Als er zur Welt kam war er kleiner als ein Päckchen Mehl und wog deutlich weniger. Drei Monate zitterten Liams Eltern um sein Leben - doch der Kleine ist willensstark.
Knapp 16 Wochen zu früh ist er dran, wiegt bei seiner Geburt lediglich 720 Gramm - der kleine Liam ist ein extremes Frühchen. Für seine Eltern aus dem Neckar-Odenwald-Kreis ist der Weg ins nächste Level-1-Perinatalzentrum am Heilbronner SLK-Klinikum unumgänglich. Nach zahlreichen Operationen und Wochen der Angst ist das Schlimmste nun ausgestanden. Heute am Welt-Frühchen-Tag wird das im Klinikum gefeiert.
Dreimal hat sich Anika von Liam verabschiedet - dreimal kämpft er sich zurück
Mit Blutungen kam Mama Anika aus dem Neckar-Odenwald-Kreis am 13. August als Notfallpatientin in die Heilbronner Kinderklinik. Schwanger mit Liam in der 23. Woche. Dann der Schock: Die Ärzte diagnostizieren einen Blasenriss, noch in der nächsten Stunde muss die Geburt eingeleitet werden. Anika ist sofort klar, dass das für ihren Kleinen deutlich zu früh kommt und lebensgefährlich enden kann. Trotzdem versucht sie ruhig zu bleiben, auch für das Kind in ihrem Bauch. Kurz vor der Narkose verlässt sie dann doch der Mut.
Liam - Der Willensstarke
Bereits eine halbe Stunde später haben die Ärzte Liam auf die Welt geholt. Mit einem Gewicht von nur 720 Gramm. Es ist das erste Kind der 30-jährigen Anika. Als sie zu ihm gebracht wird überwältigen sie alle Gefühle auf einmal.
Eine Herzdruckmassage und Beatmung sind nötig, um Liam ins Leben zu helfen. Für seine Eltern entsetzliche Stunden der Ungewissheit. Doch der Kleine will leben - er kämpft sich durch. In den kommenden Wochen übersteht er mehrere Operationen, darunter am Hirn und an den Augen, beginnt selbstständig zu atmen und legt kräftig an Gewicht zu. Namen und Sternzeichen trägt er mit Recht: Liam, der Willensstarke, ein kleiner Löwe.
Dankbar für Level-1-Versorgung
Anika will sich gar nicht ausmalen, was es für sie und ihren Sohn bedeutet hätte, kein Level-1-Perinatalzentrum in der Nähe gehabt zu haben. Als sie von der möglichen Schließung einiger Zentren im Land hört, will sie daher aktiv werden und animiert Freunde und Familie zum Unterzeichnen einer Petition für den Erhalt des Perinatalzentrums im Diakoneo in Schwäbisch Hall. Nach einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) hätte das Zentrum schließen müssen, weil es die neu festgelegte Mindestmenge von 35 Fällen pro Jahr nicht erreicht.
Gesundheitsminister Manfred Lucha (Bündnis 90/Grüne) hat bereits angekündigt, eine Ausnahmeregelung möglich zu machen. Drei Zentren haben mittlerweile einen Antrag darauf gestellt, der nun geprüft werde, wie ein Ministeriumssprecher auf Anfrage mitteilte. Auch Liams behandelnder Oberarzt, Manuel Proske sieht eine Reduzierung der Zentren kritisch. Schon jetzt stoße man in Heilbronn regelmäßig an personelle Grenzen.
96 Fotos, für jeden Tag eines
Ohne die enge Betreuung durch eine Sozialpädagogin der Klinik, viele Gespräche, Austausch mit anderen Eltern im Frühchencafé und vor allem den Rückhalt durch ihren Mann hätte Anika das kaum durchgestanden, meint sie.
Drei Monate sind Liams Eltern rund um die Uhr in der Klinik, morgens Anika, nachmittags kommt ihr Mann nach der Arbeit dazu. 96 Fotos von Liam, eines für jeden Tag, hängen mittlerweile an einer Wand bei ihnen zuhause.
Schließlich, vor einer Woche dann der Befreiungsschlag: Liam kann die Intensivstation verlassen. Seitdem geht es täglich bergauf. Der kleine Mann bringt jetzt stolze 2.500 Gramm auf die Waage und ist 15 Zentimeter gewachsen. Allmählich traut Anika sich bereits über die Entlassung nachzudenken. Das Trinken aus dem Fläschchen, das muss er noch üben. Und ganz ohne Unterstützung beim Atmen geht es noch nicht. Aber wenn es gut läuft, so die Ärzte, kann Liam zum errechneten Geburtstermin nach Hause. Am 4. Dezember - Weihnachten in den eigenen vier Wänden zum ersten Mal als Familie, daran halten Anika und ihr Mann sich fest.
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