Alte Apfelsorten gibt es selten im Supermarktregal. Dabei sind sie gesund und gut für die Umwelt. Die Streuobstinitiative Karlsruhe sammelt tonnenweise Äpfel und ist besorgt.
Im Stadt- und Landkreis Karlsruhe läuft die Streuobst-Apfelernte. Dabei geht es vor allem um die alten Sorten. Verschwunden sind die zum Glück noch lange nicht, auch wenn sie kaum mehr in den Supermarktregalen liegen. Im Moment landen Boskop und Co. vor allem in den Silos der Apfelsaftkeltereien, zum Beispiel bei Zumbach in Kraichtal-Unteröwisheim. Allein die Streuobstinitiative im Stadt- und Landkreis Karlsruhe hat dort in den vergangenen Wochen über 200 Tonnen Äpfel eingesammelt und zu Saft verarbeitet.
Saft von alten Apfelsorten schmeckt gehaltvoller
Bohnapfel, Brettacher oder Berlepsch heißen drei alte Sorten. Sie eignen sich vielleicht nicht als Tafelobst. Aber im naturtrüben Saft sind sie unschlagbar. Apfelsaft aus Streuobst schmeckt besser als Saft von Plantagen oder aus Konzentrat, sagen die Streuobstfreunde.
Alte Apfelsorten sind für Allergiker geeignet
Inzwischen wissenschaftlich erwiesen: Für Allergiker sind alte Sorten besser verträglich. Das liegt an den Polyphenolen. Diese Inhaltsstoffe sind bei Supermarktäpfeln fast weggezüchtet, berichtet Erwin Holzer vom Arbeitskreis Heimat, Natur und Umwelt (AHNU) aus Bad Schönborn. Dabei können Polyphenole die Apfelallergie unterdrücken, betont Holzer. Deshalb könnten Menschen, die ansonsten eine Apfelallergie haben, diese alten Sorten noch essen.
Alte Apfelsorten sind gut für die Umwelt
Weil alte Apfelsorten fast immer auf Streuobstwiesen wachsen, trägt ihre Erhaltung auch zum Naturschutz bei. Denn es gibt kaum artenreichere Biotope als Streuobstwiesen. Bis zu 5.000 verschiedene Tier- und Pflanzenarten leben auf so einer Wiese. Wildbienen finden hier ebenso Lebensräume, auch Blindschleichen oder die kleinen, fast ausgestorbenen Steinkäuze.
Streuobstwiesen sind Oasen der Artenvielfalt
Weil Streuobstwiesen in der Regel nur ein-bis zweimal gemäht werden, wachsen hier Gräser und Blumen, die sonst am Wegesrand eher selten geworden sind. Salbei, Glockenblumen, Margeriten und viele Sorten Klee finden sich auf den Wiesen unter den Bäumen. Manchmal entdeckt man dort sogar seltene Orchideen oder Herbstzeitlose.
Eine Kulturlandschaft verschwindet
Die Zahl der Streuobstwiesen und damit auch die Zahl der alten Apfelsorten nimmt immer weiter ab. Flurbereinigung, Neubaugebiete und die Konkurrenz der Landwirtschaft setzen den alten Apfelbiotopen zu. Früher einmal hatte fast jedes Dorf seinen "Streuobstgürtel". Das waren Wiesen rund um das Dorf, auf denen die Bewohner ihr Obst anbauten. Die Zahl der Streuobstwiesen ist allein im Großraum Karlsruhe in den vergangenen 25 Jahren um rund ein Drittel zurückgegangen, schätzt Hans Martin Flinspach von der Streuobstinitiative.
Apfelbäume sind echte Kunstprodukte. Sie müssen von klein auf gepflegt und geschnitten werden. Da steckt viel Arbeit drin. Und die wollen viele Jüngere nicht mehr auf sich nehmen. Eines der größten Probleme der Karlsruher Initiative ist der Nachwuchs. Streuobst und alte Apfelsorten sind allzu häufig ein Hobby älterer Herren.
Klimawandel schadet alten Apfelsorten
Auch die alten Apfelsorten bleiben vom Klimawandel nicht verschont. Immer häufiger sind in den letzten Jahren ältere Bäume zu sehen, die einfach nur noch kahl auf der Wiese stehen. Sie sind häufig vertrocknet oder Schädlingen zum Opfer gefallen, die sich mit veränderten Temperaturen auch bei uns breit machen.
Junge Bäume, die nachgepflanzt werden, vertrocknen ebenfalls, wenn sie nicht gegossen werden. Mit zunehmenden Trockenperioden erhöht sich also auch der Arbeitsaufwand für die Erhaltung alter Apfelsorten. Viele Menschen wissen gar nicht mehr, wie man einen Baum pflanzt und wie man ihn pflegt. Denn wenn sie nicht gegossen oder geschnitten werden, dann vergreisen die jungen Bäume schneller und sterben vor der Zeit.
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