine Einigung zwischen den Koalitionspartnern möglich sei und sollte Recht behalten. Das Ende am Mittwochabend kam aber auch für ihn sehr plötzlich.
Man sei in den vergangenen drei Jahren gemeinsam vorangekommen und habe zusammen mit den Grünen und der FDP viele Reformen an den Start gebracht, aber die Koalitionspartner hätten es sich nicht leicht gemacht, so Marvi weiter. Insbesondere in der Kommunikation habe man Fehler gemacht.
Die Vertrauensfrage in der kommenden Woche, wie von der CDU gefordert, hält er für unrealistisch. Der Zeitplan des Bundeskanzlers würde sehr viel mehr Sinn machen und den Parteien die Gelegenheit geben, sich auf einen Bundestagswahlkampf vorzubereiten. Jetzt gehe es darum, Verantwortung zu übernehmen und auch die Wirtschaft zu stabilisieren. Da habe auch die SPD zahlreiche Ansätze, die man nun stärker herausstellen müsse.
Olav Gutting (CDU): Keine politische Insolvenzverschleppung - Vertrauensfrage noch im November
Olav Gutting sitzt für die CDU im Bundestag. Er kritisiert das Vorgehen und insbesondere den Stil der Ampelkoalitionen scharf. Der Bruch der Koalition habe sich lange angedeutet, aber der Umgang zwischen den Beteiligten, sei inakzeptabel. Er spricht von einer unwürdigen Choreografie des Scheiterns.
Den Zeitplan, den Olaf Scholz skizziert habe, hält Gutting gegenüber dem SWR für völlig inakzeptabel. Es brauche jetzt einen politischen Kurswechsel. Die Wählerinnen und Wähler, das Land, die Wirtschaft brauchten klare Verhältnisse. Und das bedeute auch: Neuwahlen so schnell wie möglich und nicht erst Ende März.
Für Neuwahlen sieht er die CDU gut vorbereitet. Man müsse den Menschen klarmachen, dass die Partei das Land wieder nach vorne bringen könne, mit klaren Regelungen zur illegalen Migration und einem Neustart für die Wirtschaft.
Nicolas Zippelius (CDU): Bruch der Ampel nur konsequent
Bereits im Tagesverlauf des Mittwochs habe es sich angedeutet, dass die Ampel am Ende sei, so Nicolas Zippelius von der CDU Karlsruhe-Land. Der Bruch der Ampel sei nur konsequent. Den zeitlichen Fahrplan von Olaf Scholz kritisiert Zippelius scharf.
Der Fahrplan ist typisch für die Regierungsarbeit der vergangenen Jahre. Neuwahlen herauszuzögern diene nur Olaf Scholz.
Es gebe keinen Grund, Neuwahlen auf die lange Bank zu schieben. Der Bundeskanzler habe die staatspolitische Verantwortung. Er solle sich mehr um die Interessen des Landes kümmern und nicht um seine eigenen, so Zippelius gegenüber dem SWR. Das Land und die Bürgerinnen und Bürger bräuchten Klarheit und das würde eine zügige Neubildung der Regierung bedeuten.
Gunther Krichbaum (CDU): Kein Triumphgeheul in der Unionsfraktion
Innerhalb der Unionsfraktion gebe es nach dem Aus der Ampel keinerlei Triumphgeheul, beteuert der CDU-Abgeordnete Gunther Krichbaum aus dem Wahlkreis Pforzheim/Enzkreis. Dafür sei die Lage viel zu ernst. Gleichwohl merkt er an, eine derartige Schlammschlacht wie zwischen SPD und FDP in den 22 Jahren, die er im Bundestag sitze, noch nie erlebt zu haben. So schnell wie möglich müsse Kanzler Scholz jetzt die Vertrauensfrage stellen – am besten schon nächste Woche – so schnell wie möglich müsse es Neuwahlen geben, meint Krichbaum. Denn Deutschland müsse so bald wie möglich auch international wieder handlungsfähig werden, was gegenwärtig nicht der Fall sei.
Gunther Krichbaum ist überzeugt, dass eine unionsgeführte Bundesregierung die aktuellen Probleme besser anpacken würde, vor allem in der Wirtschafts- und Sicherheitspolitik. Beim Wirtschaftswachstum sei Deutschland EU-weit mittlerweile auf dem letzten Platz.
Mit einem Bundeskanzler Friedrich Merz, so Krichbaum, werde man die Probleme angehen, die den Bürgern unter den Nägeln brennen. Im Übrigen sei Merz auch in den USA bestens vernetzt, was entscheidend sei, um mit Donald Trump auf Augenhöhe sprechen zu können.
Stephanie Aeffner (Grüne): Fassungslosigkeit über Verantwortungslosigkeit
Die alleinige Schuld an der Misere trage ganz klar die FDP, meint dagegen die Pforzheimer Grünen-Abgeordnete Stephanie Aeffner. Sie zeigte sich fassungslos und nannte es eine bodenlose Frechheit, wie sich die Liberalen verhalten hätten. Es habe eine ausgehandelten Haushaltvertrag und bis zuletzt immer wieder Kompromissangebote gegenüber der FDP gegeben. Vielen sei nicht klar, was dieses Verhalten für die Menschen im Land bedeutet: Es gebe derzeit keinen Bundeshaushalt. Bedeute, es gebe keine Finanzierung vieler wichtiger Dingen, von Wirtschaftshilfen über sichere Renten bis zu Hilfen für soziale Träger.
Wie eine neue Regierung aussehen könnte, darüber will die 48-Jährige nicht spekulieren. Viel wichtiger sei es in den nächsten Tagen und Wochen, endlich praktische Politik für die Menschen zu machen. Jetzt gebe es die Chance, ihnen wieder echte Lösungen zu bieten statt parteipolitischen Streitereien. Sonst würden sich immer noch mehr Menschen von der Politik abwenden und die rechten und linken Populisten weiter erstarken.
Rainer Semet (FDP): Gute Vorsätze, aber zu unterschiedliche Positionen
Der FDP-Bundestagsabgeordnete für Pforzheim/Enzkreis, Rainer Semet, zeigte sich gegenüber dem SWR geschockt darüber, dass das Ende der Ampel so schnell gekommen ist. Abzusehen sei es allerdings gewesen, so Semet.
Das von Christian Lindner vorgestellte Positionspapier zum Wirtschaftswunder sei von Scholz und Habeck rundweg abgelehnt worden – am Ende sei das der Knackpunkt für den Bruch der Koalition gewesen. Semet rechnet nun mit Neuwahlen, vermutlich Anfang März. Bedeute: schon demnächst werde man mit dem Wahlkampf beginnen. Gerade im Hinblick auf die miserablen Wirtschaftsdaten sei die FDP hierbei in keiner schlechten Position.
Die Liberalen könnten nun mit ihren unveränderten Positionen zu einer Stärkung der Wirtschaft wieder geschlossener und stärker auftreten, was zuvor nicht möglich gewesen sei. Deshalb rechnet sich Semet gute Chancen für seine Partei aus, in einer neuen Regierung wieder mit im Spiel zu sein.
IHK Karlsruhe: Schnelles Handeln erforderlich
Nach dem plötzlichen Aus der Regierungskoalition, fordert die Industrie- und Handelskammer Karlsruhe schnelles Handeln für die Wirtschaft.
Die IHK warnt vor einem wirtschaftlichen Stillstand wie zu Beginn der 2000er Jahre. Die Politik müsse die Rahmenbedingungen verbessern, um den Unternehmen wieder Freiraum zu verschaffen. Es sei nun unabdingbar, überparteilich Verantwortung zu übernehmen, um für die Übergangszeit entschlossenes Handeln zu ermöglichen, so Grenke weiter.
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