Die Heilbronner Raser-Szene beschäftigt immer wieder die Justiz. Die Polizei kommt jedoch nur schwer gegen sie an, das hat Gründe.
Die Raser-Szene ist Teil von Heilbronn, wenn auch unerwünscht. Diese Woche wurden gleich zwei Prozesse wegen Raserei geführt. Die Polizei versucht zwar seit geraumer Zeit, das Thema in den Griff zu bekommen, Insider berichten jedoch von Problemen.
Raser-Szene ist jung
Bei einem Prozess vor dem Heilbronner Amtsgericht am Dienstag wegen eines mutmaßlichen Autorennens in der Heilbronner Innenstadt wurde wieder einmal sichtbar, wer mutmaßlich über Heilbronns Straßen donnert. Zwei zum Tatzeitpunkt 18-Jährige sitzen auf der Anklagebank. Sie sollen sich ein filmreifes Rennen geliefert haben.
Mit 230 Stundenkilometern über die B27 Amtsgericht Heilbronn: Prozess gegen mutmaßliche Raser
Vor dem Amtsgericht Heilbronn läuft der Prozess gegen zwei Autofahrer, die viel zu schnell durch die Stadt gefahren sein sollen. Einer davon ist der Bruder des "Wollhaus-Rasers".
Vor Gericht treten sie ordentlich gekleidet, zurückhaltend, fast schüchtern auf. Mit dem Gesetz hatten sie bisher kaum Probleme. Beim Autofahren sollen sie laut Gericht die Straßenverkehrsregeln jedoch komplett ignoriert haben. Mit stark überhöhter Geschwindigkeit sollen sie durch den Verkehr auf der Allee gerast sein. Einsicht, Reue oder ein Geständnis ist den Angeklagten nicht zu entlocken. Zur Verurteilung führen die Aussagen der Polizisten, die das mutmaßliche Rennen zufällig beobachtet haben.
"Wollhausraser": Nichts aus Fehlern des Bruders gelernt
Zumindest äußerlich hat der Prozess die Angeklagten am Dienstag relativ kalt gelassen. Den größten und einzigen tränenreichen emotionalen Ausbruch hatte einer der beiden, als der Richter ihn auf seinen Bruder in der U-Haft angesprochen hat. Denn sein Bruder ist angeklagt, mit überhöhter Geschwindigkeit in der Wollhausstraße einen tödlichen Unfall verursacht zu haben. Das Unglaubliche daran: Dieser tödliche Unfall, der sogar als Mord gewertet werden könnte, war nur wenige Monate nachdem im November 2022 an der fast gleichen Stelle der Bruder ein Autorennen gemacht haben soll und deshalb bereits gegen ihn ermittelt wurde.
Warum fehlt den Rasern die Einsicht?
Zwar haben die Raser offenbar Spaß an den schnellen Fahrten. Vor Gericht wird jedoch auch deutlich, dass es mehr ist als der reine Fahrspaß. Ein Sachverständiger der Jugendgerichtshilfe macht deutlich, dass es bei den Fahrten auch um soziale Akzeptanz geht, um ein Sehen und gesehen werden unter Freunden und in der Szene. Das wurde auch deutlich, als Handyauswertungen vor Gericht gezeigt wurden.
Einer der Angeklagten wegen eines illegalen Autorennens hatte viele Raservideos auf seinem Handy. Auf einem ist jemand mit über 200 Kilometern pro Stunde auf einer Bundesstraße unterwegs gewesen, 100 Kilometer pro Stunde waren dort erlaubt. Ein anderes Video zeigt einen Tacho mit über 300 Kilometern pro Stunde. Wer bei den Videos am Steuer saß, konnte jedoch nicht lückenlos nachgewiesen werden. Aber solche Videos werden geteilt, direkt in Chats oder über Social Media auf Instagram oder TikTok.
Raser spielen Katz und Maus mit der Polizei
Die Heilbronner Raser- und Poserszene ist bei der Polizei bestens bekannt. Strafbares Verhalten im Straßenverkehr nachweisen ist jedoch oft schwierig. Spätestens nach dem tödlichen Unfall in der Wollhausstraße sollte etwas passieren. Zusätzliche Kräfte wurden gegen Raser eingesetzt. Aber die Arbeit der Polizei ist offenbar mühsam. Denn, so ist aus Polizeikreisen zu hören, die Poserszene ist gut vernetzt. Sobald ein ziviles Polizeifahrzeug gesehen wird, wissen alle Bescheid und fahren dort angemessen. Standorte von mobilen Blitzern machen sowieso schnell die Runde. Es ist schwierig, diese immer wieder spontanen Rasereien, oft nur über wenige hundert Meter oder auch spontane Autorennen zu beobachten, manchmal klappt das durch Zufall, wie bei dem Fall vor dem Amtsgericht.