Die Zahl an Kindeswohlgefährdungen ist nach der Corona-Pandemie deutlich angestiegen, auch im Raum Heilbronn. Die Jugendämter sind stark belastet und hoffen auf mehr Wertschätzung.
Die Zahlen des statistischen Landesamtes sprechen eine deutlich Sprache. Im vergangenen Jahr und auch davor sind die Zahlen der Kindeswohlgefährdungen in ganz Baden-Württemberg deutlich gestiegen, auch im Raum Heilbronn. Im Landkreis Heilbronn gab es mehr als 600 Meldungen und dabei 184 Inobhutnahmen. In diesem Jahr könnten es noch mehr werden. Das macht der Leiterin des Dezernats Jugend und Soziales im Landratsamt, Androniki Petsos, große Sorgen.
Wie Petsos dem SWR sagte, kommt die Zunahme der Kindeswohlgefährdungen auch daher, dass Kitas und Schulen diese wieder regelmäßig melden. Das habe in der Pandemie so nicht stattgefunden. Außerdem gab und gibt es ihr zufolge auch immer mehr unbegleitete, minderjährige Geflüchtete. Und auch bei denen nehmen die Meldungen von Kindeswohlgefährdungen zu.
Die Meldungen und Inobhutnahmen ziehen sich durch alle sozialen Schichten. Von Vernachlässigungen, Schlägen, körperlichen, sogar sexuellen Misshandlungen und immer mehr häuslicher Gewalt wird berichtet. Teilweise seien gerade junge Eltern mit der Erziehung der Kinder überfordert.
Jugendamt in der Stadt droht Überlastung
Bei einer steigenden Zahl an Fällen von Kindeswohlgefährdungen drohe eine weitere Überlastung in den Jugendämtern, so Androniki Petsos. Stichwort: Fachkräftemangel. Das gelte aber auch für die Jugendhilfe, bei Psychiatern und allen anderen betroffenen Einrichtungen, sagt sie. Bei der Stadt Heilbronn ist das nicht anders. Der dortige Jugendamtsleiter Achim Bocher berichtet von rund 200 Meldungen von Kindeswohlgefährdungen im Stadtgebiet im Jahr 2022.
Finanzielle Unterstützung und mehr Wertschätzung gewünscht
Die Jugendämter sind durch die starke Zunahme der Kindeswohlgefährdungen also fast überall am Rande der Belastbarkeit. Androniki Petsos wünscht sich vor allem mehr Wertschätzung für die wichtige Arbeit. Eine finanzielle Unterstützung und mehr geeignete Einrichtungen für Kinder seien ebenfalls nötig, sagt sie. Das Ziel: die weitere Verbesserung des Angebots. Zahlreiche Hilfen für werdende Eltern gibt es über das Landratsamt Heilbronn bereits.
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