Die Polizei Baden-Württemberg ist Opfer eines Cyber-Angriffs geworden. Mehrere Webseiten der Landespolizei waren deshalb außer Betrieb.
Hacker haben einen Angriff auf die baden-württembergische Landespolizei verübt. Das bestätigte das Innenministerium am Donnerstag dem SWR. Es habe eine sogenannte DDoS-Attacke (Distributed-Denial-of-Service) auf mehrere Einrichtungen in ganz Deutschland gegeben, darunter auch auf Internetseiten der Landespolizei, sagte eine Sprecherin des Innenministeriums. Betroffen war demnach die Homepage polizei-bw.de, an der mehrere Seiten hängen. Sie sind inzwischen wieder online.
Landesregierung: Landeskriminalamt ermittelt
Wie die Landesregierung am Donnerstagmittag mitteilte, kam es bereits seit Mittwochabend bundesweit zu Cyber-Attacken auf Websiten von Institutionen der Infrastruktur und Verwaltung. Auch die Landesoberbehörde IT Baden-Württemberg (BITBW) stellte bereits am Mittwoch "wellenartig starke und vielfältige Aufrufversuche der Internetseite der Polizei Baden-Württemberg" fest. Das berichtete die Deutsche Presse-Agentur. Es sei demnach teils zu 50 bis 60 Aufrufen pro Sekunde gekommen. Der Angriff habe darauf gezielt, den Webserver und die Online-Services der Polizei zu überlasten. Die Firewall sei zeitweise vollständig ausgelastet gewesen, was zu Verzögerungen auf dem Internetportal geführt habe.
Nach Angaben der Landesregierung haben die installierten Sicherheitsvorkehrungen gegriffen. Als Vorsichtsmaßnahme wurde der Server auf Anraten der IT-Sicherheit gegen 19:30 Uhr heruntergefahren. Bis Donnerstagmittag stand die Internetseite polizei-bw.de vorübergehend nicht zur Verfügung. Mittlerweile laufen auch Ermittlungen des Landeskriminalamts zu allen in Betracht kommenden Straftaten. Zum jetzigen Zeitpunkt könne aber noch keine Aussage zur Urheberschaft des Angriffs getroffen werden, so die Landesregierung.
Bundesweite Attacken waren von russischen Hackern angekündigt
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) erklärte, man beobachte derzeit mehrere solcher Angriffe gegen Ziele in Deutschland. Dabei handele es sich um Attacken insbesondere auf Websites von Flughäfen. "Auch einzelne Ziele im Finanzsektor sind betroffen", so ein BSI-Sprecher.
Direkte Auswirkungen auf die jeweilige Dienstleistung sind nach Einschätzung des BSI nicht zu erwarten, wenn übliche Schutzmaßnahmen ergriffen würden. Auch Websites der Bundes- und Landesverwaltung werden angegriffen. Diese Angriffe konnten jedoch bislang größtenteils abgewehrt werden und sind ohne gravierende Auswirkungen geblieben. Nach Angaben des BSI sind die Angriffe von der russischen Hackergruppierung Killnet angekündigt worden. "Das BSI hat Betreiber Kritischer Infrastrukturen der betroffenen Sektoren auf etablierte Maßnahmen zur Abwehr und Mitigation von DDoS-Angriffen hingewiesen", erklärte der BSI-Sprecher.
SPD-Fraktion fordert Einschätzung der Lage
Die SPD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag forderte Innenminister Thomas Strobl (CDU) nach dem jüngsten Angriff auf, darzulegen, wie hoch das Ministerium die aktuelle Bedrohungslage durch Cyberangriffe prorussischer Hacker einschätze. Außerdem wolle die Fraktion wissen, ob es in der landeseigenen IT-Verwaltung genügend Experten gebe, um auf Cyberattacken zu reagieren und die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.
Außerdem wolle man genau wissen, welche Bereiche in Baden-Württemberg betroffen sind und wie groß das Ausmaß der Störungen ist, sagte der SPD-Abgeordnete Sascha Binder dem SWR. Die Landesregierung müsse nun auch aufzeigen, welche konkreten Maßnahmen sie jetzt und in Zukunft zum Schutz der digitalen Infrastruktur treffen werde. Auch stelle sich die Frage, warum die Seite der Polizei vergleichsweise lange nicht erreichbar war.
FDP fordert Überprüfung aller Sicherheitsmaßnahmen
Der Sprecher für Digitalisierung der FDP/DVP-Fraktion, Daniel Karrais, verlangte vom Innenminister, alle Cybersicherheitsmaßnahmen gegen externe und interne Gefahren auf den Prüfstand zu stellen. In einem Brief, der dem SWR vorliegt, schreibt Karrais: "Ich habe kein Vertrauen mehr darin, dass Hinweise auf Schwachstellen bei der Landes-IT vom Innenminister ausreichend ernst genommen werden."
Diskussion über technische Ausstattung der Polizei
Die Debatte um die Ausstattung der Polizei in Baden-Württemberg hatte vor zwei Wochen erneut Fahrt aufgenommen. Damals war es beim Landeskriminalamt in Stuttgart wegen eines technischen Defekts zu einem Stromausfall gekommen. Laut LKA-Chef Andreas Stenger gingen keine größeren Datenmengen verloren. Unter anderem die Deutsche Polizeigewerkschaft forderte daraufhin aber mehr Einsatz der Landesregierung für die technische Ausstattung der Polizei. Das LKA sei nur die Spitze des Eisbergs.