Das Rathaus in Calw setzt konsequent auf Digitalisierung. Dazu gehört auch, dass es künftig keine festen Arbeitsplätze mehr für die Mitarbeiter gibt - nicht einmal für den Oberbürgermeister.
In vielen Unternehmen gibt es immer mehr flexible Arbeitsplätze. Jetzt stellen sich auch die Behörden langsam auf dieses neue Arbeiten ein. Einen radikalen Schnitt macht das Rathaus in Calw. Dort wird es schon bald überhaupt keine getrennten Büros mehr geben.
Auch der Rathauschef Florian Kling (SPD) geht mit gutem Beispiel voran: Kling löst derzeit sein Büro auf. Mein Büro, dein Büro – mein Schreibtisch, dein Schreibtisch. Der klassische Büro-Alltag löst sich im Calwer Fachwerk-Rathaus immer mehr auf. Im digitalen Zeitalter spielt der Ort, an dem jemand arbeitet, eine immer kleinere Rolle, das Stichwort lautet Homeoffice.
Mitarbeiter und Bürger treffen sich in Calw im "Co-working-Space"
Noch hängt sein Namensschild neben der Tür zu seinem Büro im prächtigen Fachwerk-Rathaus am Calwer Marktplatz. Doch nicht mehr lange. Schon bald wird Klings Büro mit der großen freien Fläche im Treppenhaus verschmelzen.
Gemeinsam mit dieser bislang ungenutzten Fläche soll ein großer "Co-working-Space" entstehen – mit einzelnen Arbeitsplätzen für die Mitarbeiter, aber auch Bereichen für Teamarbeit und abgetrennten Räumen, für Telefonate und vertrauliche Gespräche. Auch die Bürger sollen hier ihre Ansprechpartner finden.
Sieben Millionen Blatt Papier eingescannt und entsorgt
Das Umstellen auf flexible Arbeitsplätze geht einher mit einer großen Ausmistaktion. In Kartons häufen sich Ordner, Hängemappen, Klarsichtfolien, Umlaufmappen, auch ein altes Diktiergerät mit Magnetbändern wird entsorgt.
Der OB wundert sich selbst, was sich da über die Jahre alles angesammelt hat. Etwa der Aktenplan der Stadt Calw, der nur darstellt, wann welches Aktenzeichen verwendet werden muss. Auch mehrere Regalmeter Gesetzessammlungen hat Kling entsorgt. "Steht doch heute alles im Internet", sagt er.
Vieles wandert in den Müll, manches ins Archiv. Der große Rest wird demnächst von einem Dienstleister eingescannt, bevor auch er entsorgt wird - insgesamt siebeneinhalb Millionen Blatt Papier. Ab September soll auch alle eingehende Briefpost digitalisiert werden.
Homeoffice macht eigenes Büro im Rathaus schon überflüssig
Der Weg zum bürolosen Rathaus habe erst begonnen. Es warteten noch so manche Umbauarbeiten, sagt OB Kling mit einem leicht wehmütigen Blick auf sein leergeräumtes Büro. Doch der eigene Schreibtisch passe nicht mehr zu einer modernen, größtenteils digitalisierten Verwaltung, ist Kling überzeugt. Zumal mittlerweile viele Mitarbeiter teilweise im Homeoffice arbeiteten. Viel wichtiger sei es heute, vernetzt und in Teams zu arbeiten. Genau drauf, so der Rathauschef, wolle man mit den flexiblen Arbeitsplätzen reagieren.