Der Hersteller der "Hot Chip Challenge" hat auf ein Verkaufsverbot in Deutschland reagiert und den Import der Chips gestoppt. Aber warum ist die Mutprobe überhaupt so beliebt?
Die sogenannte "Hot Chip Challenge" hatte auch schon in Heilbronn dafür gesorgt, dass Jugendliche im Krankenhaus gelandet sind. Daraufhin hat die Stadt ein Verkaufsverbot des extrem scharfen Tortilla-Chips durchgesetzt. Schüler aus Heilbronn berichten jetzt von ihren Erfahrungen und versuchen zu erklären, warum die gefährliche Mutprobe, die in vielen Videos in den sozialen Medien gezeigt wird, so erfolgreich ist. Der Hersteller sagte dem SWR am Montag, er reagiere auf die Verbote in Deutschland.
Hersteller stoppt Verkauf nach Deutschland
Der Hersteller, der den simplen Namen "Hot Chip" trägt und seinen Sitz in Tschechien hat, hat inzwischen auf das Verbot reagiert. Man habe den Verkauf nach Deutschland mit sofortiger Wirkung eingestellt. Die Sicherheit der Verbraucher sei das Wichtigste für das Unternehmen. Außerdem arbeite man bereits an einer neuen Rezeptur, die weniger Capsaicin enthalte und damit auch für jüngere Konsumenten ungefährlich sein soll.
Bevor der neue Chip aber nach Deutschland geliefert werde, wolle man den entsprechenden Behörden in Deutschland Proben zur Freigabe schicken. Erst danach soll die "Hot Chip Challenge" wieder nach Deutschland exportiert werden.
Hersteller: "Rezeptur entspricht geltenden EU-Verordnungen"
"Hot Chip" weist aber auch darauf hin, dass der Schärfegrad mit der bisherigen Rezeptur geltenden EU-Verordnungen entspreche und auch entsprechend zertifiziert sei. Außerdem gebe es einen detaillierten Warnhinweis auf der Verpackung des Produktes. Ihnen seien bisher keine schwerwiegenden Verletzungen oder gesundheitliche Gefährdungen bekannt.
Das dürften die Mediziner, nicht zuletzt an den Heilbronner SLK-Kliniken, anders sehen. In Tübingen, so das Verbraucherschutzministerium, gab es sogar einen lebensbedrohlichen Fall im Zusammenhang mit dem Verzehr eines "Hot Chip".
Tagelang Magenschmerzen nach der Challenge
Der 18-jährige Grigorios Dimitriadis ist Schüler am Theodor-Heuss-Gymnasium in Heilbronn. Er selbst hat die "Hot Chip Challenge" hinter sich. "Bisschen Angst hab' ich schon bekommen, weil ich nicht erwartet habe, dass es so ruckartig kommt", berichtet der Oberstufen-Schüler dem SWR, der von sich selbst sagt, dass er gerne und oft scharf isst. Nach kurzer Zeit sei der Mund komplett taub gewesen, er habe gar nichts mehr gespürt. "Den größeren Schaden hat der Magen genommen", erzählt er.
Es besteht Lebensgefahr
Vor der Challenge warnt auch Professor Burkard Lippert, Chef der HNO-Klinik der SLK-Kliniken Heilbronn. Er könne das nachvollziehen. Das Capsaicin, der Stoff, der für die Schärfe verantwortlich ist, reize die Schleimhäute extrem - auch im Magen. Doch die Schleimhautreizung fängt nicht im Magen an. Laut Lippert können auch im Mund und in der Speiseröhre Schleimhäute beschädigt werden und anschwellen. Das kann dazu führen, dass der Atemweg behindert wird.
Es könne auch zu einem Durchbruch kommen, also einem Loch in der Schleimhaut, was ebenfalls lebensbedrohlich ist. Dass schon zwei Jugendliche mit solchen Symptomen in seiner Klinik gelandet sind, habe auch ihn bestürzt gemacht. Für die Mutprobe hat er daher nur wenige Worte übrig.
Erfolg auf Social Media als Katalysator
Auch der 18-jährige Grigorios warnt: Wenn eine solche Mutprobe gesundheitsgefährdend wird, ist eine Grenze erreicht. Dem pflichten seine Mitschülerinnen und Mitschüler bei. Sie glauben, dass der Erfolg der Challenge-Videos auf TikTok, Instagram und Co. viele Jugendliche dazu bringt, den wohl schärfsten Chip auch einmal testen zu wollen. Das ständige Vergleichen mit anderen in den sozialen Medien führe gerade im Teenager-Alter oft zu Selbstwertproblemen.
Und gerade bei Jugendlichen sei der Reiz, "es den anderen zu zeigen" und vielleicht auch etwas Illegales zu tun noch höher als bei jungen Erwachsenen, glaubt Frieda. Immerhin habe der Chip offiziell nicht an Minderjährige verkauft werden dürfen.
Hilft das Verbot wirklich?
In Heilbronn darf er derzeit gar nicht mehr verkauft werden. Ähnlich wie beim Alkohol, glauben die Schülerinnen und Schüler aber, dass das Verbot beziehungsweise die Altersbeschränkung gerade die Minderjährigen noch einmal zusätzlich reizt. Im Internet könne man den Chip zum Teil ohne Altersprüfung kaufen.
Einig sind sich die Schülerinnen und Schüler auch darin: Die Challenge ist absolut unsinnig. Beispielsweise die Ice-Bucket-Challenge, bei der auf ALS aufmerksam gemacht und Spenden gesammelt wurden, habe wenigstens noch einen gemeinnützigen Sinn gehabt. Außerdem sei diese auch nicht gesundheitsgefährdend gewesen.