Besonders viele Jobs in BW laut Studie betroffen

Automatisierbare Tätigkeiten: Ist mein Job durch KI und Digitalisierung ersetzbar?

Stand
Autor/in
Marc-Julien Heinsch
SWR-Redakteur Marc-Julien Heinsch Autor Bild
Jana Prochazka
Bild von der SWR-Redakteurin Jana Prochazka

Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zeigt: In BW könnten besonders viele Berufe potenziell von KI ausgeführt werden. Es entstehen aber auch neue Jobs - und Chancen.

41,3 Prozent der Beschäftigten in Baden-Württemberg haben im Jahr 2022 in Berufen gearbeitet, die Künstliche Intelligenz (KI) oder andere digitale Technologien übernehmen könnten. Das zeigt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

Bei der Untersuchung wurde das Substituierbarkeitspotenzial der Berufe ermittelt. Damit wird der Anteil an Kerntätigkeiten in einem Beruf beschrieben, der potenziell durch den Einsatz der jeweils verfügbaren Computer oder computergesteuerten Maschinen vollautomatisch erledigt werden könnte.

Welche Jobs könnten automatisiert werden?

Das IAB unterscheidet bei der Studie zwischen Helferberufen (zum Beispiel Bürokräfte oder Maschinenbau-Betriebstechnik), Fachkraftberufen (Kinderbetreuung, Verkauf, Kaufmann), Spezialistenberufen (Informatik, Buchhaltung, Vertrieb) und Expertenberufen (Hochschullehre, Unternehmensorganisation, Softwareentwicklung).

Besonders Beschäftigte in Fachkraftberufen sind einem hohen Substituierbarkeitspotenzial ausgesetzt: 65 Prozent ihrer Tätigkeiten könnten potenziell von einer KI übernommen werden. Bei Helferberufen liegt der Anteil bei 60 Prozent, an dritter Stelle folgen Spezialistenberufe mit 51 Prozent. In Expertenberufen ist das Substituierbarkeitspotenzial am geringsten (39 Prozent).

In den Fertigungs- und den Fertigungstechnischen Berufen könnten laut IAB inzwischen 89 beziehungsweise 75 Prozent der Tätigkeiten durch digitale Technologien ausgeführt werden. Zum Beispiel sind in Berufen, in denen Bilder, Videos oder Töne gestaltet und entworfen werden, Tätigkeiten automatisierbarer geworden - etwa im Produktdesign.

"Y-Kollektiv" zeigt Negativ-Beispiele

Mit künstlicher Intelligenz kann fast jeder Fake-Menschen erstellen. Auf Social Media verbreiten sich so Profile von Influencern, die mit KI generiert wurden. Welche Folgen das haben kann, zeigen auch unsere Kolleginnen und Kollegen von "Y-Kollektiv".

Bei Berufen in der Unternehmensorganisation liegt das Substituierungspotenzial bei 68 Prozent. Das lässt sich dadurch erklären, dass generative KI inzwischen Termine koordinieren, Dokumente vervollständigen, Protokolle und Zusammenfassungen schreiben oder Vorschläge machen kann, wie Texte verfeinert werden könnten.

Soziale und kulturelle Berufe im Vorteil

Am wenigsten durch KI ersetzen lassen sich laut der IAB-Studie soziale und kulturelle Dienstleistungsberufe (13 Prozent). Dazu zählen beispielsweise Erzieherinnen und Erzieher, Lehrkräfte und Sozialarbeiterinnen und -arbeiter.

Der "Job Futuromat" des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt, wie sich die Arbeitswelt durch Automatisierung verändert. Einfach hier Berufsfeld oder Job eingeben.

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Warum sind in BW besonders viele Jobs potenziell automatisierbar?

In Baden-Württemberg ist der Anteil an Berufen, in denen KI oder andere digitale Technologien einen großen Teil der Tätigkeiten übernehmen könnten im bundesweiten Vergleich besonders hoch. Nur das Saarland hat einen höheren Anteil an Beschäftigten in stark digitalisierbaren Berufen.

Das liegt vor allem an der Wirtschaftsstruktur des Bundeslandes. Nur knapp ein Fünftel (18 Prozent) der Beschäftigten in Baden-Württemberg arbeitet in Berufen, in denen das Einsatzpotenzial digitaler Technologien niedrig ist. Dabei gibt es aber erhebliche regionale Unterschiede: In Stadtkreisen wie Heidelberg gibt es einen geringeren Anteil an Beschäftigten in Berufen, die durch KI übernommen werden könnten. In eher industriell geprägten, ländlichen Landkreisen wie Tuttlingen ist ihr Anteil dagegen deutlich höher. Tuttlingen beispielsweise ein Kreis mit einem Schwerpunkt in der Medizintechnik, also im Bereich der industriellen Hochtechnologie. Hier besteht laut der IAB-Studie viel Potenzial, neue Technologien in den entsprechenden industriellen Berufen anzuwenden.

Wird auch wirklich automatisiert, was theoretisch automatisierbar ist?

Wichtig ist, dass es bislang keinen Beruf gibt, bei dem KI-Programmier-Generatoren alle Tätigkeiten übernehmen könnten. Dazu kommt, dass Substituierbarkeitspotenziale nicht immer und auch nicht direkt ausgeschöpft werden. Gründe dafür können ethisch-moralisch sein, wie in der Pflege. Auch rechtliche Vorgaben oder benötigte Erfahrung wie beim autonomen Fahren spielen hier eine Rolle.

Wenn Verantwortliche in einem Unternehmen darüber nachdenken, mehr auf KI zu setzten, müssen sie auch die Wirtschaftlichkeit betrachtet. Die Automatisierung kann Personalkosten sparen, ein handgefertigtes Produkt erhält aber möglicherweise mehr Wertschätzung und erzielt einen höheren Preis. Beim Einsatz von digitalen Technologien spielt auch Energieeffizienz zunehmend eine Rolle, da für generative KI große Mengen an Energie benötigt werden. Dementsprechend hinterlässt ihr Einsatz einen großen CO2-Fußabdruck.

Welche neuen Jobs entstehen durch KI?

Wer KI-gestützte Technologien einsetzen will, muss diese konzipieren, verhandeln, einrichten und trainieren. Auch die Ergebnisse müssen überprüft und bewertet werden. Menschen werden also nicht überall ersetzt, es ergeben sich sogar neue Berufe. Zwischen 2019 und 2022 sind deutschlandweit mehr als 280 neue Berufe entstanden - vor allem in den Bereichen IT-Sicherheit, Barrierefreiheit oder Implementierung von KI im Unternehmen. Es bleibt folglich offen, ob durch den Einsatz neuer Technologien Fachkräfteengpässe entscheidend gemildert werden können.

Können KI und Automatisierung den Fachkräftemangel mildern?

In vielen Bereichen herrscht derzeit ein Fachkräftemangel. Wenn neue Technologien Berufstätige unterstützen und einzelne Aufgaben abnehmen, könnte KI den Fachkräftemangel abmildern. Das sieht auch der Ökonom Jens Südekum von der Universität Düsseldorf so: "Wir können in vielen Bereichen froh sein, wenn die Technologie Routineaufgaben übernimmt, weil dadurch in gewisser Weise auch Arbeitskraft frei wird, die an vielen Stellen händeringend gesucht wird."

Das Potenzial von KI und anderen digitalen Technologien wird aber nicht immer ausgeschöpft. Dazu kommt, dass durch KI neue Jobs entstehen können. Deshalb warnen die Autorinnen und Autoren der IAB-Studie davor, den potenzieller Beitrag von KI zur Bekämpfung von Fachkräfteengpässen zu überschätzen.

Wie reagiert BW auf diese Entwicklung?

Wenn in immer mehr Bereichen der Arbeitswelt KI eingesetzt wird, müssen auch immer mehr Menschen den Umgang mit ihr erlernen. Viele Beschäftigte müssen also weitergebildet werden. Zur Unterstützung hat die baden-württembergische Landesregierung die Initiative "FachkräfteLÄND" ins Leben gerufen. Mit der Initiative sollen unter anderem die Potenziale an den Schulen, Hochschulen und den Weiterbildungseinrichtungen sowie Kooperationen mit Unternehmen gestärkt werden. Volkshochschulen werden beispielsweise digital ausgestattet und die Weiterbildungsberatung erweitert.

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