Politik dagegen - Ärzte dafür

Telefonische Krankschreibung: Fluch oder Segen?

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Jan Arnecke
Jan Arnecke

Um die telefonische Krankschreibung zanken sich Medizin und Politik schon länger. Geht es nach einigen Politikern, soll sie wieder abgeschafft werden. Ärzte widersprechen.

Während der Corona-Pandemie wurde die Möglichkeit eingeführt, sich vom Arzt oder der Ärztin am Telefon krankschreiben lassen zu können. Ende 2023 kam dann der Beschluss, diese Regelung dauerhaft beizubehalten. Vonseiten der Politik gibt es jetzt Kritik und die Forderung nach der Abschaffung, da die telefonische Krankschreibung ausgenutzt werde, während Ärztinnen und Ärzte aus Baden-Württemberg die Regelung als Erleichterung sehen. So auch der Hausarzt Dr. Thorsten Zahn aus Bad Mergentheim (Main-Tauber-Kreis).

Hoher Krankenstand wegen einfacher Krankmeldung? Arzt widerspricht

Kritik kommt von Politik und Wirtschaft. So forderte beispielsweise Steffen Kampeter, der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeber (BDA), gegenüber der "Rheinischen Post", zum bewährten Verfahren zurückzukehren und die telefonische Krankschreibung wieder abzuschaffen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) schließt sich ihm quasi an. Man erkenne einen Zusammenhang zwischen dem jährlichen Krankenstand und der Einführung der telefonischen Krankschreibung, die eben als Bürokratieabbau gedacht war, so der Politiker auf einer Veranstaltung des Verbands der chemischen Industrie in Berlin.

Dem widerspricht Dr. Tobias Neuwirth, Allgemeinmediziner aus Neckarsulm (Kreis Heilbronn). Seiner Meinung nach resultiert der höhere Krankenstand aus einer erhöhten Sensibilität gegenüber Infektionskrankheiten in der Gesellschaft. Seit der Corona-Pandemie lassen sich die Menschen schneller krankschreiben als noch davor. "Früher sind sie mit einem Husten vielleicht noch zur Arbeit, heute würde man sie direkt nach Hause schicken", so Neuwirth gegenüber dem SWR.

Ärzte profitieren nach eigener Aussage von telefonischer Krankmeldung

Thorsten Zahn spricht im SWR-Interview dagegen von viel weniger Bürokratie, was den Praxisalltag erheblich erleichtere. Er habe bislang nur positive Erfahrungen mit der telefonischen Krankschreibung gemacht. Dem pflichtet auch der Hausärztinnen- und Hausärzteverband bei. Ebenfalls gegenüber der "Rheinischen Post" gab Nicola Buhlinger-Göpfarth, die stellvertretende Vorsitzende des Verbandes, an, die Abschaffung der telefonischen Krankmeldung sei eine Mehrbelastung für die Praxen.

Thorsten Zahn gibt außerdem zu bedenken: Mit der Option auf eine telefonische Krankschreibung würden einige infektiöse Patienten gar nicht erst in die Praxis kommen. Dadurch würden beispielsweise immunschwache Patientinnen und Patienten erst gar nicht gefährdet. Dieser Aspekt gehe aus seiner Sicht in der aktuellen Diskussion komplett unter. Daher widerspricht auch er der Aussage Lindners, der erhöhte Krankenstand hänge mit der telefonischen Krankschreibung zusammen. "Dadurch, dass sie ja bei uns bekannt sind, besteht ein Vertrauensverhältnis," äußert Zahn gegenüber dem SWR. Einem Patienten, der in die Praxis kommt und sagt, er könne so nicht arbeiten, müsse er genauso glauben wie einem Patienten am Telefon.

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