Prozess wegen Corona-Impfung

Schadensersatz nach Impfschaden - wie groß sind die Erfolgschancen?

Stand

Impfschaden durch Corona-Impfung: Welche Chancen auf Erfolg haben Klägerinnen und Kläger mit einer Schadensersatzklage vor Gericht? Experten ordnen die Faktenlage ein.

Welche Erfolgschancen auf Schadensersatz gibt es bei Prozessen, wie dem in Rottweil gegen BioNTech? Ein 58-jähriger Mann geht dort aktuell gegen die Mainzer Impfstofffirma BioNTech vor. Nach einer Corona-Schutzimpfung mit dem Vakzin "Comirnaty" sei er auf einem Auge nun so gut wie blind, so der Vorwurf des Klägers. Der Mann fordert deshalb 150.000 Euro Schadensersatz.

Zwar sind die vom Paul-Ehrlich-Institut erfassten Zahlen der Impfschäden nach einer Corona-Impfung in Baden-Württemberg und ganz Deutschland relativ gering - Forschende gehen allerdings von einer großen Dunkelziffer aus, da nicht alle möglichen Schäden erfasst oder gemeldet werden.

Rottweil

Klage auf Schadensersatz in Rottweil Corona-Impfschaden? Keine Einigung in Rottweiler Prozess gegen BioNTech

In der bundesweit ersten mündlichen Verhandlung gegen Impfstoffhersteller BioNTech in Rottweil gab es am ersten Verhandlungstag keine Einigung. Der Kläger fordert Schadensersatz.

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Welche Erfolgschancen eine solche Schadensersatzklage wie die in Rottweil hat, ordnen SWR-Wissenschaftsredakteur David Beck und SWR-Rechtsexperte Christoph Kehlbach ein.

Augenlichtverlust durch Vorerkrankungen oder Corona-Impfung?

Der erste Prozesstag habe gezeigt, dass es für den Kläger sehr schwer werden dürfte, seine Ansprüche auf Schmerzensgeld und auf Schadensersatz zu untermauern, erklärt Christoph Kehlbach aus der SWR Redaktion Recht und Justiz. "Es geht dabei ja ganz entscheidend um die Frage, inwieweit sich die teilweise Erblindung des Mannes zurückführen lässt auf den Impfstoff Comirnaty."

Dabei spiele eine große Rolle, dass der Kläger wohl Vorerkrankungen habe, die ebenfalls ursächlich dafür sein könnten, dass er inzwischen auf einem Auge teilweise sein Augenlicht verloren habe. "Und deshalb liegt es an ihm, nun dem Gericht zu beweisen, dass eben diese anderen Ursachen nicht der Grund dafür sind, sondern dass es wirklich an dem Impfstoff liegt", so Kehlbach. Das sei rechtlich gesehen eine sehr große Hürde in so einem Zivilverfahren.

Die Schwierigkeit einen Impfschaden nachzuweisen

Es gibt laut David Beck aus der SWR Wissenschaftsredaktion nur zwei Möglichkeiten, wie man sicher nachweisen kann, dass eine Nebenwirkung oder ein Schaden von der Impfung oder auch von einem Medikament stammt.

Einerseits wenn die Nebenwirkungen gehäuft auftreten: "Das ist zum Beispiel bei AstraZeneca bei den Hirnvenenthrombosen passiert." Nachdem die Impfungen begonnen hatten, sei relativ schnell klar gewesen: "Das passiert so häufig, das muss näher untersucht werden", so Beck. "Mittlerweile wurden aber schon Milliarden Impfdosen verabreicht. Selbst sehr, sehr seltene Nebenwirkungen, wären so schon aufgefallen."

Laut Beck ist die andere Möglichkeit, den biochemischen Mechanismus nachzuweisen. "Also was ist genau im Körper passiert? Wie hat der Impfstoff den Schaden ausgelöst?" Auch das sei sehr schwer nachzuweisen. "Weil das meistens sehr komplizierte biochemische Kaskaden sind und lebende Menschen können wir ja auch nicht einfach aufschneiden und reinschauen, ob die Impfung irgendwo ihre Fingerabdrücke hinterlassen hat", sagt Beck.

Klägerseite muss Zusammenhang zwischen Schaden und Impfung beweisen

"Also aus wissenschaftlicher Sicht glaube ich eigentlich nicht, dass es wirklich zweifellos nachgewiesen werden kann, dass es an der Impfung lag oder liegt", meint Beck. Eigentlich benötige es dafür große Studien mit vielen Betroffenen. "Aber wenn so was wirklich ein Einzelfall von einer extrem seltenen Nebenwirkung ist, dann gibt es diese Betroffenen hier auch gar nicht."

Eine Einordnung des Prozesses von Christoph Kehlbach aus der Redaktion Recht und Justiz sowie David Beck aus der Wissenschaftsredaktion des SWR in der Sendung SWR Aktuell BW:

Anfang einer Corona-Klagewelle?

Eine solche Klage ist laut Rechtsexperte Kehlbach "immer mit einem gewissen Risiko auch einem Kostenrisiko verbunden für Kläger, solche Ansprüche zu stellen und vor Gericht zu bringen", so Kehlbach. "Natürlich können solche Verfahren wie das am Landgericht Rottweil und auch das in Bayern am Oberlandesgericht Bamberg dazu beitragen, die Voraussetzungen zu schärfen und die juristischen Konturen zu belegen."

Wenn durch den aktuellen Prozess in Rottweil die Voraussetzungen geschärft würden, könne jeder, "der denkt, betroffen zu sein, für sich prüfen, ob das möglicherweise sinnvoll ist eine Klage zu erheben", so Kehlbach. Allerdings sehe es aktuell nicht danach aus, dass eine Klagewelle folgen könnte.

Anerkennung und Unterstützung nach Impfschaden

Laut Robert Koch-Institut ist ein Impfschaden "die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung." In diesen Fällen besteht die Chance auf Versorgungsleistungen. Dazu können Betroffene einen Antrag auf Anerkennung eines Impfschadens beim Amt für Soziales, Jugend und Versorgung des jeweiligen Bundeslandes stellen, der dann von unabhängigen Expertinnen und Experten und Ärztinnen und Ärzten geprüft wird.

Bis Ende März erhielt das Paul-Ehrlich-Institut insgesamt 340.282 Meldungen zu Verdachtsfällen von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach Corona-Schutzimpfungen. In 56.432 Fällen wurde der Verdacht einer schwerwiegenden Impfnebenwirkung gemeldet. Deutschlandweit wurden rund 192 Millionen Einzelimpfungen zum Schutz vor Corona verabreicht.

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