Versorgung von Risikoschwangeren und Frühchen gefährdet

Diak Schwäbisch Hall: Behandlungsverbot für Frühchen droht

Stand

Wenn sich an den Plänen des Gemeinsamen Bundesausschusses nichts mehr ändert, droht ein Behandlungsverbot für Frühchen im Diak in Schwäbisch Hall. Das hätte Folgen.

Der Frühchenstation in der Kinderklinik des Diakoniekrankenhauses in Schwäbisch Hall droht ein Behandlungsverbot für extrem kleine Neugeborene zum Jahresende. Der Gemeinsame Bundesausschuss will die Mindestanzahl der versorgten Frühchen unter 1.250 Gramm Geburtsgewicht von 14 auf 25 erhöhen. Das bedeutet, dass aktuell 8 der 21 baden-württembergischen Perinatalzentren diese Kinder nicht mehr behandeln dürfen, darunter auch das Diakoniekrankenhaus in Schwäbisch Hall.

Weniger als 25 Level-1-Frühchen

Im Perinatalzentrum des Diakoniekrankenhauses werden pro Jahr weniger als 25 Frühgeborene unter 1.250 Gramm versorgt. Deshalb droht ein Versorgungsverbot durch die Kostenträger. Das heißt, nicht einmal, wenn das Diak das Angebot aufrechterhalten will, wäre es möglich und Level-1 - die ganz Kleinen - würden nicht mehr aufgenommen werden. Level-2 jedoch, Frühgeborene, die mehr als 1.250 Gramm wiegen, dürften noch im Diak versorgt werden. Die Leistungen dafür sind nahezu dieselben, werden aber viel schlechter bezahlt. Im Diakoniekrankenhaus in Schwäbisch Hall ist hoch technisierte Medizin und Personal mit Spezialwissen im Einsatz, die Finanzierung könnte also schwierig werden.

Frühchen im Inkubator
Ein Frühchen wird im Inkubator versorgt.

Versorgung für Risikogeburten leidet

Die neue Regelung betrifft nicht nur die lebensrettende Versorgung der kleinsten Frühgeborenen im Einzugsbereich des Schwäbisch Haller Diakoniekrankenhaus, sondern auch die Versorgung von Risikoschwangeren und Geburtsnotfällen, kritisiert der Förderverein Klinik für Jugendliche und Kinder Schwäbisch Hall. Auch der Haller Landrat Gerhard Bauer (parteilos) hat einen Brandbrief an das Sozialministerium geschrieben. Der Verlust der Versorgung extremer Frühchen wäre eine katastrophale Entwicklung in der Flächenregion, heißt es.

Weite Wege für Risikoschwangere

Das nächste Perinatalzentrum ist in Heilbronn, ein weiter Weg etwa von zum Beispiel Rot am See oder Kreßberg (Kreis Schwäbisch Hall). Je nach Wohnort droht bis zu eine Stunde Anreise. Das kann eine schwere Belastung sein, sowohl für Frauen mit einer Risikoschwangerschaft, als auch wenn das Kind geboren ist und die Frau weit weg von ihrer Familie wochenlang im Krankenhaus liegt.

Eine Hebamme tastet den Bauch einer schwangeren Frau ab.
Eine Hebamme tastet den Bauch einer schwangeren Frau ab.

Verbleibende Perinatalzentren ausgelastet

Die Situation könnte sich zuspitzen. Wenn 8 der insgesamt 21 Perinatalzentren in Baden-Württemberg nach dem Willen des gemeinsamen Bundesausschusses keine extrem kleinen Frühchen mehr behandeln dürfen - wo werden sie dann behandelt? In den noch verbleibenden Perinatalzentren werden keine Kapazitäten aufgestockt. Außerdem fehlen dort auch Fachkräfte, denn es ist eine Eins-zu-eins-Betreuung: ein Frühchen, eine Pflegekraft.

Politiker und Fördervereine laufen Sturm gegen den Beschluss

Es schwappt jetzt eine Welle der Empörung nach Berlin. Bereits vor einem Jahr ist eine Petition an den Petitionsausschuss des Bundestages eingereicht worden. Die Kliniken sind Sturm gelaufen, aber auch deren Argumente haben den Gemeinsamen Bundesausschuss bisher kalt gelassen. Der baden-württembergische Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) ist aktuell Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz der Länder und hatte schon im Juli an den Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschusses geschrieben. Zusammen mit sieben weiteren Bundesländern hatte Baden-Württemberg der neuen Richtlinie vehement widersprochen. Der wurde jedoch zunächst abgelehnt. Derzeit prüft das baden-württembergische Sozialministerium juristische Maßnahmen gegen den Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses, die Fallzahlen anzuheben. Am Donnerstag wird das Thema im Bundestag behandelt.

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