Ein von Hausärzten befürchtetes Chaos ist ausgeblieben, doch frei von technischen Schwierigkeiten ist das E-Rezept noch nicht. Die Nachfrage steigt aber.
Seit diesem Jahr ist das neue E-Rezept Pflicht: Ärztinnen und Ärzte sollten statt des klassisch ausgedruckten Rezepts die Verordnungen direkt auf die Versichertenkarten der Patientinnen und Patienten laden. Direkt zum 2. Januar ist die Anzahl an eingelösten E-Rezepten in den Apotheken sprunghaft gestiegen, berichtet zum Beispiel Rouven Steeb, Vizepräsident des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg (LAV) und Apotheker mit Filialen in Bad Rappenau und Gundelsheim (beides Kreis Heilbronn). Waren es im gesamten Dezember noch 260 E-Rezepte in der Bad Rappenauer Apotheke, so kamen allein am Dienstag bereits 130 Stück zusammen. Ein Chaos, wie von manchen Hausärzten befürchtet, sei bisher ausgeblieben.
E-Rezept kann verkürzte Wege bieten
Zwar gab es vereinzelt Serverprobleme, doch letztlich hätte man alles auf kurzem Weg direkt mit der Ärztin oder dem Arzt klären können, sagte Steeb. Die Kunden wären überwiegend positiv überrascht gewesen, dass in Deutschland auch mal was funktioniere bei der Digitalisierung, meinte er schmunzelnd. Wenn alles reibungslos läuft, dann liege der Vorteil vor allem in kürzeren, unkomplizierten Wegen. Zum Beispiel, wenn nach Rückfrage des Apothekers beim Hausarzt noch mal was am Rezept geändert werden muss,. Dann könnten Ärztin oder Arzt einfach das Rezept digital neu ausstellen. Patientin oder Patient müssen dann nicht extra zurück in die Praxis.
Fehleranfälligkeit jedoch noch hoch
Die Erfahrungen von Apothekerin Hiltrud Hellkuhl aus Neckarsulm (Kreis Heilbronn) sind dagegen eher durchwachsen. Die Fehleranfälligkeit beim E-Rezept sei noch zu hoch; immer mal wieder gebe es Fehler in der Software, die sie nicht nachvollziehen könne. Dann könne das Rezept nicht abgerufen werden. Im Ergebnis gebe es dann kein Medikament für den Kunden, und der habe dafür natürlich wenig Verständnis.
Manchmal sei das System auch zu langsam, wenn es zum Beispiel darum geht, dass die digitale Signatur des Arztes erst noch geladen werden muss. Kommt die Patientin oder der Patient dann zu schnell von der Praxis in die Apotheke, ist das Rezept eventuell noch gar nicht abrufbereit. Hellkuhl sieht aber auch große Vorteile, sobald das System fehlerfrei funktioniert. Gerade in Kombination mit der telefonischen Krankschreibung: Dann könnten die Ärztin oder der Arzt das Rezept direkt auf die Karte laden, sodass Patientin oder Patient gar nicht erst in die Sprechstunde müssen.
Abläufe in den Praxen müssen noch angepasst werden
Bei Tobias Neuwirth, Hausarzt in Neckarsulm, ist ein befürchtetes Chaos zum Jahresbeginn ebenfalls ausgeblieben. Wenn doch mal die Technik streike, gebe es ja auch immer noch die Möglichkeit, das Rezept ganz klassisch auszudrucken. Zu Beginn der Umstellung würden er und sein Team aber immer noch Rücksprache mit den Apotheken halten, ob die Patientinnen und Patienten dort auch wirklich das E-Rezept einlösen können.
Die Abläufe in der Praxis müssten noch etwas optimiert werden, so Neuwirth. Denn bisher sei der Arbeitsablauf eben noch auf das alte Rezept ausgelegt, weswegen das E-Rezept momentan noch mehr Zeit kostet. Das sei aber nur eine Übergangsphase.
Was Neuwirth jedoch noch fehlt, ist eine Kontrollinstanz für Patientin und Patienten. Auf dem alten Rezept konnte jeder noch genau nachlesen, was verschrieben wird und kontrollieren, ob es das richtige ist. Gibt es das Rezept nur noch online, gibt es diese Möglichkeit eben nicht mehr.
Altes Rezept wird noch erhalten bleiben
Rouven Steeb vom Landesapothekerverband denkt, dass die alten "rosa Rezepte" noch eine Weile erhalten bleiben. Zu Beginn ist es auch noch gar nicht möglich, alles als E-Rezept auszustellen, beispielsweise Betäubungsmittel bleiben außen vor. Und noch fehle es etwas am Informationsfluss, damit wirklich alle in der Kette vom Arzt zum Patienten bis hin zum Apotheker, genau wissen, wie das mit dem E-Rezept läuft.